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Römischer Lorbeer

Römischer Lorbeer

Titel: Römischer Lorbeer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Saylor
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nicht widerstehen, Pompeia in Caesars eigenem
Bett zu nehmen, während im Nebenzimmer Caesars Mutter und eine
Schar anderer Frauen fromme Gesänge anstimmten und Weihrauch
verbrannten. Ich frage mich, ob Clodius vorhatte, seine Stola
anzulassen, während er es tat.«
    »Papa, ich
erhebe Einspruch! Du läßt dich von deiner lüsternen
Phantasie dazu verführen, ein Gerücht für bare
Münze zu nehmen und dann die Verleumdung auch noch
auszuschmücken.«
    »Du hast recht,
Eco. Ich werde mich bemühen, mich wieder an die Tatsachen zu
halten. Jedenfalls hätte es Clodius fast geschafft. Inmitten
des Weihrauchnebels, Singens und Tanzens - wer weiß, was
für Rituale diese Frauen hinter geschlossenen Türen
praktizieren - gelang es Clodius, sich unbemerkt ins Haus zu
schleichen, wo er eine von Pompeias Dienerinnen traf, die ihn
erwartete. Sie ging, um ihre Herrin zu holen, doch als sie nicht
zurückkehrte, wurde Clodius ungeduldig und begann auf eigene
Faust durchs Haus zu stöbern, wobei er sich nach
Möglichkeit im Schatten hielt und das Treiben
beobachtete.«
    »Wüßtest du nicht
gern, was er gesehen hat?«
    »Wüßte das nicht
jeder Mann gern, Eco? Doch zu seinem Pech wurde Clodius von einer
anderen Sklavin entdeckt, die sein zögerndes Gebaren bemerkte
und ihn unschuldig fragte, wonach er suche. Er erklärte ihr,
daß er Pompeias Dienerin suche, war jedoch offenbar nicht in
der Lage, seine tiefe Stimme zu verbergen. Die Sklavin stieß
einen Schrei des Entsetzens aus. Clodius gelang es, sich in der
Vorratskammer zu verstecken, doch die Frauen entzündeten
Fackeln und durchsuchten das Haus, bis sie ihn aufgespürt und
auf die Straße getrieben hatten.«
    »Immerhin«, meinte Eco
trocken, »hat Clodius, wenn schon sonst nichts, zumindest den
alten Aberglauben widerlegt, den wir alle als jungen gelernt haben,
daß nämlich jeder Mann, der Zeuge der geheimen
Zeremonien der Guten Göttin wird, auf der Stelle mit Blindheit
geschlagen wird.«
    »Zugegeben,
Clodius konnte noch sehen, aber vielleicht hat er sich
gewünscht, mit Taubheit geschlagen zu werden, um das Geschrei
nicht hören zu müssen, das er auslöste. Die Frauen
liefen nach Hause und erzählten es ihren Männern, und du
weißt ja, wie Männer sind, wenn es um Klatsch geht. Am
nächsten Morgen war der Skandal das Gesprächsthema in jeder Taverne und
an jeder Straßenecke Roms. Die Frommen waren empört, die
Unfrommen amüsiert, und ich bin sicher, daß Vertreter
beider Lager mehr als nur ein wenig neidisch waren. Die
Angelegenheit war eine Zeitlang in aller Munde und dann monatelang
vergessen, bis einige von Clodius’ Feinden beschlossen, ihn
des begangenen Frevels anzuklagen.
    Beim Prozeß
behauptete Clodius, daß er unschuldig sei und die Frauen sich
geirrt haben müßten, weil er am Feiertag der Guten
Göttin fünfzig Meilen von Rom entfernt gewesen wäre.
Damals standen Clodius und Cicero noch gut miteinander, so
daß Clodius, als die Anklage Cicero als Zeugen aufrief,
erwartete, daß jener sein Alibi bestätigen würde.
Statt dessen erklärte Cicero pflichtschuldig, er hätte
Clodius am fraglichen Tag in Rom gesehen. Clodius war rasend vor
Zorn. Damit nahm das böse Blut zwischen den beiden seinen
Anfang.«
    »Aber Clodius
wurde trotzdem freigesprochen«, sagte Eco.
    »Ja, von einer
hauchdünnen Mehrheit der etwa fünfzig Geschworenen.
Manche sagen, daß es auf beiden Seiten offene Bestechung
gegeben hätte. Clodius wurde jedenfalls freigesprochen und war
nun stärker denn je. Er wurde unverfrorener im Einsatz der von
ihm gebildeten Straßenbanden und vergrößerte sein
Gefolge, um seine Feinde einzuschüchtern. Caesar blieb als
gehörntem Ehemann nur, sich von Pompeia scheiden zu lassen,
obwohl er in der Öffentlichkeit darauf beharrte, daß
zwischen ihr und Clodius nichts Unschickliches vorgefallen
wäre. Als man ihn auf den Widerspruch hinwies -warum
ließ er sich von Pompeia scheiden, wenn sie doch angeblich
treu gewesen war? -, sagte er: ›Ich habe nicht den
geringsten Zweifel an ihrer Treue, doch Caesars Frau muß
über jeden Verdacht erhaben sein !‹ Aber Caesar war
Clodius offensichtlich nicht wirklich böse. Die beiden wurden
politische Verbündete.«
    »Was sich
zeigte, als Caesar Clodius half, sein Tribunat zu
erlangen.«
    »Genau. Clodius
wollte zum Tribun gewählt werden, was ihm jedoch verwehrt war,
weil es sich um ein strikt plebejisches Amt handelt, das Patrizier
nicht bekleiden dürfen. Wie löste Clodius das Problem? Es
gelang ihm, sich

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