Römischer Lorbeer
dich
herantreten.«
»Woran erkenne
ich ihn?«
»Er kennt dich.
Übrigens, Caelius’ Mittelsmann, der das Gift bringt,
heißt Publius Licinius. Kennst du ihn?«
»Ich glaube
nicht.«
»Macht nichts.
Wenn Clodias Gefolgsmann kommt, wird er dir Licinius
zeigen.«
»Und was
dann?«
»Laut
Caelius’ Plan muß Licinius das Gift an einen von
Clodias Sklaven übergeben. Sobald Licinius jedoch das
Döschen überreicht, werden einige von Clodias Freunden
ihn ergreifen und das Döschen aufmachen, damit jeder den
Inhalt sehen kann. Dann werden sie Licinius den Arm verdrehen, bis
er gesteht, was er vorhatte und wer ihn geschickt
hat.«
»Warum sollte er
gestehen?«
»Einige von
Clodias Freunden sind ziemlich gut im Armeverdrehen. Und das meine
ich durchaus wörtlich.« Chrysis lachte über ihren
eigenen Witz.
»Und was soll
ich tun? Ich bin ein Sucher, kein Ringer.«
»Du sollst als
Zeuge anwesend sein, der alles, was geschieht, bestätigen
kann.«
»Warum?«
»Clodia sagt, du
hast den Ruf, ein guter Beobachter zu sein.«
Wir folgten einem
gewundenen Pfad den Osthang des Palatins hinunter und
drängelten uns bald mit zahlreichen anderen Sänften vor
den Bädern des Senia. »Ich warte hier«, sagte
Chrysis. »Benachrichtige mich, sobald etwas passiert. Und
keine Ungezogenheiten mit den anderen Jungen.«
»Was soll das
heißen?«
»Ich bitte dich!
Wir wissen doch alle, was ihr Männer in den Bädern so
miteinander treibt.« Sie zog eine Braue hoch, eine von
Clodias Gesten imitierend.
»Sind alle
Sklaven im Haus deiner Herrin so unverschämt wie
du?«
»Nur ihre
Lieblingssklaven.« Chrysis kicherte und sah noch mehr aus wie
ein Kind.
Ich stieg die Stufen
hinauf und machte Belbo ein Zeichen, mir zu folgen.
Ich bezahlte den
Türsteher in der Halle, der Belbo ein Handtuch gab. Wir gingen
den Flur hinunter bis zu dem langen schmalen Umkleideraum mit
seiner kunstvoll kassettierten Decke und den langen Reihen von
Holzbänken. Besucher in diversen Stadien der Entkleidung kamen
und gingen. Eine Reihe vollständig bekleideter Sklaven stand
allein oder in kleinen Gruppen gelangweilt herum und wartete
darauf, daß ihre Herren ihr Bad beendeten. Jedesmal wenn die
schwere Holztür zu den Baderäumen aufging, hörte man
das Echo von Gesprächen und Gelächter, das sich mit dem
Geräusch platschenden Wassers vermischte. Der typische
Bädergeruch umfing mich - eine Mischung aus Schweiß und
Dampf mit einem Beigeschmack von Holzrauch aus den Öfen und
dem modrigen Hauch von Schimmel.
Ich wartete also
darauf, daß mich jemand ansprach. Schließlich kam ich
mir in meiner Straßenkleidung zu auffällig vor. Ich zog
meine Tunika aus und gab sie Belbo, der sie in einem der
Fächer an der Wand verstaute. Ich hob die Arme, und Belbo wickelte sein
Handtuch um meine Hüften. Ich streifte meine Schuhe ab und
stieß einen kleinen Seufzer aus, als meine nackten
Füße den Boden berührten, der wegen der darunter
liegenden Heißwasserrohre genau die richtige Wärme
ausstrahlte.
»Diesen Seufzer
kenne ich!« sagte eine Stimme neben mir. »Der Laut, den
ein Mann ausstößt, wenn seine nackten Zehen einen
beheizten Boden berühren.«
Ich drehte mich um und
nickte knapp, weil ich annahm, der Mann wäre bloß ein
weiterer Besucher; doch dann erkannte ich das Gesicht
wieder.
Der verzweifelte
Ausdruck war verschwunden, statt dessen umspielte ein
spöttisches Lächeln seine Lippen. Es war trotz seiner
Ausgezehrtheit und des stoppeligen Barts ein attraktives Gesicht,
auch wenn der Blick des Mannes so drängend war, daß es
mir schwerfiel, in seine braunen Augen zu blicken.
»Du warst
gestern abend vor meinem Haus«, sagte ich.
»Das war ich
wohl.«
Das war also die
Erklärung - er war Clodias Mann, den ich treffen sollte. Aber
warum war er mir dann die Rampe hinauf gefolgt und hatte oben
kehrtgemacht? Warum hatte er sich am Abend vor meinem Haus
herumgetrieben und war dann verschwunden, ohne sich
vorzustellen?
»Die Bäder
des Senia sind noch immer die besten von Rom«, sagte er,
während er sich sein feuchtes Haar abtrocknete. Er war nackt
und noch naß von seinem heißen Bad. Er hatte einen
geschmeidigen Körper, eine schmächtige Brust und kein
einziges Gramm Fett am Leib. Ich hätte seine Rippen
zählen können. »Das kalte Wasser ist wirklich kalt
und das heiße wirklich heiß. Außerdem liegen sie
nahe beim Forum, so daß man immer einen interessanten
Gesprächspartner trifft. Allerdings sind sie auch nicht weit
von der Subura
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