Römer im Schatten der Geschichte
staatlichen Steuern und Zollpflichten«. Ebenfalls befreit waren sie von Aufgaben im Zusammenhang des Schiffsbaus und davon, als Steuereintreiber zu arbeiten. Ihnen wurden jedoch nicht alle Steuern erlassen. Zu bezahlen blieben die Erbschaftssteuer und die Vermögenssteuer sowie besondere Abgaben zum Beispiel für Straßenreparaturen.
Die Veteranen blieben nicht nur von der Entrichtung wichtiger Steuern verschont, sondern auch von verschiedenen Verpflichtungen im Rahmen öffentlicher Dienste. Auch dies wird in den oben zitierten Dokumenten bestätigt: Veteranen sind »… befreit von der Ausführung obligatorischer staatlicher Dienste« und dürfen »… gegen ihren Willen nicht in andere Ämter oder als Botschafter oder Aufsichtsbeamter oder Steuerpächter berufen werden« (Octavian), und »… [Veteranen] sollten frei und geschützt sein mit völliger Befreiung« (Domitian). Auch wenn ein Veteran mit dem Gesetz in Konflikt geriet, kam ihm seine Stellungzustatten. Im Extremfall blieben ihm wie den Magistraten und anderen wichtigen Persönlichkeiten einer Stadt die entwürdigenden Formen der Todesstrafe und auch die Zwangsarbeit in den Minen erspart, die praktisch einem Todesurteil gleichkam:
Das Privilegium der Veteranen umfasst unter Anderem auch bei Verbrechen des Vorrecht, dass dieselben hinsichtlich der Strafen von den übrigen [Verbrechern] abgesondert werden. Ein Veteran wird daher weder zum Kampfe mit wilden Tieren verurtheilt, noch erhält derselbe Stockschläge. (Arrius Menander,
Vom Militärwesen
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49,18,1)
Gerieten diese Sonderrechte in Widerspruch zu Verpflichtungen, denen die Veteranen von Rechts wegen nachkommen mussten, oder zu möglichen Begünstigungen im Hinblick auf ihre Stellung in einem zivilen Amt, so bleibt laut dem römischen Juristen Ulpian die Immunität des Veteranen erhalten, selbst dann, wenn er Magistrat wird:
Die Befreiung von öffentlichen Amtslasten, welche Denjenigen, die ehrenvoll ihres Eides entbunden sind, verliehen worden, gilt auch in jenen Städten, zu deren Einwohnern dieselben gehören, und wird dadurch nicht beeinträchtigt, wenn Einer von ihnen freiwillig eine Ehrenstelle oder ein Amt übernommen hat. (Ulpian,
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49,18,2)
Angesichts all dieser Privilegien und Freiheiten ist es wenig erstaunlich, dass dem einfachen Soldaten, während er die Jahre seiner Dienstzeit hinter sich brachte, der Gewinn vor Augen stand, den der Veteranenstatus mit sich bringen würde. Weit davon entfernt, bei seiner Entlassung kurz und knapp verabschiedet und mit einem kleinen Bonus abgespeist zu werden, konnte der römische Soldat den neuen Lebensabschnitt in der berechtigten Gewissheit beginnen, dass ihm in jeder Stadt seiner Wahl ein gutes Leben bevorstand.
Fazit
Uns liegt kein Tagebuch eines einfachen Soldaten vor, und seine geistige Welt ist uns nicht einmal in literarischer Darstellung erschlossen. Aber durch die Zusammenführung von Material aus einem breiten Quellenspektrumund im Besonderen durch Einbezug der Stimmen von Soldaten, wie sie auf Grabmonumenten hinterlassen sind, ist es möglich, einen skizzenhaften Eindruck ihrer Ängste, Hoffnungen und Träume zu gewinnen. In einer sozialen Welt, die oft ökonomisch instabil und zugleich von einem starren gesellschaftlichen System geprägt war, bot sich der Soldatenberuf einem jungen Mann als Chance dar, vor allem wenn im heimischen Umfeld aussichtsreiche Optionen fehlten. Wichtige Elemente bürgerlicher Freiheiten hatte er aufzugeben und seinen militärischen Vorgesetzten bedingungslos zu dienen. Hinzu kam die Trennung von einer Welt, in der er seine Jugend verbracht hatte. Doch er erhielt regelmäßige Bezahlung, und alles zum Leben Notwendige – Unterkunft, gute Nahrung, Kameradschaft – war in einem Maß sichergestellt, wie es das Zivilleben nur selten bot. Berufliche Fertigkeiten konnten erlernt oder vertieft werden; es war möglich, vom Analphabeten zum Lese- und Schreibkundigen zu werden. Geriet man außerhalb des Lagers in Schwierigkeiten, galt das Zivilgesetzbuch, das für den gewöhnlichen Zivilisten so viele Fallen barg, nicht. Mal weckte man Ängste, mal wurde man mit Respekt behandelt, hatte jedoch immer das Gefühl, in der Gesellschaft eine Person besonderer Art zu sein. Die Armee musste dem Soldaten zur Familie werden. Aber selbst hier gab es Erleichterung, waren doch Ehefrau und Kinder, obwohl offiziell verboten, unter besonderen Umständen erlaubt. Er war von
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