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Römischer Lorbeer

Römischer Lorbeer

Titel: Römischer Lorbeer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Saylor
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an sich?«     
    Catull blickte von
seinem Weinbecher auf und zeigte ein schwaches Lebenszeichen.
Caelius grinste höhnisch. »Gordianus, ein römisches
Gericht hat die Anklagen gegen mich als falsch verworfen und mich
für unschuldig erklärt. Was mußt du sonst noch
wissen?«
    »Die
Wahrheit«, sagte ich und packte dabei so heftig seinen Arm,
daß er überrascht seinen Becher fallen ließ und
sich Wein über den Boden ergoß. Caelius’
Leibwächter sprangen auf. Er machte ihnen mit dem Kopf ein
Zeichen einzuhalten und erwiderte zwischen zusammengebissenen
Zähnen: »Du tust mir weh, Gordianus. Laß los, oder
ich sage ihnen, sie sollen dir die Hand abhacken.«
    »Die Wahrheit,
Caelius. Außer mir wird sie niemand erfahren. Ich
schwöre es beim Schatten meines Vaters.«
    »Die Wahrheit?
Unser Freund Licinius hier wäre in den Bädern des Senia
beinahe mit einer Pyxis voller Gift erwischt worden. Er konnte sie
bei seiner Flucht gerade noch in eine der Wannen entleeren - welche
Verschwendung! Auch wenn ich für die Pyxis später noch
eine gute Verwendung gefunden habe.«
    »Caelius, halt
die Klappe!« Licinius ballte die Fäuste.
    »Und der zweite
Versuch?« sagte ich. Catull starrte Caelius an.
    »Die
Wahrheit?«
    »Sag es
mir!«
    Er riß seinen
Arm los und rieb sein Handgelenk. »Der zweite Versuch
wäre fast geglückt. Jetzt bin ich froh, daß er
gescheitert ist. Cicero hatte recht. Tot hätte Clodia mir
wirklich gefährlich werden können, ein Objekt allgemeinen
Mitleids. Lebendig war sie das Objekt der Verachtung, wider ihren
Willen ein Trumpf für mich. Clodia ist mit einer
Magenverstimmung davongekommen, und mit mir hatten die Richter
Mitleid.«
    »Das Gift, das
du beim zweiten Versuch benutzt hast -«
    »- war ein
anderes als beim ersten Mal. Ich wollte etwas schnell Wirkendes;
ich wollte nicht, daß sie leidet. Aber Licinius mußte
das Zeug wegwerfen, also habe ich am Ende etwas benutzt, das sich -
wie hieß das Zeug noch, Licinius?«
    »›Haar
der Gorgonen‹.«
    »Ja, genau, das
ist es. Es hätte ein bißchen länger gedauert, habe
ich mir sagen lassen, wäre aber genauso effektiv gewesen. Es
tut mir leid, daß sie Chrysis erwischt hat. Das arme Ding.
Sie ist so zart, und jetzt wird Clodia ihre ganze Wut an ihr
auslassen.«
    »Caelius, du
hast mir erzählt -«, fiel Catull lallend ein.
    »Ich habe dir
erzählt, was du hören wolltest, Catull, und du willst
doch nie die Wahrheit hören, oder? Ich habe also versucht sie
zu vergiften, na und? Was kümmert es dich? Dich verachtet sie
sogar noch mehr als mich.«
    »Caelius, du
verlogenes Schwein!« schrie Catull und stürzte sich auf
ihn.
    Caelius wich
zurück und hob den Arm, ein Zeichen für seine
Leibwächter einzuschreiten. Das Ganze ging so schnell,
daß ich den Weg von der Bank auf die Straße nur als
einen verschwommenen Moment des Schwebens wahrnahm, gefolgt von
einer harten Landung auf meinem Hintern. Als mein Kopf
aufgehört hatte, sich zu drehen, sah ich, daß Catull
neben mir auf dem Pflaster hockte. Nach einer Weile sank er auf
alle viere, krabbelte in die Gosse und übergab sich
heftig.
    Kurz darauf kam er zu
mir zurückgekrochen. »Das solltest du auch mal
versuchen«, sagte er, sich das Kinn abwischend. »Danach
fühlst du dich besser.«
    »Ich will mich
nicht besser fühlen.«
    »Selbstmitleidiger
Jammerlappen. Du klingst ja schon wie ich. Welchen Grund hast du,
traurig zu sein?«
    »Frauenprobleme.«
    »In deinem
Alter?«
    »Wenn du lange
genug lebst, du Kindskopf, wirst du es schon merken. Es hört
nie auf.«
    »Aber wie
ertragen die Männer das nur?« Die kurze
Ernüchterung nach dem Erbrechen wich wieder seinem
üblichen Jammern. »Dann hat Caelius also wirklich
versucht sie zu vergiften?«
    »Nicht nur
einmal, sondern zweimal. Hat er dir etwas anderes
erzählt?«
    »Er hat mir
offen ins Gesicht gelogen.«
    »Stell sich das
einer vor! Was hattest du heute abend überhaupt in seiner
Gesellschaft zu suchen?«
    Catull wirkte noch
elender als zuvor.
    »Nein,
erzähl’s mir nicht«, sagte ich. »Laß
mich raten. Du hast mitgefeiert, weil du ihm geholfen hast, seine
Rede zu schreiben. So wie du auch Cicero bei seiner Rede geholfen
hast.«
    »Woher
weißt du das?«
    »Ich erkannte es
an dem Ausdruck auf deinem Gesicht heute beim Prozeß. Du
konntest das Vergnügen daran, deine eigenen Wendungen laut zu
hören, einfach nicht verhehlen. Diese Sache mit der
›Clytemnestra‹ und der ›Medea vom
Palatin« - das mußte einfach von dir sein.

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