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Römischer Lorbeer

Römischer Lorbeer

Titel: Römischer Lorbeer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Saylor
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ihm
rezitieren. Er bemerkte meinen Blick, verzog das Gesicht zu einem
verlegenen Lächeln und wandte sich ab. Ich warf einen Blick zu
Clodia und sah ihr blasses, starres Gesicht, bevor die Menge mir
die Sicht wieder versperrte.
    Cicero fuhr fort.
»Wenn Caelius so vertrauten Umgang mit Clodia pflegte, wie
die Ankläger behaupten, hätte er ihr sicher verraten,
wofür er das Geld brauchte. Wenn er aber nicht so intim mit
ihr war, dann hat sie ihm auch nichts gegeben. Um es klar zu sagen:
Wenn dir Caelius die Wahrheit verriet, Clodia, hast du das Gold
wissentlich für ein Verbrechen hergegeben. Wenn er es aber
nicht zu sagen wagte, dann hast du ihm auch nichts
gegeben.
    Die Anklage hält
einer kritischen Prüfung schlicht nicht stand, und das nicht
nur, weil ein solch gräßliches Verbrechen völlig
unvereinbar ist mit dem Charakter des Marcus Caelius. Höchst
unglaubwürdig ist es auch, daß es einem solch
scharfsinnigen und überlegten Mann nicht in den Sinn gekommen
wäre, er dürfe sich bei der Ausführung einer solchen
Schandtat nicht fremden Sklaven in die Hände geben! Rein
praktisch müßte ich fragen: Wie soll Caelius den Kontakt
zu diesen Sklaven hergestellt haben? Hat er sie - tollkühn -
selbst getroffen oder einen Mittelsmann geschickt? Und dürfen
wir den Namen dieses Unterhändlers erfahren? Nein, weil es
eine solche Person nicht gibt. Ich könnte zahllose weitere
Fragen in der Art stellen. Wie viele muß ich vortragen, um
aufzuzeigen, daß die Anklage vollkommen unbegründet und
durch nichts bewiesen ist?
    Um die Sache
endgültig auszuräumen, wollen wir die eidesstattliche
Erklärung von Lucius Lucceius selbst hören. Ich darf
daran erinnern, daß er nicht nur ein guter Freund und
aufmerksamer Gastgeber Dios war, sondern auch ein Mann ist, der
jeder Kleinigkeit sorgfältigstes Interesse beimißt, wie
jeder, der mit seinen historischen Schriften vertraut ist,
bestätigen kann. Lucceius wäre es bestimmt nicht
entgangen, wenn seine Sklaven zusammen mit einem Fremden die
Ermordung seines Gastes geplant hätten, und hätte er auch
nur den geringsten Verdacht gehabt, wäre er dem gewiß
nachgegangen. Welcher Bürger würde, wenn es um seine Ehre
geht, weniger tun? Aber hört selbst, was er uns zu sagen
hat.«
    Ein Gerichtsdiener
trat vor, um die eidesstattliche Erklärung vorzulesen. Cicero
ging zur Verteidigerbank, wo sein Sekretär Tiro ihm ein Glas
Wasser reichte. Ich mußte an meine Befragung von Lucceius
denken, daran, wie er sich standhaft geweigert hatte, auch nur die
Möglichkeit, daß in seinem Haus etwas nicht stimmte, in
Betracht zu ziehen, während seine Frau es besser wußte.
Doch die Sklaven, die die Wahrheit gekannt haben mußten,
waren in die Minen geschickt worden und konnten nichts mehr
erzählen.
    Der Gerichtsdiener
räusperte sich: »Ich, Lucius Lucceius, gebe unter
feierlichem Eid an den Kalenden des Aprilis folgende Erklärung
ab: Im Monat Januarius war mein geschätzter Freund Dio von
Alexandria eine Zeitlang Gast in meinem Haus. In dieser Zeit
geschah nichts, was seine Sicherheit hätte gefährden
können; gegenteilige Gerüchte, die behaupten, es
hätte unter den Sklaven meines Hauses Verrat gegeben, sind
verleumderisch. Dio hat mein Haus auf eigenen Wunsch und bei guter
Gesundheit verlassen. Mir persönlich ist nichts bekannt, was
Licht in die Umstände seines Todes bringen
könnte.«
    Cicero trat wieder vor
die Richter. »Da habt ihr es: Das ganze Verbrechen ist die
Erfindung eines feindlich gesinnten Hauses, voller Ruchlosigkeit,
Grausamkeit, Ränke und zügelloser Begierden. Dem
gegenüber steht das eidlich bekräftigte Zeugnis aus einem
Haus, das ein Hort von Ehre und Anstand, von
Pflichtbewußtsein und Gewissenhaftigkeit ist. Auf der einen
Seite eine verantwortungslose, dreiste und rachsüchtige Frau,
auf der anderen Seite der Eid eines würdigen, charakterfesten
und besonnenen Mannes. So geht es also um eine Entscheidung, an der
es keinen Zweifel gibt.
    Was ist nun mit der
Anschuldigung, Caelius hätte geplant, Clodia zu vergiften?
Hierbei kann ich weder Anfang noch Ende des Knäuels finden.
Aus welchem Grund hätte denn Caelius dieser Frau Gift
verabreichen sollen? Damit er das Geld nicht zurückgeben
mußte? Hat sie es denn verlangt? Um Clodia von einer Aussage
über den Giftanschlag gegen Dio abzuhalten? Ein solcher
Anschlag hat nie stattgefunden, wie wir gerade festgestellt haben.
Ich würde vielmehr meinen, daß hier ein schweres Delikt
erfunden wurde, damit ein Motiv da

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