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Römischer Lorbeer

Römischer Lorbeer

Titel: Römischer Lorbeer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Saylor
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von einem Plebejer adoptieren zu lassen, der fast
jung genug war, um sein Sohn zu sein, und Caesar sorgte dafür,
daß die bürokratischen Einzelheiten rasch geregelt
wurden. Damit konnte sich Clodius offiziell als Plebejer eintragen
- was seine Mitpatrizier empörte und den Pöbel
entzückte, der ihn postwendend zum Tribun wählte. Endlich
war Clodius nicht nur dem Namen nach, sondern auch tatsächlich
ein gemeiner Bürger.«
    »Ich erkenne ein
Muster«, sagte Eco. »Wenn ein Mann nicht an den Riten
der Guten Göttin teilnehmen kann, macht Clodius sich eben zur
Frau. Wenn ein Patrizier nicht als Tribun kandidieren kann, macht
sich Clodius trotz seines patrizischsten aller römischen
Stammbäume eben einfach zum Plebejer.«
    »Jedenfalls kein
Mann, der sich von Formalitäten aufhalten
läßt«, stimmte ich ihm zu. »In seinem Jahr
als Tribun hat er einiges geleistet - die Einführung der
kostenlosen Getreideverteilung zur Befriedigung des Pöbels,
die Organisation der ägyptischen Übernahme Zyperns, mit
der das kostenlose Getreide finanziert wurde, und die
Verabschiedung eines Gesetzes zur Exilierung
Ciceros.«   
    Eco nickte.
»Aber jetzt ist Cicero zurück in Rom, und Clodius’
Verbündeter Caesar ist mit der Eroberung Galliens
beschäftigt. Das große aktuelle Thema ist die
ägyptische Krise, was uns zu Dio und seiner glücklosen
Mission führt. Wenn wir Clodia glauben können, hat sich
Clodius mit dem armen Dio angefreundet, bevor jener ermordet wurde
- und jetzt wollen sie, daß du Beweise findest, die Clodias
Liebhaber Marcus Caelius des Mordes
überführen.«
    »Eine
bewundernswerte Zusammenfassung«, sagte ich. »Ich
denke, wir haben es geschafft, ein paar Tatsachen von Verleumdungen
zu trennen und einige Schlüsse über Clodius’
Charakter zu ziehen, obwohl ich nicht sicher bin, ob wir dadurch
viel klüger geworden sind. Ich habe meine Meinung jedenfalls
nicht geändert. In der Vergangenheit habe ich schon für
Männer mit mindestens ebenso zweifelhaften Moralvorstellungen
und Methoden gearbeitet. Ich sehe keinen Sinn darin, einen Auftrag
von Clodius abzuweisen, wenn er mich zu der Wahrheit über den
Mord an Dio führt.«
    »Und was ist mit
Clodia?«
    »Was soll mit
ihr sein? Also gut, wollen wir uns Clodia einmal genauer ansehen.
Nach denselben Regeln: Nur Wahrheiten, es sei denn, Gerüchte
sind als solche gekennzeichnet - obwohl ich glaube, daß es
bei Clodia noch schwieriger wird, sich an diese Regeln zu halten.
Ich denke, daß wir mehr über sie gehört haben, als
wir über sie wissen. Aber laß mich beginnen. Sie war das
erste Kind von Appius Claudius und wurde von ihrer Stiefmutter
zusammen mit ihren Halbgeschwistern großgezogen - haben diese
Umstände sie stärker, verantwortungsbewußter und
unabhängiger gemacht? Reine Spekulation. Wir wissen, daß
sie jung geheiratet hat, noch bevor ihr Vater starb und die Familie
in einer finanziellen Notlage zurückließ; also konnte
sie eine gute Mitgift in die Ehe mit ihrem Vetter Quintus Metellus
Celer einbringen - was möglicherweise ihre Unabhängigkeit
erklärt, wenn es zu Auseinandersetzungen mit ihrem Mann
über Familienangelegenheiten oder politischen Fragen kam.
Offenbar hat sie sich in jedem Streit mit Celer auf die Seite ihrer
Geschwister geschlagen.«
    »Die Clodier
gegen den Rest der Welt«, sagte Eco.
    »Wenn du es so
formulierst, klingt es bewundernswert römisch. Könnte es
sein, daß all die Gerüchte über Inzest nur den Neid
weniger schöner und geliebter Außenseiter widerspiegeln?
Warum sollte man die Gerüchte über Clodias Unzucht und
ihren Inzest nicht bösartigen Zungen
zuschreiben?«
    »Du bist
derjenige, der den Nachmittag in ihren horti verbracht hat, Papa,
während sie nackte Männer bewundert
hat.«
    »Nun ja, es ist
wahr, daß sie wenig tut, um die Lügen über sie zum
Verstummen zu bringen. Und niemand bezweifelt, daß ihre Ehe
mit Celer stürmischer Natur war. Dafür gibt es jede Menge
Zeugen, einschließlich Cicero, der ein häufiger Gast in
ihrem Haus war, als er noch freundschaftlich mit den Clodii
verkehrte. Aber man sollte auch bedenken, daß Clodia und
Celer trotz ihrer Probleme zwanzig Jahre verheiratet geblieben sind
-«     
    »Bis Celer vor
drei Jahren auf mysteriöse Weise verstorben
ist.«
    »Ja, über
das Gerücht, sie hätte ihn vergiftet, haben wir schon
gesprochen. Es ist doch bemerkenswert, daß niemand je Anklage
gegen sie erhoben hat, wie es ein Verwandter Celers durchaus
hätte tun können, wenn es

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