Römischer Lorbeer
keine Sorge,
gegenüber meinen Freunden ist er vollkommen harmlos. O dieser
Lärm! Wenn diese Galloi nicht sowieso schon verrückt
sind, werden sie sich bis zum Einbruch der Dämmerung bestimmt
gegenseitig in den Wahnsinn getrieben haben. Kannst du dir
vorstellen, dich in einem Raum mit ihnen aufzuhalten? Welche
Göttin würde schon in einem Tempel wohnen wollen, in dem
ein derartiger Radau veranstaltet wird? Nun, was die Bäder
angeht…«
Ich erzählte
Clodius von der Farce, deren Zeuge ich geworden war. Er hörte
schweigend zu und tat nur hin und wieder seinen Ekel oder seine
Belustigung kund. »Dann ist Licinius also glatt
entwischt?«
»Ja.«
»Und mit ihm die
Pyxis?«
»Ich
fürchte ja.«
Er schnaubte
verächtlich. »Ich wünschte, ich wäre dabei
gewesen. Ich hätte Licinius an den Eiern gepackt und
zugedrückt, bis er ausgespuckt hätte, was er weiß.
Dann hätte ich ihm das Gift samt Pyxis in den
Schlund gestopft, hätte die Leiche bei den Fersen gepackt und
sie so vor Gericht geschleift - als Beweisstück der Anklage!
Du willst Beweise sehen, Cicero? Hier ist dein
Beweis!«
Der Äthiopier auf
der Bühne hörte den Ärger in der Stimme seines Herrn
und musterte mich, als würde er überlegen, welchen Arm er
mir zuerst brechen sollte. Ich rutschte unbehaglich auf der Bank
hin und her. »Deine Schwester wird vermutlich sehr
unzufrieden sein.«
Im Handumdrehen war
Clodius’ Gebaren wie verwandelt. Er lachte. »Darauf
würde ich nicht wetten. Sie liebt ein bißchen Drama,
mußt du wissen. Komödien gefallen ihr aber noch besser.
Sieh dir nur an, was sie aus diesem Garten gemacht hat. Sie hat ihn
in ihr privates Theater verwandelt, damit sie zur Unterhaltung
ihrer Freunde Schauspieler aus Ägypten auftreten lassen oder
zu Rezitations-Abenden des jeweiligen Dichters einladen kann, auf
den sie gerade ein Auge geworfen hat. Nein, wenn Clodia erst einmal
ein oder zwei unbezahlbare Vasen zerschlagen und ein paar Sklaven
eine ordentliche Tracht Prügel verabreicht hat, wird sie das
Komische an der Sache sehen. Nun, sieh einer an, wer da ist - und
gerade als meine Kehle trocken zu werden drohte.«
Auf dem Absatz der
Treppe unter der Venus-Statue war Chrysis aufgetaucht. Als sie uns
sah, wollte sie umkehren, doch Clodius klatschte in die Hände
und winkte sie zu uns herüber.
»Chrysis, meine
Liebe, bring uns ein wenig mit Honig gesüßten Wein - mir
ist nach etwas Lieblichem. Und vielleicht ein paar Datteln. Und ein
paar von den Kümmelplätzchen, die Clodias Koch immer
vorrätig hält. Wäre das genehm,
Gordianus?«
Ich nickte.
»Ist das dann
alles?« fragte Chrysis und schlug die Augen
nieder.
Clodius knurrte.
»Reiz mich nicht, Kleine.«
»Ich wollte dich
nicht reizen«, sagte Chrysis, die den Kopf weiter gesenkt
hielt.
»Harpyie! Geh
und hol Wein, bevor ich dich packe und an Ort und Stelle vor
unserem Gast vernasche. Oder noch besser, ich laß das den
Äthiopier machen, und Gordianus und ich sehen zu, wie ihr
beide auf der Bühne ein Baby macht.« Chrysis wurde
blaß und entfernte sich eilig. Clodius sah ihr nach und
murmelte: »So jung. Das kastanienbraune Haar, die blasse
Haut. Köstlich - ich sollte sie von oben bis unten mit Honig
übergießen und ablecken. Aber Clodia verbietet es.
Vermutlich glaubt sie, ich würde sie verderben. Vielleicht ist
Chrysis auch in den einen oder anderen Sklaven verliebt; was das
angeht, ist Clodia sentimental. Jedenfalls behalte ich meine
Hände bei mir. Meine Schwester und ich respektieren stets den
Besitz des anderen.«
Mir fiel auf,
daß der Gesang der Galloi einen Moment lang verstummt war.
Plötzlich hob er mit schrillem Pfeifen und Cymbelgeklirr
wieder an. Clodius verzog das Gesicht. »Nun, ich denke, wir
werden den Verlust der Pyxis verkraften«, sagte er und
betrachtete abwesend die Adonis-Statue. »Dieser
verrückte Versuch, Clodia zu vergiften, ist nur eine weitere
Bestätigung dafür, daß Caelius in Lucceius’
Haus bei Dio das gleiche versucht hat. Er hat Clodias Geld benutzt,
um das Gift zu kaufen und Lucceius’ Sklaven zu bestechen; sie
schöpfte Verdacht, und jetzt versucht er sie daran zu hindern
auszusagen, indem er sie vergiftet. Ein skrupelloser und
verzweifelter Mann - das ist das Bild, was wir für die Richter
zeichnen werden. Clodia sagt, du hättest ein paar Sklaven
aufgespürt, die Lucceius irgendwo in einer Mine versteckt
hat.«
»Schon
möglich.«
»Hat sie dir
nicht Silber gegeben, um sie zu kaufen, für den Fall,
daß
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