Römer im Schatten der Geschichte
(
Traumbuch
2,31). Es war durchaus möglich, dass ein Soldat sein Leben ohne einen einzigen Fronteinsatz verbrachte, so wenn er zum Beispiel in der Legio III Augusta in Nordafrika oder der Legio VII Gemina im Norden Spaniens stationiert war. Legionäre an Rhein und Donau und im Osten dagegen mussten während ihrer Dienstzeit mit militärischen Aktionen rechnen. Und einige verloren ihr Leben:
Marcus Domitius Super, Soldat der Zweiten Legion Adjutrix, der 32 Jahre und 6 Monate lebte und im Germanischen Krieg starb. Und Aurelius Julius, der 26 Jahre und 5 Monate lebte, und Revocata, ihre Mutter, die 50 Jahre lebte. Concordius, ihr Freigelassener, errichtete dies. (
Die römischen Inschriften Ungarns
V 1228, Dunaújváros, Ungarn)
Aurelius Victor, Soldat der Zweiten Italischen Legion, vermisst im Kampf gegen den gotischen Feind. Er lebte 30 Jahre. Aurelia Lupula machte dies für einen geliebten Gatten. (
CIL
III 11 700, Dobrna, Slowenien)
Canius Otiorix, Soldat der Zweiten Legion Adjutrix, starb in Parthien. Canius Speratus, sein Sohn, errichtete dies auch für sich selbst, während er lebte, und für seine Frau, die auch noch lebt. (
CIL
III 3628, 3630, 10572, Szanto, Ungarn)
Jede Einheit konnte jederzeit zum Einsatz gegen Banditen aufgeboten werden. Auf einer Liste der Streitkräfte einer Garnison in Stobi (Mazedonien) sind die Namen von Männern aufgeführt, die ertranken und durch Banditen zu Tode kamen. Letzteres widerfuhr einem Soldaten der Zweiundzwanzigsten Legion:
Januarius Vosenus, Soldat der Zweiundzwanzigsten Legion … wurde von Banditen getötet … (
CIL
XIII 2667, Lyon)
Doch für die meisten Soldaten blieb nach den Stunden des Exerzierens und anderer Plackerei der tatsächliche Waffengebrauch in der Regel aus.
Ein weiterer Nachteil des Soldatenberufs war die ständig drohende Möglichkeit einer Versetzung. Wenn Männer davon träumen, Soldat zu sein, bedeutet das künftige »Schikanen, Unannehmlichkeiten, Bewegungen und Reisen«, verkündet Artemidor seinen Lesern (
Traumbuch
2,31). Die größte Herausforderung und der beständigste Druck im Leben unter der Fahne war jedoch das Bemühen um eine Form des Wehrdiensts, bei der der Soldat zu seinem Recht kam. Theoretisch sollten die Zuteilung der Pflichten und die Durchsetzung der Vorschriften zwar mit Augenmaß erfolgen, doch die Soldaten machten im Allgemeinen andere Erfahrungen. Vegetius (2,19,3) deutet es an: »… damit dabei niemand mehr als billig belastet oder freigestellt wird, werden die Namen derer, die ihre Pflichten schon erfüllt haben, in kurzen Verzeichnissen festgehalten.« Der Zenturio war für den einfachen Soldaten die höchste Autorität; in seiner Hand lag es, ob das Leben der ihm Untergebenen angenehm war oder aber zur Hölle für sie wurde. Furcht und die verschiedenen Techniken, die Soldaten in Angst und Schrecken zu versetzen, waren ein grundlegendes Element der römischen Disziplin. Ein besonders grausamer Zenturio erhielt den Spitznamen
cedo alterum
– »Bring den nächsten!« –in Anspielung auf die Stöcke, die er reihenweise auf dem Rücken seiner Soldaten entzweibrach, wenn er sie aus Gründen der Disziplin verprügelte (Tacitus,
Annalen
1,23). Außer Schlägen nennen die
Digesten
weitere militärische Strafen: Rügen, Geldbußen, Schwerarbeit, Versetzung in einen anderen Zweig der Armee, Herabstufung des Dienstgrades sowie unehrenhafte Entlassung. Für geringere Vergehen konnte ein Soldat mit Gerste (eigentlich Viehfutter) statt Weizen ernährt werden, oder es erwartete ihn eine psychische Strafe, die Demütigung etwa, sich einen Tag lang, den Augen der Kameraden ausgesetzt, nur mit einer Tunika bekleidet und ohne das wichtigste Statussymbol, den Schwertgürtel, vor dem Hauptquartier des Kommandanten aufzustellen. Auf Fahnenflucht stand die Todesstrafe. Bestechung war an der Tagesordnung, um allzu harter Behandlung zu entgehen oder sich ein Sonderrecht zu verschaffen. Tacitus schreibt von der Notwendigkeit, Zenturionen zu bestechen (
Annalen
1,17), und bereits zitiert wurde der Brief des Claudius Terentianus mit der Bemerkung, dass »nichts geschieht ohne Geld«. Bestechung konnte einen Urlaub oder dessen Verlängerung sichern (Tacitus,
Historien
1,46). Sie konnte auch die Befreiung von täglicher Mühsal bringen und die Chancen auf Beförderung erhöhen. Ein Soldat hatte eindeutig zur Bestechung bereit zu sein, wenn er sich mit seinem Zenturio gut stellen wollte.
Trieben diese harten
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