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Römischer Lorbeer

Römischer Lorbeer

Titel: Römischer Lorbeer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Saylor
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Trygonion seinen Namen. Als ich ihn einmal wegen
seiner Schwäche für Lesbia necken wollte, habe ich ihn
unseren kleinen Trygonion genannt, der Galloi, der einer Frau
verfiel. Der Name ist an ihm hängengeblieben, so wie er selbst
an Lesbia hängt. Jedesmal wenn ich erwäge, mich zu
kastrieren, denke ich an ihn. Vielleicht nützt es einem gar
nichts, verstehst du. Eine nutzlose Geste. Manchmal ist die
Leidenschaft stärker als das Fleisch. Liebe kann den Tod
überdauern, und in seltenen Fällen kann die Schwäche
eines Mannes für Schönheit sogar seine Hoden
überleben.«
    »So
hingebungsvoll verehrt Trygonion Lesbia?«
    »Er leidet, so
wie ich leide, mit einem großen Unterschied
allerdings.«
    »Und der
wäre?«
    »Trygonion
leidet ohne Hoffnung.«
    »Und
du?«
    »Solange ein
Mann noch seine Eier hat, hat er auch noch Hoffnung!« Catull
stieß sein eigentümliches gellendes Lachen aus.
»Sogar ein Sklave hat Hoffnung, solange er noch seine Eier
hat. Aber ein Galloi, der in eine schöne Frau verliebt ist

    »So sehr,
daß er alles für sie tun würde?«
    »Alles, ohne
Frage.«
    «So verliebt,
daß er vor Eifersucht blind ist?«
    »Wahnsinnig vor
Eifersucht!«
    »Er könnte
gefährlich sein. Unberechenbar…«
    »Nicht
annähernd so gefährlich wie Lesbia.« Catull wirkte
auf einmal aufgekratzt, er torkelte voraus und machte wieder kehrt,
sprang hoch, um Lampen anzustoßen, die aus Fenstern im ersten
Stock hingen. »Das verdammte Luder! Die Medea vom
Palatin!«
    »Medea war eine
Hexe, wenn ich mich recht erinnere, und eine ziemlich
bösarüge noch dazu.«
    »Nur weil sie
›am Herzen krank und verwundet von grausamer Liebe‹
war, wie der Dichter schreibt. Eine Hexe, jawohl, und verwundet -
nur daß sie mich verhext und Caelius sie verwundet hat. Medea
des Palatin! Clytemnestra quadrantaria!« sang er.
    »Eine
›Viertelmünzenfrau‹? So
billig?«
    »Warum nicht?
Der Eintrittspreis für die Bäder des
Senia.«
    »Aber
Clytemnestra hat ihren Gatten ermordet.«
    »Agamemnon hatte
es verdient!« Er wirbelte herum wie ein ekstatischer Galloi.
»Medea vom Palatin! Clytemnestra-quadrantaria!« sang
er.
    »Wer nennt sie
so?«
    »Ich!«
sagte Catull. Er blieb abrupt stehen und taumelte, nach Luft
ringend, vor meine Füße. »Ich habe mir diese
Schmähungen gerade ausgedacht, einfach so. Was hältst du
davon? Ich brauchte ein paar neue Beschimpfungen, um ihre
Aufmerksamkeit aufs neue zu erringen.«
    »Du bist ein
seltsamer Verehrer, Catull.«
    »Ich liebe eine
seltsame Frau. Willst du ein Geheimnis über sie erfahren?
Etwas, das sonst niemand auf der Welt weiß, nicht einmal
Lesbius? Ich wüßte es selber nicht, wenn ich ihr nicht
eines Nachts nachspioniert hätte. Kennst du die monströse
Venus in ihrem Garten?«
    »Ja, die ist mir
durchaus aufgefallen.«
    »Der Sockel
wirkt massiv, aber das ist er nicht. Einer der Steine
läßt sich verschieben, dahinter ist ein Geheimfach, in
dem sie ihre Trophäen aufbewahrt.«
    »Ihre
Trophäen?«
    »Erinnerungsstücke. Als
ich eines Nachts nach stundenlanger leidenschaftlicher Umarmung
glücklich vor mich hin döste, spürte ich ein Kitzeln
in den Lenden. Ich öffnete ein Auge und sah, wie sie ein wenig
von meinem Schamhaar abschnitt und sich damit aus dem Zimmer
schlich. Ich folgte ihr in den Garten und beobachtete, im Schatten
verborgen, wie sie den Sockel öffnete und ihre Beute
hineinlegte. Später kehrte ich in den Garten zurück, fand
heraus, wie sich das Fach öffnen ließ, und entdeckte,
was sie dort aufbewahrte. Gedichte, die ich ihr geschickt hatte.
Briefe von anderen Liebhabern. Schmuckstücke, abgeschnittene
Locken, kindliche Geschenke, die ihr ihr Bruder als kleiner Junge
gemacht haben muß. Ihre
Liebestrophäen!«
    Er taumelte
unvermittelt gegen eine Mauer und fuhr sich mit den Händen
übers Gesicht. »Ich wollte alles vernichten«,
flüsterte er heiser. »Ich wollte all ihre Schätze
zusammenraffen, auf den Kohlenrost werfen und Zusehen, wie sie in
Flammen aufgehen. Aber ich konnte es nicht. Ich spürte die
Augen der Göttin auf mir. Ich trat von dem Sockel zurück
und blickte zu ihr auf. Ich ließ die Erinnerungsstücke,
wo sie waren. Ich wußte, daß sie es mir nie vergeben
würde, wenn ich sie zerstören
würde.«
    »Wer würde
dir nie vergeben - Venus oder Lesbia?«
    Er sah mich mit
tragischem Blick an. »Wo ist der
Unterschied?«

18
    Der Zorn des Achilles
muß harmlos gewesen sein verglichen mit dem Zorn von
Bethesda.
    Ihre Wut ist kalt,
nicht heiß. Eher

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