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Römischer Lorbeer

Römischer Lorbeer

Titel: Römischer Lorbeer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Saylor
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hätte noch lange wach liegen und in die
Dunkelheit starren können, doch Bethesda drehte sich zu mir um
und schmiegte sich an mich, und ich schlief beinahe sofort
ein.
    Wie verabredet holte
mich mein Sohn bei Anbruch der Dämmerung ab. Belbo führte
die Pferde aus dem Stall, und zu dritt machten wir uns auf den Weg
durch die stillen, grauen Straßen der erwachenden Stadt. Wir
folgten der Via Flaminia, passierten das fontinalische Tor und
ließen die Gefahren und Täuschungen der Stadt hinter uns
- zumindest für eine Weile.

6
    Die Reise verlief
ruhig, wenn man von der kurzen, aber wellengepeitschten
Überfahrt von Fanum Fortunae am Endpunkt der Via Flaminia an
die illyrische Küste absieht. Es gibt nur eine Handvoll
Fährleute, die im Winter Passagiere über das Adriatische
Meer bringen, und auf unserer Überfahrt entdeckten wir auch,
warum - nur mit Mühe konnten wir einem plötzlich
aufkommenden Sturm entrinnen, der das Boot, Belbo, die Pferde, Eco
und mich auf den Grund des Meeres hätte reißen
können.
    Bevor wir Fanum
Fortunae verlassen hatten, hatte ich darauf bestanden, die
berühmte, der Göttin Fortuna geweihte Anlage zu besuchen
und ein paar Münzen in ihrem Tempel zu hinterlegen. »Die
wären als Trinkgeld für den Fährmann besser angelegt
gewesen«, murmelte Eco leise. Doch nachdem wir die feuchte und
stürmische Überfahrt hinter uns hatten, war es Eco, der
vorschlug, im nächsten Tempel der Fortuna ein Dankesopfer zu
bringen. Prasselnder Regen verwandelte das Holzdach in eine
Trommel. In dem schlichten kleinen Tempel trieben
Weihrauchschwaden, Münzen klimperten, und die Göttin
lächelte, während das Zittern in den Knien und das flaue
Gefühl im Magen langsam nachließen.
    Nachdem wir wieder
festen Boden unter den Füßen hatten, erschien uns sogar
der beschwerliche und verregnete Weg entlang der zerklüfteten
Küste und über stürmische Höhen bis zu Caesars
Winterlager wie eine Vergnügungsreise.
    *
    Nachdem er sich den
Legionen von Gaius Julius Caesar in Gallien angeschlossen hatte,
sah ich meinen Sohn oft monatelang überhaupt nicht, obwohl wir
in regelmäßigem Briefkontakt standen, was sich auf eine
Weise als glücklicher Zufall erwies, die ich nie hätte
ahnen können.
    Meto schickte seine
Briefe per Militärboten. Das ist eine verbreitete Methode,
Korrespondenz aller Art zu versenden, da nur sehr wohlhabende
Männer sich Sklaven als Briefboten halten können und
Militärboten in alle Winkel des Imperiums kommen und
verläßlicher sind als Händler oder Privatreisende.
Briefe, die Caesars Lager verließen, waren, wie sich
herausstellte, nicht wirklich privat; die Boten, die sie
überbrachten, lasen sie meist vorher, um sich zu vergewissern,
daß sei keine kompromittierenden Informationen enthielten.
Einer von Caesars verläßlichsten Boten war so beeindruckt
von Metos Stil und Beobachtungen, daß er eine Kopie an einen
von Caesars vertrautesten Sekretären weitergab, der es
wiederum für lohnend hielt, sie Caesar selbst zu zeigen,
woraufhin der große Feldherr Meto aus dem Zelt, wo er bis
dahin mit dem Polieren von Waffen betraut gewesen war, zu sich in
den Führungsstab abkommandierte.
    Offenbar findet der
vielbeschäftigte Caesar zwischen der Eroberung Galliens und
dem Kampf um die Kontrolle Roms immer noch die Zeit, ein
minutiöses Tagebuch zu führen. Während andere
Politiker ihre Memoiren als Monument für die Nachwelt
hinterlassen, will Caesar, so vermutet Meto, die seinen als
Instrument im Wahlkampf einsetzen. Das römische Volk wird so
von Caesars herausragenden Führungsqualitäten und seinem
Triumph bei der Ausbreitung römischer Zivilisation erfahren
und ihn an der Urne scharenweise unterstützen - vorausgesetzt
natürlich, der Feldzug in Gallien verläuft weiter
wunschgemäß.
    Natürlich hat
Caesar Sklaven, die sein Wort schriftlich festhalten - Meto sagt,
der Feldherr diktiert oft zu Pferde, unterwegs von einem Lager zum
anderen, um keine Zeit zu vergeuden -, und außerdem solche,
die ihm bei der Zusammenstellung der Notizen helfen. Auch meine
Erfahrungen sind die, daß sich die Reichen und Mächtigen
die Talente anderer Menschen zunutze machen, wo immer sie
können. Es trifft sich, daß Caesar Metos Prosastil mag -
ungeachtet der Tatsache, daß Meto als Sklave geboren wurde
und, nachdem ich ihn adoptiert hatte, nur sporadisch in Mathematik
und Latein unterrichtet worden war, ohne je eine rhetorische
Ausbildung genossen zu haben. Eine Ironie des Schicksals liegt auch
darin,

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