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Römischer Lorbeer

Römischer Lorbeer

Titel: Römischer Lorbeer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Saylor
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Ermordung zu besprechen, begleitet von einem
Kybele-Priester, der einen knallgelben Sonnenschirm durch die
sonnigen Straßen des Palatin trug. Den Göttern
gefällt es, die Menschen mit Unerwartetem zu überraschen
- außerdem sind sie für ihren grausamen Humor
bekannt.
    *
    Clodias Haus lag am
Ende einer kleinen Sackgasse, die von einer ruhigen Straße
abging. Wie die meisten Patrizierhäuser hatte es zur
Straße hin eine unscheinbare Fassade. Die fensterlose Front
war dünn mit blaßgelber Farbe getüncht, zwei hohe
Zypressen rahmten die schlichte Eichenholztür. Ich hatte sie
vom Balkon auf der Rückseite meines Hauses schon oft gesehen,
ohne ihren genauen Standort zu kennen. Ebenso wie das Haus waren
auch die Bäume offensichtlich schon sehr alt.
    Der Sklave, der die
Eingangstür bewachte, war ein kräftiger junger Mann mit
einem ordentlich geputzten, schwarzen Bart und buschigen Brauen,
die über seinen schmachtenden braunen Augen zusammengewachsen
waren. Er öffnete die Tür ein Stück und grinste, als
er Trygonion sah. Von mir oder Belbo nahm er kaum Notiz. »Sie
ist gegangen«, antwortete er, verschränkte die Arme und
lehnte sich an den Türrahmen.
    »Ausgegangen?« sagte
der Galloi. »Aber ich habe sie doch gerade erst verlassen, um
diesen Mann hier zu holen.«
    Der Türsteher
zuckte die Achseln. »Was soll ich dir sagen? Du weißt
doch, wie sie ist.«
    »Aber sie
wußte, daß ich sofort zurückkommen wollte«,
sagte Trygonion trotzig. »Wohin ist sie
gegangen?«
    »Zum Fluß
runter.«
    »Was, zu den
Märkten?«
    Der Sklave kniff die
Augen zusammen. »Natürlich nicht. Du weißt doch,
daß sie nicht mehr auf den Markt geht. Sie hat Angst, Milos
Männer zu treffen, die irgendwelche Spottlieder über sie
anstimmen. Sie tut so, als ob es ihr nichts ausmachen würde,
aber du weißt, wie sie es haßt.« Der Sklave zog
seine rechte Braue hoch, was bei seinen zusammengewachsenen
Augenbrauen einen verblüffenden Effekt ergab. »Sie ist
zu dieser bestimmten Stelle an den Tiber gegangen. Sie meinte, es
wäre der einzige Ort, an dem es sich an einem so schönen
Tag aushalten ließe. Alle werden unten am Fluß sein,
hat sie gesagt. Ich nehme an, sie will sich die Schwimmer aus der
Nähe betrachten.« Ein plötzliches Zucken seiner
Mundwinkel wuchs sich zu einem süffisanten Lächeln aus,
als die Hand einer hinter der Tür verborgenen Person
auftauchte und wie eine sich windende Schlange über seinen
Rücken strich. Offenbar war der junge Türsteher kitzelig,
denn er zuckte und spannte seine muskulösen Unterarme an.
»Sie hätte mich mitnehmen sollen«, seufzte er,
»doch ich bin auch so beschäftigt
genug.«
    »Hat sie eine
Nachricht hinterlassen?« fragte Trygonion verzweifelt.
»Sie muß irgendwas hinterlassen
haben!«
    Hinter der Tür
ertönte das Lachen einer Frau, bevor ein lächelndes
Gesicht auftauchte und sich an das des stämmigen
Türstehers schmiegte. »Keine Sorge, sie hat dich nicht
vergessen«, flötete die Frau. Ihre Stimme hatte einen
kultivierten Tonfall, und ihr kastanienbraunes Haar war extravagant
hochgesteckt, wobei einige Strähnen den Nadeln und Kämmen
entwischt waren. Die Falten um ihre Augen und ihren Mund waren
kunstvoll mit Schminke überdeckt, doch ich erkannte, daß
sie nicht mehr jung war. »Barnabas neckt dich nur! Nicht
wahr, Barnabas? Du Schlingel!« Sie biß dem Sklaven
spielerisch ins Ohrläppchen.
    Barnabas lachte
lüstern und riß sich los, sein Ohr aus dem Biß
ihrer strahlend weißen Zähne, seinen Hintern aus dem
Griff ihrer Hand. »Troll dich!« sagte sie lachend und
schnippte mit den Fingern. »Los! Ich werde mich später
um dich kümmern.« Sie knurrte kehlig und knirschte mit
den Zähnen. Barnabas verschwand. 
    »Es ist ein
hebräischer Name, wißt ihr«, sagte sie, wieder an
uns gewandt. »Barnabas, meine ich. Clodia sagt, er bedeutet
›Trost‹. Und sie muß es wissen!« Die Frau
lachte, und ich roch den Wein, den sie getrunken haben
mußte.
    »Was hat Clodia
über mich gesagt?« wollte der Galloi wissen.
    »Über dich,
Trygonion? Hmm, also, nun, wir wissen ja alle, woher dein Name
kommt, nicht wahr?« Sie sah ihn wissend an.
    »Das tut nichts
zur Sache!« fauchte der Galloi. »Was hat sie gesagt,
bevor sie gegangen ist?«
    Die Gesichtszüge
der Frau wurden mürrisch und zerstörten so die Illusion,
die ihre Schminke geschaffen hatte. »Also gut. Sie hat
gesagt, sie hätte es im Haus keinen Moment länger
ausgehalten und sich schon seit Tagen nach ihrem Platz unten

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