Römischer Lorbeer
du diese Sklaven findest?«
»Etwas in der
Art wurde erwähnt«, erwiderte ich voller Unbehagen.
»Doch vielleicht ergibt sich ja auch nichts von
Belang.«
»Das will ich
aber nicht hoffen. Wir brauchen handfestere Beweise. Clodias und
deine Aufgabe ist es, das Material gegen Caelius bezüglich des
Giftanschlags gegen Dio zusammenzutragen. Andere konzentrieren sich
auf die Verbrechen, die Caelius gegen die ägyptische
Gesandtschaft begangen hat, als diese auf dem Weg nach Rom war. Wir
können nur hoffen, daß dabei etwas Substantielleres
herausspringt. Zeugen! Das ist es, was wir brauchen.
Glaubwürdige Zeugen - wir könnten jetzt gleich übers
Forum gehen und fünfzig Männer finden, die
beschwören würden, daß Caelius schuldig ist, aber
sie wären in etwa so respektabel wie ein betrunkener General;
nichts schwächt eine gute Rede mehr als unglaubwürdige
Zeugen. Unser stärkstes Argument ist die Frage, die sich jeder
insgeheim stellt: Wenn Marcus Caelius Dio nicht ermordet hat, wer
war es dann?«
»Darüber
habe ich auch schon gegrübelt.«
»Wir wollen aber
nicht, daß die Richter ins Grübeln geraten. Sonst kommen
sie am Ende noch auf jemand anderen!« Clodius
grinste.
»Du glaubst
nicht an Caelius’ Schuld?«
»Natürlich
tue ich das«, erwiderte er scharf. »Du hast wirklich
keinen Sinn für Humor, was?«
»Wie kommt es,
daß ihr beide in die Affäre verwickelt seid? Du und
deine Schwester, meine ich.«
»Wir haben beide
unsere Gründe zu wünschen, daß Marcus Caelius
bekommt, was er verdient. Genau wie du,
übrigens.«
»Ich?«
»Caelius hat
deinen alten Lehrer ermordet. Bist du nicht deswegen hier? Dein
Grund ist persönlicher Natur, genau wie Clodias. Meiner ist
politisch. Jeder hat seine eigenen Motive. Aber was kümmert
das die Richter?«
Ich nickte. »Was
ich meinte, ist, tut ihr beide, du und deine Schwester, alles
gemeinsam?« Schon als ich es sagte, fiel mir der Doppelsinn
der Worte selbst auf, doch da war es bereits zu spät, sie
zurückzunehmen.
»Ich glaube, da
kommt unser Wein und unser Gebäck«, sagte
Clodius.
Chrysis stieg, ein
Tablett in Händen, die Stufen hinab, gefolgt von einer
weiteren Sklavin, die einen Klapptisch trug. Während sie
für uns auftrugen, verstummte der Gesang der Galloi erneut
für einen Moment, bevor er in einem anderen Tempo wieder
einsetzte. Die Priester intonierten jetzt einen neuen Choral, wenn
die jammernden Laute überhaupt eine erkennbare Melodie
darstellen sollten.
Clodius nippte an
seinem Becher und blickte nachdenklich vor sich hin. »Ich
kann nie Wein mit Honig trinken, ohne an die schlechten alten
Zeiten zu denken.«
»Die schlechten
alten Zeiten?« Clodia hatte einen ähnlichen Ausdruck
verwendet.
»Nach Papas Tod.
Die mageren Jahre. Als wir darauf warteten, daß er mit Wagen
voller Gold aus Makedonien heimkehren würde, während er
uns in Wirklichkeit einen Haufen Schulden hinterließ. Nun,
solche Krisen kommen in den besten Familien vor. Und ein Gutes
hatte es am Ende doch: Es hat uns enger zusammengeschweißt;
wir haben die Erfahrung gemacht, daß wir uns aufeinander
verlassen können. Clodia war die Älteste und
Aufgeweckteste. Sie war für uns andere wie eine
Mutter.«
»Du hattest doch
schon eine Mutter.«
»Clodia stand
uns näher als eine Mutter. Zumindest mir.« Er blickte in
seinen Becher. »Aber ich sprach über den
honiggesüßten Wein. Wir waren arm, mußt du wissen,
doch wir gaben in einem fort Abendgesellschaften. Diese
Gastmähler waren unsere Investition in die Zukunft. Meine
Schwestern brauchten Ehemänner. Meine älteren Brüder
mußten ihre Karrieren auf den Weg bringen. Deshalb die
Gesellschaften, jeden Abend. Für die Gäste Wein mit
Honig. Aber nicht für uns. In unsere Becher gossen die Sklaven
heimlich den billigsten Wein, den wir dann lächelnd tranken.
Die Gäste haben sich täuschen lassen und nie erfahren,
daß wir uns honiggesüßten Wein für alle nicht
leisten konnten. Das war eine hervorragende Schule für eine
Karriere auf dem Forum, wo man auch ein freundliches Gesicht machen
muß, wenn man etwas Unerträgliches zu hören
bekommt.«
Er führte den
Becher an die Lippen und trank; ich tat es ihm nach. »Der
Wein ist ausgezeichnet«, sagte ich. »Aber wenn deine
Schwester nicht da ist, gibt es für mich eigentlich keinen
Grund zu bleiben.«
Er zuckte die
Schultern. »Sie könnte jeden Augenblick
wiederkommen.«
»Wo ist
sie?«
»Wahrscheinlich
in ihren horti oder einen Besuch machen. Sie hat
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