Römischer Lorbeer
bist ja ein Mann, der handfeste
Beweise verlangt. Nun, du hättest eben diese Sklaven von
Lucceius aufspüren müssen, die in den Giftanschlag
verwickelt waren. Du hast doch gesagt, daß du sie finden und
für mich kaufen wolltest. Ist daraus irgendwas
geworden?«
»Nein.«
»Schade. Sie
hätten großartige Zeugen abgegeben. Ich hatte dir doch
Silber für ihren Kauf gegeben, oder nicht?«
»Ich werde dir
das Silber zurückgeben.«
»Der
Prozeß ist noch nicht vorüber. Es besteht kein Grund zur
Eile.«
»Ich muß
warten, bis mein Sohn Eco nach Rom zurückkehrt
-«
»Vergiß
das Silber, Gordianus. Du mußt es mir nicht zurückgeben.
Hast du mich verstanden?«
»Ich bin mir
nicht sicher.«
»Betrachte es
als Teil deines Honorars. Und natürlich wirst du morgen
aussagen. Du mußt.«
»Muß
ich?«
»Wenn dir irgend
etwas an Gerechtigkeit liegt. Wenn du Dios Schatten Frieden
verschaffen willst.«
»Wenn mir nur
klar wäre, wie Dio wirklich gestorben ist.«
Sie seufzte
verzweifelt. »Asicius und Caelius sind in Coponius’
Haus eingebrochen und haben den armen Kerl
erstochen.«
Ich achtete nicht
weiter auf ihre Worte, sondern zählte statt dessen im Kopf die
Tage. »Es besteht noch immer die Möglichkeit, daß
Eco heute abend oder morgen eintrifft -«
»Gut. Wenn dem
so ist und er Nachricht von diesen Sklaven mitbringt, können
wir ihre Aussage noch aufnehmen. Aber ich sagte doch, du sollst das
Silber vergessen.«
Wir redeten derart
aneinander vorbei, daß ich sie kaum hörte. »Da war
noch etwas«, sagte ich, »was ich vergessen habe. Als
ich dein Haus gestern verließ, wollte ich etwas von dem Gift mitnehmen, um
es mit der Probe vom ›Haar der Gorgonen‹ zu
vergleichen, die ich zu Hause in einer Schatulle aufbewahre. Ich
muß es irgendwie vergessen haben…« Ich
erschauderte in Erinnerung an die grausame Behandlung von Chrysis
und meine Flucht aus Clodias Schlafzimmer. »Könnte ich
das ›Haar der Gorgonen‹ heute abend
mitnehmen?«
Clodia zögerte.
»Ich fürchte, das geht nicht. Herennius hat das Gift. Er
sagte, daß er es morgen vielleicht als Beweisstück
präsentieren will, wenn ich meine Aussage mache. Obwohl ein
Klumpen Gift die Richter vermutlich nicht so schockieren wird wie
ein blutiger Dolch. Ist es wichtig?«
»Nein,
vermutlich nicht. Ich wollte mich, nur um sicherzugehen,
vergewissern, um welches Gift es sich
handelt.«
»Wenn es dich zu
einer Aussage bewegen könnte, wünschte ich, ich
hätte es noch hier. Ich nehme an, ich könnte es irgendwie
organisieren, das Zeug von Herennius holen zu lassen, obwohl es
schon ziemlich spät ist. Und morgen früh wird kaum Zeit
bleiben -«
Ich schüttelte
den Kopf. »Mach dir keine Umstände.«
»Nicht?
Gut.« Sie lachte matt. »Ich glaube auch nicht,
daß ich mich heute abend mit noch so einer ärgerlichen
Lappalie befassen möchte. Eigentlich bin ich schrecklich
müde. Clodius’ Arzt meint, daß es noch eine ganze
Weile dauern wird, bis ich mich wieder vollkommen erholt habe. Um
die Wahrheit zu sagen, es geht mir ziemlich schlecht. Ich konnte
keinen Bissen von dem essen, was mir heute abend aufgetischt wurde.
Ich mußte mich einfach darauf verlassen, daß der Koch
sich bemüht hat. Nun, Gordianus, du mußt mir
versprechen, daß du morgen auf jeden Fall aussagen wirst.
Bitte, laß mich nicht die ganze Nacht im Ungewissen. Und du
mußt dem Gericht, wie gesagt, ja nur schildern, was du mit
eigenen Augen gesehen hast.«
Ich sah sie lange an,
ihre großen grünen Augen, die durch die Krankheit um so
mehr glänzten, die glatte weiße Haut an ihrem Hals und
die Rundungen ihrer Brüste, die Umrisse ihres geschmeidigen, von der Seide
kaum verhüllten Körpers. Ich atmete ihr Parfüm ein.
Was, wenn es Caelius gelungen wäre, sie zu vergiften? Dann
wäre sie jetzt tot und würde bereits beginnen zu
verwesen. Die Vorstellung war abstoßend, ja
unerträglich: Die glänzenden Augen für immer
geschlossen, der perfekte Körper von Würmern zerfressen,
das Parfüm vom Verwesungsgestank überdeckt.
»Ja, ich werde
aussagen. Ich wüßte nicht, was dagegen sprechen
sollte.«
Sie lächelte,
küßte mich auf den Mund und drängte ihren
Körper an meinen, als hätte sie meine Gedanken gelesen
und wollte mir beweisen, daß sie noch sehr lebendig war. Vom
Garten her hörte ich einen Dichter seine Werke vortragen,
unterbrochen von Gelächter und Beifall.
Clodia unterbrach den
Kuß und trat einen Schritt zurück. »Jetzt sollte
ich dich lieber zu Bethesda
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