ROD - Die Autobiografie
Fußballjargon nennt man das: dem Gegner zeigen, wo der Hammer hängt. Mein Dad, wenig mitfühlend und womöglich nicht gerade auf dem neuesten medizinischen Stand, schlug vor, die Wunde mit Packpapier und Essig zu behandeln. Und dadurch erhielt meine Nase jene einzigartige und edle Form, die sie auch heute noch aufweist.
Ganze vierzig Jahre später, im Jahr 2011, bot mir ein Chirurg an, den Zinken zu richten. Er meinte, er könne zwei Finger in die Nasenlöcher einführen, die Nase wieder zurechtbrechen und somit den Schaden beheben. »Könnte allerdings Ihre Stimme verändern«, fügte er hinzu.
Irgendwie konnte ich mich dazu durchringen, »Nein danke« zu antworten.
KAPITEL 15
In welchem unser Held sich schwerstens in ein Supermodel verknallt, ein weiteres Haus kauft und über die Vor- und Nachteile voluminöser Haartrachten nachdenkt. Und dann geht es noch um einige eher frivole und verstörende Angelegenheiten.
W ir schreiben also den September 1983. Nach einem anstrengenden Tag voller gescheiterter Täuschungsversuche, zu dem ein Model in einem Lederrock, Rupert Murdoch und ein leicht verspäteter Flug mit der Concorde ihren Teil beitrugen, mache ich mich schließlich in New York auf den Weg zur Dinner-Verabredung mit Kelly Emberg, die ich ihr unter Vorspiegelung gemäßigt falscher Tatsachen abringen konnte.
Verabredet waren wir für halb neun. Die Zeit verging, Kelly lag in ihrem Apartment in Greenwich Village angezogen auf dem Bett und überlegte, ob sie den Abend abschreiben und schlafen gehen sollte.
Um zehn rufe ich sie schließlich aus der Lobby an. Als sie aus dem Aufzug tritt, renne ich los, werfe mich auf die Knie und rutsche ihr genau vor die Füße. Sie fragt: »Was glaubst du eigentlich, wer du bist? Rod Stewart?« Und genau in diesem Moment wird mir klar, dass ich Kelly Emberg schon ziemlich verfallen bin.
Wir gehen zu Christos’ Steakhouse in der 49. Straße, einem dieser traditionellen alten Lokale, in denen sich früher die Mafia traf, mit blutroten Ledersitzecken und Bildern von Lana Turner an der Wand. Sie ist ein vierundzwanzigjähriges Supermodel, und ich bin ein achtunddreißig Jahre alter Sänger, und wie ich aussehe, weiß sie nur von einer Platte ihrer Schwester. Also hat sie nur eine vage Vorstellung: jemand mit abstehenden Haaren und einer großen Nase. Sie dagegen zierte Hunderte von Zeitschriftentiteln von Vogue bis Cosmopolitan , ganz zu schweigen davon, dass sie bereits mehrfach in einem der großen jährlich erscheinenden Standardwerke der Sportliteratur vertreten war, der Sports Illustrated Swimsuit Edition . Ihren Lebensunterhalt verdient sie damit, sich in Pose zu werfen, und trotzdem ist sie so natürlich und nett, vielleicht die am wenigsten affektierte Person, die ich in meinem Leben getroffen habe. Eine Texanerin, wie sich herausstellt – wie Alana auch. Habe ich eine Schwäche für Texanerinnen entwickelt?
An einem Punkt flaut unsere Konversation etwas ab, weil ich das berühmte Thema anschneide, bei dem sich beim ersten Date die Spreu vom Weizen trennt: die Schreibblockade. Damit kriege ich sie alle rum. Oder vielleicht auch nicht. Was soll ich sagen? Ich litt zu dem Zeitpunkt tatsächlich darunter und quälte mich mit Fragen wie: Warum fallen mir keine Songs ein? Wo ist das Material? Wann habe ich zum letzten Mal etwas Gutes geschrieben? Damit habe ich mir ganz schön das Hirn zermartert.
Trotzdem scheint Kelly sich nicht allzu sehr davon abschrecken zu lassen. Jedenfalls sieht sie sich nicht Hilfe suchend im Lokal um, als ich mit dem Thema anfange. Sie beginnt auch nicht laut und vernehmlich zu gähnen, vor sich hin zu summen oder aus ihrer Serviette Tierfiguren zu falten.
Nach dem Abendessen fahren wir zu ihrem Apartment. Ich begleite sie noch bis zum Aufzug und frage: »Kann ich nicht noch mit hochkommen?« »Nein, kannst du nicht.« »Ich dachte nur, vielleicht könnte ich doch …«, fange ich noch einmal an, und wieder lautet die Antwort: »Nein, kannst du nicht.« Also flehe ich sie an, sich morgen mit mir zu treffen. Aber sie sagt, dass sie zu tun habe. Sie muss nach Pennsylvania, wo sie gerade ihr Haus renovieren lässt und jemand einen Kostenvoranschlag abgeben will. Ich sage: »Bitte geh nicht. Sag den Termin ab. Ich rufe dich an.« Sie lacht und steigt in den Aufzug.
Und dann fahre ich zurück ins Mayfair Regent, wo Kara Meyers in meiner Hotelsuite schlummert.
Herr im Himmel. Was habe ich eigentlich geglaubt, wer ich bin? Rod Stewart?
Am
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