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Roemisches Roulette

Roemisches Roulette

Titel: Roemisches Roulette Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Caldwell
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Kamera schien sie den Betrachter, schien sie mich anzustarren. Die Aufnahme war so gelungen, dass ich Kit Präsenz regelrecht fühlen konnte. Ich konnte sie murmeln hören:
Goldmädchen.
    Etwa sechs Meter vor der Grabstelle blieb ich stehen. “Ich kann das nicht”, flüsterte ich und wandte den Blick von den Fotos ab. “Ich kann das einfach nicht.”
    “Wovon sprichst du?”, flüsterte Nick zurück.
    “Das ist abscheulich.”
    Er fasste mich bei den Schultern. “Rach, hör mir zu. Wir sind hier. Das hier geschieht wirklich. Und ich weiß, dass es schwer ist, aber du bist stark. Ich bin für dich da.”
    “Aber ich soll etwas vortragen, und ich …”
    “Du wirst es vortragen und du wirst es gut machen. Sieh einfach mich an, während du da vorne stehst, okay? Sieh nur mich an. Ich werde dir helfen.” Als er lächelte, fühlte ich mich für einen kurzen Augenblick besser. Aber dann drehte ich den Kopf, und sah wieder, was mich erwartete. Bei der Vorstellung, auf diese Bilder und eine hölzerne Kiste zuzugehen, die meine ehemals beste Freundin enthielt, stieg Panik in mir auf.
    Ich wusste, das Kit tot war. Ich hatte ihren leblosen Körper gesehen. Aber während der vergangenen Tage hatte ich mich in eine Wolke der Depression gehüllt, die alles wie einen Traum hatte erscheinen lassen. Diese Beisetzung war jedoch verdammt real.
    “Lass uns nach Hause gehen”, flehte ich.
    “Das werden wir nicht tun. Die Leute würden unsere Abwesenheit bemerken.”
    “Meine Güte, Nick”, zischte ich wütend, “was ist das nur immer mit dir und den Leuten? Warum ist es dir so verdammt wichtig, was andere über uns denken?”
    “Weil wir – falls du es vergessen haben solltest – zum Mord an Kit befragt worden sind.” Sein Blick wanderte zu Kits Mom. Er winkte ihr und wandte sich dann erneut mir zu. “Jeder unserer Schritte wird genau beobachtet.”
    Ich drehte mich um und sah Detective Bacco und einen anderen Mann ans Grab treten.
    “Oh Gott”, stöhnte ich. Der Detective hatte uns nicht noch einmal zur Befragung vorgeladen. Soviel ich wusste, hatte er sich auch nicht bei Tom Severson gemeldet. Dennoch spürte ich, wie er unser Leben einkreiste.
    “Atme tief durch, Rachel, und dann gehen wir. Du schaffst das.”
    Ich gehorchte. Nick nahm meine Hand. “Denk daran, was ich neulich gesagt habe: Wir sind ein Team.”
    Ich nickte, erwiderte den Druck seiner Hand, und gemeinsam gingen wir zu Kits Mutter. Als ich eine halbe Stunde später von meinem metallenen Klappstuhl aufstand und zum Lesepult neben der Grabstelle ging, zitterten mir die Knie. Ich bemühte mich, den Sarg nicht anzusehen, doch das war ein Ding der Unmöglichkeit. Sein Holz hatte einen Rotstich. Der makabere Gedanke, dass er Kits Geschmack getroffen hätte, ging mir durch den Kopf; seine Farbe passte zu ihrem Teint.
    Ich spürte den Drang mich zu übergeben, aber ich presste die Lippen aufeinander und riss mich zusammen. Nur wenige Schritte, dann stand ich hinter dem Pult.
    Bei dem Trauergottesdienst waren nur etwa dreißig Gäste zugegen – Mrs. Kernaghans Schwestern, Nichten und Neffen, ein paar ehemalige Mitschüler Kits aus Highschool-Zeiten, einige Arbeitskollegen vom Goodman Theatre. Und selbstverständlich die Detectives, die wie Wachposten hinter der Trauergemeinde standen.
    Ich sah Nick an, um neuen Mut zu fassen. Er nickte.
Du schaffst das.
    Dann blickte ich zu Mrs. Kernaghan. Sie war einst eine robuste Frau mit derbem Humor gewesen. Stets hatte sie einen schlüpfrigen Witz auf Lager gehabt und auch die Kinder in der Nachbarschaft damit erheitert. Jetzt war sie schmal und sah ungepflegt aus: Ihre Haut war grau, und die blonde, schlecht sitzende Perücke hing zu tief über den verweinten Augen. Sie schnäuzte sich und als sie mich ansah, versuchte sie zu lächeln.
    Der Text war auf ein weißes Blatt Papier gedruckt, das mehrmals gefaltet war. Ich öffnete es und gab mir Mühe, mich auf die Worte zu konzentrieren. Es war ein Gedicht von Robert Frost: ‘Der unbegangene Weg’.
    “Es erinnert mich immer an Kit”, hatte Mrs. Kernaghan mir erzählt. Und als ich es las, hatte auch ich Kits Gesicht vor Augen. Sie hatte den einsamen Weg gewählt, so viel war sicher. Als Kinder waren unsere Leben nahezu identisch gewesen, doch anstatt sich einen netten Jungen zu suchen und sich mit ihm niederzulassen, ging Kit nach L.A. Sie folgte ihrer Leidenschaft.
    Während ich das Gedicht laut vorlas, schaute ich nicht auf, denn in meinem Kopf nistete sich der

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