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Römer im Schatten der Geschichte

Römer im Schatten der Geschichte

Titel: Römer im Schatten der Geschichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Knapp
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wahllosen Übergriffe auf freie Bewohner in abgelegenen Gegenden und jenseits der Reichsgrenzen:
     
    So groß ist in der Provinz Afrika die Zahl der »Sklavenfänger«, wie sie im Volksmund heißen, dass sie die Provinz praktisch menschenleer machen, indem sie Leute entführen, die in Orte jenseits des Meeres verkauft werden – und fast alle sind Freie. Denn von den wenigsten wird festgestellt, dass sie von den Eltern verkauft wurden –, und auch diese werden nicht vertraglich für 25 Jahre in die Knechtschaft verkauft, wie es das römische Recht erlaubt, sondern sie werden als echte Sklaven verkauft und als Sklaven über das Meer verkauft. Die Sklavenhändler kaufen nur sehr selten echte Sklaven von ihren Herren. Außerdem sind durch diese Bande von Sklaventreibern Scharen von Plünderern und Entführern so außer Kontrolle geraten, dass sie, furchterregend wie Soldaten oder Wilde gekleidet, unter Geheul in unterbevölkerte ländliche Gegenden einfallen und die Leute mit Gewalt wegschleppen, die sie dann an die Sklavenhändler verkaufen. (
Brief *
10)
     
    Einer dieser Unglücklichen war Gaius Tadius:
     
    Dem Gaius Tadius Severus, Sohn des Gaius, entführt von Banditen im Alter von 35 Jahren, und seinem Sohn Proculus, 6 Jahre alt. Limbricia Primigenia errichtete diesen Grabstein für ihren Mann und Sohn. Wehe, hätte doch der Sohn seiner Mutter den Grabstein errichten sollen! (
ILS
8506)

Abb. 10. Sklavenauktion: In der Mitte wird der Sklave zur Schau gestellt, daneben Auktionator und Bieter. Grabstein aus Capua.
    Abb. 11. Versteigerung eines Sklaven: Rechts der Auktionator, während der beleibte Bieter den nackten Sklaven rundum dreht, um ihn von allen Seiten zu begutachten. Zeichnung eines verlorenen Reliefs aus Arlon, Belgien.
    Die römische
Lex Cornelia
untersagte den Verkauf von Bürgern in die Sklaverei, doch die Sklavenhändler waren berüchtigt dafür, dass sie keine Fragen stellten. Und ungeachtet der Möglichkeit eines rechtlichen »Gesuchs um Wiederherstellung der Freiheit« vor einem Magistrat dürfte es höchst selten gewesen sein, dass eine entführte und verkaufte Person in der Lage war, auf dem Rechtsweg ihre Freiheit geltend zu machen. Außerdem konnte ein Vater, dem die uneingeschränkte gesetzlicheAufsicht über den Nachwuchs oblag, ein Kind in die Sklaverei verkaufen, was oft dazu diente, Schulden zu bezahlen oder dem Hungertod vorzubeugen. Obwohl das römische Recht um diesen Punkt viel Aufhebens machte, ist es klar, dass sowohl bei römischen Bürgern als auch bei Provinzbewohnern während der gesamten hier behandelten Zeit Kinder verkauft wurden. Das Augustinus-Zitat ist nur eine der zahlreichen Bestätigungen. Außerdem gab es die legale Selbst-Versklavung. Während Schuldsklaverei – der Verkauf einer freien Person, um deren Schulden zu begleichen – gegen das Gesetz verstieß und ein römischer Bürger sich nicht selbst in die Sklaverei verkaufen konnte, war es möglich, sich vertraglich dazu zu verpflichten, Sklave zu werden, das heißt seine Rechte als freier Mann gegen Geld aufzugeben. »Weil doch unzählige Freie sich selbst verkaufen, so daß sie durch einen Vertrag Sklaven sind, gelegentlich sogar unter keineswegs annehmbaren, sondern außerordentlich harten Bedingungen« (Dion Chrysostomos,
Sämtliche Reden
[
Knechtschaft und Freiheit
2] 15,23). Ob gesetzlich oder nicht – offensichtlich wurde ein Freier manchmal aus eigenem Antrieb zum Sklaven. Schließlich konnten gewöhnliche Menschen, die wegen besonders abscheulicher Verbrechen verurteilt waren, mit Versklavung bestraft werden. Die relativen Zahlen der Sklaven aus diesen verschiedenen Quellen sind nicht zu ermitteln, doch jeder Hintergrund einer Versklavung hatte mit Sicherheit seine besondere Wirkung auf die psychische Verfassung der Betroffenen. Ein Kind, das als Sklave aufgewachsen war, mochte sehr wohl eine andere Lebensauffassung haben als ein Erwachsener, den man im späteren Leben gefangen genommen und versklavt hatte, nachdem er jahrelang als freier Mensch gelebt hatte. Ein Entführter muss die Ungerechtigkeit des ganzen Geschehens umso stärker empfunden haben, während der Selbstversklavte vermutlich wusste, was er tat.
    Versklavtes Dasein: Unterwerfung
    Trotz der Bandbreite von Reaktionen auf die Versklavung, die aufgrund des unterschiedlichen Ursprungs der einzelnen Sklavenschicksale vorstellbar sind, war die Essenz der Knechtschaft die totale Unterwerfung des Sklaven unter den Herrn. Sklaven waren jederzeit

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