Römer im Schatten der Geschichte
Syrakus herumsegelte (Cicero, 2
gegen Verres
5,37,97 – 38,100)
Banditen hatten die Todesstrafe zu erwarten. Das bedeutete Kreuzigung oder Tod in der Arena, in den Klauen von Raubtieren – die zwei schmachvollsten Hinrichtungsarten der römischen Welt. Strabon berichtet von Selouros, dem Anführer einer Banditenhorde, die ihr Lager auf dem Ätna in Sizilien aufgeschlagen hatte. Er wurde gefasst und in der römischen Gladiatorenarena exekutiert. Bulla Felix rettete zwei seiner Männer aus dem Gefängnis, wo sie auf den Tod durch die Raubtiere warteten. Als Felix selbst seinen Häschern in die Hände fiel, wurde auch er den Raubtieren vorgeworfen. Apuleius treibt vermutlich seinen Spaß mit dieser Art Todesstrafe, wenn er den Banditen Thrasyleon
als
Raubtier (in diesem Fall ein Bär), nicht
durch
ein Raubtier sterben lässt – und die Ironie durch den zusätzlichen Gag unterstreicht, dass das Fell, das Thrasyleon zum Bären macht, von einem Tier stammt, das für den Einsatzin der Arena gehalten wurde (
Der goldene Esel
4,13 – 24). Nach einer Kreuzigung wurden die Körper oft noch zur Schau gestellt – wie in der frühen Neuzeit die Körper erhängter Seeräuber und anderer Verbrecher. Der Jurist Callistratus erklärt, die Körper hingerichteter Banditen sollten am Ort ihrer Verbrechen hängen bleiben, um die zu trösten, denen sie Leid zugefügt hatten, und die in Angst zu versetzen, die ein solches Leben planten.
Das Sozialleben von Banditen
Obwohl keine literarischen oder sonstigen Dokumente vorliegen, die von Banditen selbst verfasst wurden, ist es möglich, ihre soziale Organisation und ihre allgemeine Lebensauffassung zu rekonstruieren. Antike Quellen, die eine solche Rekonstruktion ermöglichen, sind Berichte über Aktivitäten und Denkweise der Banditen aus der Hand von Autoren, die dem Banditenmilieu fernstanden. Wie oben bereits angemerkt, scheinen den fiktionalen Schilderungen von Banditen klare Vorstellungen der Erfahrungen und Lebensumstände realer Briganten zugrunde zu liegen. Dasselbe kann für andere Aussagen über Banditen im Werk von Historikern wie Cassius Dio und Herodian sowie im Neuen Testament gelten. Schon Homer war wie andere Autoren nach ihm in der Lage, einen zumindest plausiblen Eindruck von den Piraten zu gewinnen. Doch wie weit lassen sich diese Quellen als Spiegel des wirklichen Lebens und Denkens von Banditen verstehen? Zwei einander ergänzende Ansätze bieten sich an: Erstens ist es erforderlich, aufgrund der verschiedenartigen antiken Quellen ein kohärentes Bild vom Leben des Banditen und von seinen Anschauungen zu ermitteln. Dieses Bild lässt sich zweitens mit gut dokumentierten Banditenleben aus anderen Zeiten und Orten vergleichen.
Keine andere Quelle des römisch-griechischen Altertums informiert so detailreich über Banditen wie
Der goldene Esel
des Apuleius in den Büchern 4 – 7. Die folgende Beschreibung stützt sich also in erster Linie auf seine Darstellung; andere Quellen werden herangezogen, sofern sie sich als aufschlussreich erweisen.
Bei Apuleius sind die Banditen eine reine Männergemeinschaft. Die Nacktheit der Männer bei ihrem Bankett betont ihre Virilität, da mansofort die nackten Körper im Gymnasion vor sich sieht. Auch die grölenden Gesänge und unflätigen Späße sind Ausdruck rein männlicher Kumpanei. Frauen sind aus dieser Männergesellschaft ausgeschlossen; das alte Weib in der Höhle zählt nicht als Frau, und Charite ist eine Gefangene und Quelle des Profits, kein Objekt sexueller Begierde. Die soziale Herkunft der Banditen bleibt bei Apuleius unerwähnt, am wahrscheinlichsten aber kommen sie aus dem Kreis der Personen, die der Banditenführer Hämus als potenziellen Nachwuchs im Auge hat: die Armen und Hoffnungslosen. Gesetzlose leben in eigenen Räumen, abseits der Gesellschaft des Rechts; in diesem Fall haben sie ihre Operationsbasis nicht auf einem Piratenschiff oder einer Insel, sondern in einer Höhle. Sie liegt in den Bergen, die, zerklüftet und dünn besiedelt, zu allen Zeiten ein Lieblingsversteck von Banditen waren. Die Bande des Hippothous lebt in einer Höhle in Kilikien (Xenophon,
Die Waffen des Eros
, S. 126 f. [3,3]), aber auch jeder andere abgelegene Flecken ist willkommen; die
boukoloi
des Deltas in Ägypten benutzten Inseln im Schwemmland: »… es ist fast unmöglich, sie aufzuspüren, denn sie ziehen sich in ihre Verstecke und Schlupflöcher in der Marsch zurück« (
Äthiopische Geschichten
2,24). Piraten nutzten als
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