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Römer im Schatten der Geschichte

Römer im Schatten der Geschichte

Titel: Römer im Schatten der Geschichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Knapp
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Oberschicht erwähnt. Wie so vielesandere im Leben eines Gladiators bleiben uns auch seine Aktivitäten außerhalb der Arena verborgen.
    Jenseits von
familia
und Familie fanden die Männer soziale Kontakte und Beziehungen in Berufsvereinen. Wie in anderen Organisationen dieser Art traf man sich in diesen
collegia
zum gemeinsamen Mahl, zur Erörterung beruflicher Fragen, zu Klatsch und Tratsch und vielleicht auch, um Geld für die Kosten eines ordentlichen Begräbnisses zusammenzubringen. Aus Nordafrika ist ein großartiges Mosaik erhalten, auf dem möglicherweise ein Klub von Tierkämpfern bei Tisch dargestellt ist. Auch andere Inschriften berichten über Vereine von Tierkämpfern wie auch von einem
collegium
pensionierter Gladiatoren in Rom.
    Abb. 32. Ein Gladiator opfert der Nemesis: Gladiatoren und Raubtierkämpfer standen unter dem Schutz der unbarmherzigen und grimmigen Rachegöttin.
    Sehr wenig ist über die religiöse Gesinnung von Gladiatoren bekannt, ein Befund, der überrascht, denn in einem so lebensbedrohlichen Beruf wäre ein Interesse an schutzbringenden Gottheiten zu erwarten. Ein Gladiator bringt Venus eine Weihung dar, aber das ist kaum mit der Tätigkeit in der Arena in Zusammenhang zu sehen. Ein anderer bringt, was zu erwarten ist, dem Kriegsgott Mars Weihgaben dar, ein dritter der Nemesis (Abb. 32). Die Göttin Nemesis war nach römisch-griechischer Vorstellungeng mit dem Schicksal verbunden und als solche die Macht, die man bei risikoreicher Tätigkeit, im Militär oder in der Arena, anrief. Es fällt jedoch auf, dass von fast 250 lateinischen Inschriften, in denen Nemesis erwähnt ist, nur drei von Professionellen aus der Arena stammen – zwei von Tierkämpfern und eine von einem Gladiator –, die weitaus meisten dagegen von Soldaten verschiedener Dienstgrade. Dem entsprechen griechische Belege: Nemesis wird nur in vier oder fünf der Quellen genannt.
    Während die Gladiatoren Blutopfer brachten, um sich der Hilfe des Übernatürlichen zu versichern, benutzen ihre sterblichen Zeitgenossen das Blut der Fechter ihrerseits als Zaubertrank. Der römische Altertumsforscher Festus (55,3L) schreibt: »Das Haar der Braut wurde mit dem ›zölibatären‹ Speer geteilt, den man in den Körper eines getöteten und beiseite geschafften Gladiators gesteckt hatte.« Das Blut auf dem Speer hielt man offenbar für einen Fruchtbarkeitstrank. Wie wurde das Blut sonst beschafft? Man stürzte in die Arena und holte es sich vom Schauplatz des Todes. Tertullian berichtet, dass die Zuschauer das Blut in Bechern auffingen und forttrugen:
     
    Und ebenso diejenigen, die beim Kampfspiel in der Arena das Blut der getöteten Verbrecher, wenn es noch frisch ist und aus ihrer Kehle herabfließt, mit gierigen Zügen einschlürfen, um damit die Fallsucht zu heilen – sind sie nicht auch hier? (
Apologeticum

Verteidigung des Christentums
9,10)
     
    Angesichts von Tertullians Aversion gegen die Spiele könnte man vielleicht von Übertreibung sprechen. Doch schon Jahre zuvor schrieb der Mediziner Celsus: »Einige haben sich durch tiefe Züge des warmen Bluts, das aus der Kehle eines Gladiators strömte, von der Epilepsie befreit« (
Über Medizin
3,23,7). Auch der ältere Plinius empfiehlt dieses Blut als Mittel gegen die Epilepsie:
     
    Die Epileptiker trinken sogar das Blut der Fechter, gleichsam aus lebenden Bechern … jene halten es für das wirksamste, das warme und mit Atem erfüllte Blut und gleichsam die lebende Seele aus dem Menschen mit den Lippen auf den Wunden zu schlürfen, … (
Naturkunde
28,4 f.)
     
    Und bei Aretaios von Kappadokien liest man genau das, was Tertullian beschreibt: »Ich habe Leute gesehen, die einen Becher unter die Wundeeines Mannes hielten, der soeben erschlagen wurde, und einen Schluck dieses Blutes tranken!« (
Behandlung chronischer Krankheiten
7,4,7 f.). Doch das Blut eines Gladiators half nicht nur gegen Unfruchtbarkeit und Epilepsie, nützlich war es auch als Liebestrank:
     
    Herbeiführender Liebeszauber mit Hilfe von toten Massenkämpfern (›Heroen‹) oder Gladiatoren oder sonst gewaltsam Getöteten. Laß von dem Brot, das du issest, ein weniges übrig, zerbrich es und mach es zu sieben Brocken und geh dahin, wo Heroen erschlagen wurden, Gladiatoren und sonst gewaltsam Getötete, sprich das Gebet über die Brocken, wirf sie hin und heb Unrat auf von dem Orte, wo du agierst, und wirf ihn hinein zu der, die du begehrst; dann geh weg und leg dich schlafen. (
PGM
IV 1390 –

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