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Römer im Schatten der Geschichte

Römer im Schatten der Geschichte

Titel: Römer im Schatten der Geschichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Knapp
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Situation und für seinen Sohn auf ein besseres Fortkommen bedacht.
    Es ist wichtig, sich Freigelassene wie den Vater des Dichters vor Augen zu halten, wenn Wissenschaftler die Freigelassenen einer »marginalen Untergruppe der Bevölkerung« zuordnen oder etwa behaupten: »Er ist Sklave gewesen, und weder er selbst noch die anderen konnten es vergessen.« Wie ich gezeigt habe, gibt es dafür außer der Beziehung wohlhabender Freigelassener zur Elite nur spärliche Belege. Allein die Tatsache, dass kein Verbot für die Heirat zwischen Freien und Freigelassenen bestand, sollte als unzweideutiger Beleg gelten, dass gewöhnliche Menschen diese Unterschiede nicht weiter kümmerten. Die zusätzlichen Einschränkungen für eine Heirat zwischen Freigelassenen und Angehörigen der höchsten Elite, dem Stand der Senatoren, unterstreichen den Befund, dass eine »Schande« einzig in den Augen der Aristokratie vorlag. Außerdem ist darauf hinzuweisen, dass Freigelassene ebenso wie freigeborene Bürger von der Vermögenssteuer befreit waren; Bürgern zweiter Klasse wäre dieses Privileg kaum zugestanden worden. In der Öffentlichkeit war ein Freigelassener nicht als solcher zu erkennen. Bei der
manumissio
trug er traditionell die Kappe des Freigelassenen, die aber ein zeremonielles Requisit, keine alltägliche Kopfbedeckung war. In Aussehen und Kleidung waren Freigelassene von der übrigen Bevölkerung nicht zu unterscheiden. Der Freigelassene lebte nicht anders als freigeborene Römer, und Einschränkungen in seiner sozialen Stellung ergaben sich aus wirtschaftlichen Faktoren und individuellen Fähigkeiten und Ambitionen, nicht aber durch Restriktionen.
    Die bestehende Rechtsunfähigkeit hielt sich in engen Grenzen und fiel praktisch nicht ins Gewicht. Wie gesagt, konnten Freigelassene in Rom oder Städten mit Selbstverwaltung keine öffentlichen Ämter bekleiden, aber wie vielen war wohl daran gelegen? Zu einigen römischen Priesterschaften blieb ihnen der Zutritt verwehrt, aber wie viele hätten ihn sich gewünscht? Sie konnten nicht in die Legionen eintreten, doch standen ihnen andere militärische und quasi-militärische Einheiten offen. Der größte Teil der Sklaven kam jedoch erst mit etwa dreißig frei, und nur die wenigsten von ihnen hätten in diesem Alter wohl noch eine militärische Karriere in Betracht gezogen. Mit einem Wort, die rechtlichenEinschränkungen waren im Leben des durchschnittlichen Freigelassenen so gut wie bedeutungslos.
    Da die meisten Freigelassenen ihre Freiheit besonderen Leistungen im Dienst ihres Herrn verdankten, der Herr aber, wie es die kulturelle Norm vorschrieb, auch vom Sklaven in Freiheit Ehrerbietung und materiellen Nutzen erwartete, musste die Einstellung gegenüber dem Herrn je nach beider Persönlichkeit variieren. Einige Freigelassene respektierten ihre Patrone und schätzten sie, wie Hermeros gegenüber Askyltos erklärt:
     
    … ich habe mir Mühe gegeben, meinen Herrn zufriedenzustellen, einen honorigen und würdiglichen Mann, an dem ein Nagel mehr wert war, als du es insgesamt bist. (Petron,
Satyrica
57)
     
    In den Grabinschriften ist eine Fülle solcher Ehrenbezeigungen von Freigelassenen gegenüber ihrem Patron zu finden. Auch wenn einige dieser Zeugnisse vielleicht als Schmeicheleien post mortem außer Acht zu lassen sind oder gemäß einem Zusatz testamentarischer Freilassung erforderlich wurden, muss die große Zahl positiver Würdigungen doch in vielen Fällen als Ausdruck guter Beziehungen gelten. Einige Beispiele:
     
    Lucius Servilius Eugenes und Lucius Servilius Abascantus und Servilia Lais, die Freigelassene des Lucius, errichteten dies aus eigenem freien Willen für den besten der Patrone. (
CIL
V 7955, Cimiez, Frankreich)
     
    Den Göttern der Unterwelt. Tiberius Claudius Onesimus, der 65 Jahre, 6 Monate und 5 Tage lebte. Aurelia Dioclia, seine Frau, und Tiberius Claudius Meligerus, sein Freigelassener, errichteten dies dem besten der Patrone. (
CIL
VI 15   172, Rom)
     
    Den Göttern der Unterwelt. Quintus Fabius Theogonus, Farbenhändler, der auf dem Esquilin in der Nähe der Statue des Plancus sein Geschäft betreibt. Fabia Nobilis errichtet dies für den allerbesten und höchst rücksichtsvollen Patron und für sich selbst. (
CIL
VI 9673, Rom)
     
    Andere wiederum mochten dem früheren Herrn gegenüber berechtigte oder unberechtigte Ressentiments hegen und gingen bei dem Versuch, sich den erwähnten formellen oder informellen Verpflichtungen zu entziehen,

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