Römischer Lorbeer
einzigen schlagenden Beweis in der Sache. Hier also haben
wir den Ausgang einer Posse, nicht einmal einer Komödie. Denn
wenn sich in einer Posse kein schlüssiges Ende findet,
entschlüpft einer den Händen der Feinde, dann wird das
Zeichen gegeben, und der Vorhang fällt.
Diese Zeugen, die
Besetzung dieses kleinen Mimenspiels, erwarte ich nun allerdings
ganz ohne Besorgnis, ja, ich erhoffe mir im Gegenteil einiges
Vergnügen von ihnen, und dieser Prozeß kann zur
Entspannung ein wenig Komödie gebrauchen. Ich bin richtig
gespannt darauf, sie zu sehen, zum einen die sauberen
Jüngelchen, die trauten Freunde der reichen, feinen Dame, die
tapferen Helden, die auf Befehl ihrer Kommandeuse in den
Bädern des Senia versteckt Posten bezogen. War es eine
Badewanne oder ein Trojanisches Pferd, das so vielen unbesiegbaren
Helden im Krieg für eine Frau Schutz und Schirm bot? Ich kenne
den Typus: Mögen sie bei ihren Gelagen noch so witzig und
schlagfertig und beim Wein mitunter noch so beredt sein, auf harten
Gerichtsbänken Platz zu nehmen ist etwas anderes als auf dem
Speisesofa. Das Licht der Sonne schließlich ist etwas ganz
anderes als Kerzenschein. Wenn sie sich nicht einmal in den
Bädern zurechtfinden, wie sollen sie da den Zeugenstand
finden? Ich möchte diese sogenannten Zeugen warnen: Wir werden
ihnen alle ihre Frivolitäten und Albernheiten austreiben, wenn
sie hier auftreten. Deshalb: Tummelt euch auf einem anderen Feld,
sucht euch anderswo beliebt zu machen, entfaltet meinetwegen euren
Charme bei eurer Dame, liegt ihr zu Füßen, dient ihr
sklavisch - aber haltet euch fern vom Leib eines
Unschuldigen!
Und was ist mit dem
Sklaven, dem das Gift übergeben werden und der ebenfalls als
Zeuge auftreten sollte?« Ich ließ meinen Blick
über die Gesichter auf der Bank des Anklägers wandern -
zur Zeit überwiegend niedergeschlagene Mienen - und entdeckte
Clodias Sklaven Barnabas, der aussah, als hätte er gerade
etwas Unangenehmes verschluckt. »Wie ich höre, ist er
soeben von seiner Herrin freigelassen und durch ihre Hand zum
Bürger gemacht worden - oder genauer, durch die ihres Bruders,
da eine Frau ihre Sklaven formaljuristisch nicht freilassen kann.
Aber ich möchte gern wissen, worauf diese Freilassung
hinausläuft. War es die Belohnung für Loyalität und
Dienste, die über das normale Maß an Pflichten
hinausgingen? Oder liegt dem eine ungleich praktischere
Erwägung zugrunde? Denn als Bürger kann man den Burschen
nicht mehr der üblichen Praxis unterziehen, unter der ein
Sklave eine Aussage macht. Und die Folter bringt die Wahrheit ans
Licht, selbst der beste Schmierenkomödiant kann sich in noch
so vielen Proben nicht darauf vorbereiten, angesichts eines
glühenden Eisens Unwahrheiten vorzutragen.
Da wundern wir uns
noch, wenn die Pyxis, diese Fabelbüchse, der Ausgangspunkt
für eine recht unanständige Geschichte war. Es gibt ja
nichts, was man sich bei einer Frauensperson dieser Art nicht
vorstellen könnte. Die Sache geht jedenfalls von Mund zu Mund,
und sie wäre niemals so zum Gesprächsstoff geworden, wenn
nicht all solche Frivolitäten nur zu gut auf jene Dame
paßten. Ihr habt längst verstanden, ihr Richter, was ich
sagen oder besser nicht sagen will. Nun, wenn das Ganze wirklich
ins Werk gesetzt wurde, dann sicherlich nicht von Caelius, sondern
es wurde von irgendeinem jungen Mann, der zwar Witz hat, aber
keinen Anstand, in fehlgeleiteter Neigung gleichsam aus dem
Ärmel geschüttelt.«
Wieder glaubte ich aus
den Augenwinkeln zu sehen, daß Catull die Lippen bewegte. Als
ich mich umdrehte, wandte er sich mit finsterem Blick ab und verlor
sich in der Menge.
Clodias Gesicht war
eine Studie des Elends. Cicero ließ sich von Tiro erneut ein
Glas Wasser reichen und wartete, bis das Gelächter sich gelegt
hatte. »Richter, ich habe meinen Fall nun dargelegt. Nun ist
es an euch, über das Schicksal eines unschuldigen jungen
Mannes zu entscheiden.«
Danach kam Cicero zu
seiner Zusammenfassung: Er rekapitulierte kurz Caelius’
Karriere, zählte seine Tugenden auf, appellierte an die
Richter, ob dessen verzweifelten Vaters Gnade zu üben und tat
die Vorwürfe gegen Caelius ein letztes Mal als lächerlich
ab. Ich hörte die Worte kaum. Ich konnte den Blick nicht von
Clodia wenden. Ich sah eine Frau, die vollkommen fassungslos war,
blaß, geschlagen, verwirrt und voller Zorn. Sie sah aus, als
wäre sie erneut vergiftet worden: Aus Medea war Medusa
geworden, zumindest ihren unruhig um sich
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