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Roemisches Roulette

Roemisches Roulette

Titel: Roemisches Roulette Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Caldwell
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drangehen.”
    Seit unserer Rückkehr hatte ich nicht besonders häufig mit Kit gesprochen. Sie verbrachte die meiste Zeit bei ihrer Mutter oder am Telefon mit Alain. Außerdem erinnerte Kit mich an Rom, und das wollte ich mir ersparen. Genauso, wie ich das Gemälde außer Sichtweite schaffen wollte, mied ich auch Kit.
    Nick und ich stiegen die Kellertreppe hinauf, durchquerten das von der Nachmittagssonne aufgeheizte Wohnzimmer und gingen nach oben in unser Schlafzimmer.
    Am Fußende des Bettes küssten wir uns leidenschaftlich und zogen einander aus.
    Wieder klingelte das Telefon. “Entschuldige”, murmelte Nick. Er drehte sich weg und warf einen Blick auf das Telefon auf dem Nachttisch. “Schon wieder Kit.”
    Ich biss sanft in die Haut über seinem Schlüsselbein. “Einfach ignorieren.”
    Doch eine Minute später klingelte das Telefon erneut.
    “Du solltest besser drangehen”, keuchte Nick. Sein Oberkörper war nackt und die Hose schon geöffnet.
    Ich stöhnte genervt, griff jedoch nach dem Hörer. Das bereits ausgezogene T-Shirt hielt ich mir vor die Brüste.
    “Rachel?”, fragte Kit.
    “Ach, hallo. Was gibt’s?”
    Sie fing an zu schluchzen.
    “Kit, ist was Schlimmes passiert?”
    “Meine Mom”, sagte sie weinend. “Das Schlimmste ist passiert.”
    “Wo bist du gerade?”
    “Im Krankenhaus.”
    Die Sonne knallte so heiß auf den Parkplatz des Chicago General Hospitals, dass meine Schuhsohlen auf dem weichen Asphalt regelrecht schmatzende Geräusche machten. Doch kaum hatten sich die Kliniktüren hinter mir geschlossen, fröstelte ich in der arktischen Kälte des klimatisierten Foyers.
    Ich schlang die Arme um meinen Oberkörper und merkte, dass ich keine Ahnung hatte, wo ich hinmusste.
    “Onkologie”, klärte mich die Frau an der Information auf und drückte mir einen Übersichtsplan des Krankenhausgeländes in die Hand. Das Chicago General war ein weitläufiger Komplex, der in unmittelbarer Nähe des Michigansees lag. Obwohl mein Ehemann dort arbeitete, kannte ich mich hier überhaupt nichts aus.
    Ich ging wieder hinaus in die stickige Nachmittagshitze. Mit Hilfe der Karte fand ich die Krebsstation und die Abteilung für Chemotherapie, wo Kits Mom, Leslie Kernaghan, vermutlich lag. Und dann sah ich Kit: Sie stand mit tränenüberströmtem Gesicht vor einem verglasten Raum.
    Bei meinem Anblick lächelte sie schwach. Auf ihrem Gesicht zeigten sich hektische Flecken und ihre Augen waren gerötet und wund, was ihren violetten Ton nur unterstrich. Ihr Haar war auf einer Seite platt gedrückt, als wäre sie gerade erst aus dem Schlaf hochgeschreckt.
    Ich umarmte sie und trocknete ihr dann mit den Fingern die Tränen. “Was ist passiert?” Ich blickte durch die gläserne Wand und sah Mrs. Kernaghan – oder zumindest ein verwelktes, graues Abbild ihrer selbst –, die auf einer Krankentrage lag und schlief. Aus ihrer Nase ragten Schläuche, und im Arm steckte ein intravenöser Zugang.
    Kit holte tief Luft. “Sie braucht morgen diese Behandlung. Eine neue Kombination aus Bestrahlung und Chemotherapie. Die ist zwar noch nicht ganz ausgereift, klingt aber vielversprechend. Das Problem ist nur, dass die Versicherung nichts mehr übernehmen will.” Kit hielt inne und wurde von einem Weinkrampf geschüttelt. Immer mehr Tränen kullerten über ihre Wangen. “Aber Alain hat mir angeboten die Kosten zu übernehmen.”
    “Wie lieb von ihm”, erwiderte ich.
    “Er sagte, er würde das Geld direkt überweisen, aber es ist nicht angekommen. Gestern meinte er dann, er will sich in den Flieger setzen und für die Behandlung herkommen. Und dass er sie bezahlen will.”
    “Wow.”
    “Ja, das hat sich wirklich toll angehört”, sagte Kit verbittert.
    Den Rest konnte ich erahnen. Kit erlebte immer wieder Situationen, in denen die Männer sie auf ganzer Linie enttäuschten. “Er ist nicht gekommen?”
    Sie schüttelte den Kopf. “Er sagte, er hätte Aufgaben in der Botschaft, die keinen Aufschub dulden, und dass es Probleme mit der Auslandsüberweisung gibt. Als meine Mom das mitgekriegt hat, bekam sie eine Panikattacke. Du hättest sie sehen sollen, Rach. Sie hat keine Luft mehr bekommen, und ihre Augen sind angeschwollen.”
    Ich legte den Arm um sie.
    “Jetzt ist sie wieder stabil”, fuhr Kit fort. “Ich habe den Arzt überredet, morgen die Bestrahlung zu machen, aber sie werden nie und nimmer mit der Chemo anfangen, solange wir nicht zahlen können. Dabei ist das vielleicht ihre letzte

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