Römer im Schatten der Geschichte
verfügbar und hattennach dem Willen des Herrn ihre Arbeit zu verrichten. Augustinus dürfte es treffen, wenn er sagt: »Jedes Dienen ist voll Bitterkeit. Alle, die ihr Los zum Dienen bestimmt hat, dienen unter Murren« (Kommentar zu Psalm 99,7). Lucius in seiner Eselsform beschreibt das harte Leben von Sklaven in einer Bäckerei:
Guter Gott, was gab es da für Kreaturen! Die ganze Haut mit blauen Striemen gezeichnet, den verprügelten Rücken mit ein paar verschlissenen Fetzen mehr betupft als bedeckt, einige nur mit einem winzigen Lendenschurz, – alle jedenfalls so angezogen, daß die Knochen durch die Lumpen zu sehen waren! Die Stirn gezeichnet, der Kopf halbrasiert, die Füße beringt; weiter, von Geisterblässe entstellt, die Lider vom Qualm und Dunst in der Stockfinsternis entzündet bis zur Trübung des Augenlichts; und wie Boxer, die sich zum Kampf mit einer Sandkruste pudern, alle vom Mehlstaub schmutzig weiß! (Apuleius,
Der goldene Esel
9,12)
Dabei war der Besitzer dieser Sklaven laut Apuleius ein »anständiger und sehr maßvoller Mensch«! Sklaverei war gleichbedeutend mit harter Behandlung. In einem Brief aus Ägypten tadelt ein Mann seinen Bruder, er behandle ihre Mutter »hart, als wäre sie eine Sklavin«. In einem anderen Brief beklagt sich eine Frau bei den Behörden, ihr Mann gehe mit ihr und beider Kinder um, »als wäre sie seine gekaufte Sklavin«, misshandelt habe er sie und eingesperrt.
Natürlich bestand immer auch die Möglichkeit, dass ein Sklave einen rücksichtsvollen Herrn fand. Ein Beispiel könnte Servandus sein:
Valerius Servandus, Freigelassener von Lucius, Gaius und Sextus Valerius, 20 Jahre alt, liegt in diesem Grab. Seine Patrone errichteten das Grabmal in Anerkennung seiner vielen Verdienste. »Knechtschaft, du warst mir nie verhasst. Ungerechter Tod, du nahmst diesem Unglücklichen die Freiheit.« (
CIL
XIII 7119, Mainz)
Anzunehmen, dass Sklaven mit ihrem Los zufrieden waren, war Teil der Ideologie des Herrn, und man muss sich fragen, ob es Servandus selbst war, der sein Sklavendasein für glücklich hielt, oder nur seine Herren. Diese Besitzer als »freundlich« und »gut« zu bezeichnen wäre vielleicht allzu großzügig gedacht. Ihre Motive waren rein praktischer Art, aber einige Umstände machten das Leben ihrer Sklaven wohl tatsächlich erträglicher,als es andernfalls vielleicht gewesen wäre. Columella, Verfasser von Agrarschriften, gibt praktische Ratschläge zum guten Umgang mit Sklaven. Er erkannte zumindest einige Gefahren des Sklavenbesitzes und versuchte sie zu vermeiden, vor allem durch Festsetzung sinnvoller Ziele für die Arbeit und ausreichender Qualitätsstandards für Kleidung und Nahrung sowie durch die Kontrolle grausamer Aufseher und die Einrichtung von Zusammenkünften, bei denen die Sklaven ihm ihre Probleme vortragen konnten (
De re rustica
–
Über Landwirtschaft
1,8,17 – 19; 11,1,13 – 28). Man kann sich fragen, ob viele Güter oder Haushalte nach diesen Prinzipien aufgeklärten Selbstinteresses verwaltet wurden, jedenfalls aber ist es möglich, dass der eine oder andere Sklave sich in einer Situation befand, die zwar immer noch unsäglich ausbeuterisch, aber im Vergleich mit den schlimmsten der vielen möglichen Misshandlungen doch erträglicher war.
Misshandlungen gab es noch und noch. Die häufigste und gewalttätigste Form der Erniedrigung war körperliche Misshandlung. Im Rechtsmaterial der
Digesten
finden sich wiederholt Anspielungen auf Gewalttätigkeit jeder Art gegen Sklaven, aber nur vereinzelte Anmerkungen, dass ein Nachspiel für den Besitzer die Folge sein könnte. Unter normalen Umständen konnten Sklaven geschlagen werden, um erwünschtes Verhalten zu fördern und schlechtes zu strafen, oder beides zugleich – oder auch einfach aus Ärger, Frustration oder Sadismus. Die Macht des Herrn, völlig unverhältnismäßige Gewalt auszuüben, unterlag in der Praxis keiner Kontrolle: »Ist es nicht durchaus gerecht, wenn ein Sklave zur Strafe jahrelang in Fesseln gelegt wird, der mit raschem Wort oder Schlag seinen Herrn beleidigt oder verletzt hat?« (Augustinus,
De civitate dei
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Vom Gottesstaat
21,11). Seit je griff man zum Auspeitschen (die vielleicht beliebteste der Gewohnheitsstrafen) und zum Arrest in Ketten
(ergastulum)
. Beides nennt zum Beispiel der Herr des Äsop (
Das Leben Äsops
S. 123). Aber es gab eine unbegrenzte Zahl besonderer Formen der Misshandlung, oft begleitet von bleibenden Zeichen der
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