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Roemisches Roulette

Roemisches Roulette

Titel: Roemisches Roulette Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Caldwell
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kommt innerhalb der nächsten Stunde frei.” Dann sagte er mir noch, ich solle auf der Treppe vor dem Gerichtsgebäude warten.
    Eine Minute später trat ich in die kalte Nachmittagssonne hinaus. Ich zwinkerte wie eine Blinde, die soeben ihr Augenlicht wieder gewonnen hatte. Die Jacke, die der Polizist am Vortag aus unserer Garderobe genommen hatte, war viel zu dünn für einen Dezembertag, und so begann ich sofort zu zittern. Auf den Stufen herrschte reger Betrieb. Einige Menschen betraten das Gericht, andere verließen es. Viele von ihnen waren offenbar Anwälte. Sie trugen schwere Mäntel über ihren Anzügen und betraten miteinander lachend und schwatzend das Gerichtsgebäude. Die Polizisten erschienen schweigsamer und erklommen die Stufen stets zu zweit. Außerdem waren da noch die Menschen von meinem Schlag – die anderen Angeklagten. Einige stahlen sich genauso wie ich aus der Tür, andere waren umringt von ihren Familien.
    Ich reckte den Kopf, um den Seitenstreifen erblicken zu können. Weit und breit keine schwarze Limousine. Ich ging die Treppe ein Stückchen weiter hinab und suchte die Straße in beide Richtungen mit den Augen ab. Ich sah Taxen, den einen oder anderen Mercedes und diverse Rostlauben – sie alle passierten das Gericht, aber eine Limousine war nicht darunter.
    Ich wartete fünf Minuten, dann noch mal fünf und zog mir die Jacke enger um den Körper. Nach einer Viertelstunde stieg Panik in mir auf, die ich niederkämpfte. Vielleicht könnte ich mir Geld für ein Taxi leihen. Aber von wem?
    Ich blickte mich um und erspähte eine Frau in meinem Alter, die mit zwei Männern die Stufen hoch kam. Sie trug einen roten, warmen Mantel und schwarze High Heels. Um den Hals hatte sie einen schwarzen Kaschmirschal gelegt, das sandfarbene Haar war zu einem hohen Pferdeschwanz gebunden. Sie sah so elegant aus, dass ich mich im direkten Vergleich mit ihr wie eine Schlampe fühlte. Dennoch wirkte sie wie jemand, mit dem ich hätte befreundet sein können. Einen Augenblick lang blieben sie und ihre Begleiter auf der Treppe stehen – anscheinend erzählte sie ihnen eine Geschichte – und ehe ich richtig darüber nachdenken konnte, ging ich auch schon zu ihr hinüber.
    “Ich schwöre euch”, sagte sie gerade, “Judge Tower kann seinen Arsch nicht von einem …”
    Als ich neben sie trat, hielt sie inne.
    Sie lächelte mich freundlich an. “Sie arbeiten nicht zufällig für Judge Tower, oder?”
    “Nein, ich … Entschuldigen Sie bitte die Störung. Sehen Sie, das alles ist mir furchtbar peinlich, aber ich warte darauf, dass mich jemand abholt”, erklärte ich und fügte hastig hinzu: “Mit einem Wagen.” Ich sah zur Straße. “Aber er bleibt verschwunden, und jetzt weiß ich nicht, wie ich nach Hause kommen soll. Na ja, und da habe ich mich gefragt, ob ich mir vielleicht zehn Dollar von Ihnen borgen könnte. Ich würde Sie Ihnen auch gleich morgen zurückgeben.” Ich war erstaunt, wie leicht mir die Worte über die Lippen kamen.
    Die Frau sah die beiden Männer an. “Wir sehen uns gleich drinnen, okay?”
    Sie nickten und gingen weiter.
    “Es tut mir wirklich leid, Sie zu belästigen”, entschuldigte ich mich.
    Sie schüttelte den Kopf. “Keine Sorge. Ist sonst alles in Ordnung? Ich meine, abgesehen von dem Geld? Sie sehen etwas verloren aus.”
    “Na ja, ich bin eben erst aus dem …” Ich blickte zum Gerichtsgebäude hinauf und Scham versiegelte meine Lippen.
    Ihr freundlicher Gesichtsausdruck blieb unverändert. “Schon gut. Ich weiß, wie das ist.” Sie nahm zwanzig Dollar aus ihrem Geldbeutel und gab sie mir.
    “Oh Gott, ich weiß gar nicht, wie ich Ihnen danken soll.”
    Sie hielt abwehrend eine Hand hoch. “Ehrlich, machen Sie sich darüber keine Gedanken.”
    “Ich danke Ihnen vielmals”, erwiderte ich mit einem leichten Zittern in der Stimme.
    “He, es wird sich schon alles zum Guten wenden.”
    “Wohin kann ich Ihnen das Geld schicken?”
    Aufs Neue griff sie in ihr Portemonnaie. “Vergessen Sie das Geld. Aber wenn Sie Hilfe brauchen, rufen Sie mich an.”
    Sie reichte mir eine eierschalenweiße Visitenkarte, die mit schokoladenbraunen Buchstaben bedruckt war:
Sharon Pate, Rechtsanwältin.
Ganz unten stand:
Spezialisiert auf Strafrecht.
    “Danke”, wiederholte ich. “Es war wirklich sehr freundlich von Ihnen, mir zuzuhören.”
    “Keine Ursache.” Sie sah an mir vorbei. “He, da kommt ein schwarzer Lincoln.”
    Der schwarze Wagen fuhr auf den Seitenstreifen. Hinter

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