Roen Orm 3: Kinder des Zwielichts (German Edition)
verpflichtend, allerdings wurde er selten weggelassen. Sie runzelte kurz die Stirn, womöglich kannte sie den Treueeid auf andere Weise? Doch da erhellte ein Lächeln ihr wunderschönes Gesicht, das auch ihre dunklen Augen zum Leuchten brachte. Pera griff nach seiner freien Hand, verschränkte ihre Finger miteinander und sprach mit leicht heiserer Stimme, die Jordre durch und durch ging: „Ich schwöre, dass ich ohne Zwang und freien Herzens gebunden werden will. Ich schwöre dir Treue, Achtung und Ehrlichkeit. Ich schwöre, dir ein warmes Heim zu schaffen, und dass ich an deiner Seite leben und arbeiten will, bis der Tod unsere Bindung löst. Ich schwöre, dass ich dich liebe, Jordre von Eran.“
Er musste heftig schlucken, um seine Gefühle unter Kontrolle zu halten – konnte es wahr sein? Geschah dies wirklich, war es kein Traum? Langsam beugte er sich vor, ließ ihr Zeit, auszuweichen, falls sie dies nicht wollte. Doch Pera wich nicht zurück, sie kam ihm entgegen, bis sich ihre Lippen zu einem vorsichtigen, sehr sanften Kuss trafen. Trunken vor Glück kostete Jordre diesen wunderbaren Moment aus, hielt sie fest im Arm, während er sie behutsam küsste.
„Ich bin noch unberührt“, wisperte sie an seinem Hals, als sie sich von ihm gelöst hatte.
Jordre überdachte hastig jede denkbare Antwort. Es war sehr ungewöhnlich, dass eine Frau in Peras Alter noch unschuldig war, zumindest in Eran.
„Bei mir zuhause gab es niemanden, den ich näher an mich heranlassen wollte. Einige haben es versucht, die mussten doppelt leiden – erst bekamen sie von mir Prügel, dann von Ivron.“ Sie lachte leise, drückte sich dabei noch enger an ihn heran. Jordre wurde es heiß. Pera mochte niemals zuvor das Bett mit einem Mann geteilt haben, scheu oder unwissend wirkte sie aber keineswegs … Konnte es sein, dass sie nur auf ein Zeichen von seiner Seite gewartet hatte?
„Jordre, womöglich ist das hier das letzte Mal, wo wir uns unbeobachtet nah sein können. Falls Ledrea nicht zurückkommt, werden wir sterben, das ist gewiss. Bitte …“ Ihre Händen schoben sich ein wenig zögerlich unter seinen Überwurf, kühle Finger auf seiner erhitzten Haut. Es war Wahnsinn. Dummheit. Leichtsinn.
Vielleicht wirklich unsere einzige Gelegenheit!
„Lass uns wenigstens einen besseren Ort suchen, auf dem Felsen ist es wirklich unbequem“, flüsterte er, stand auf und hob sie auf seine Arme. Sie war kleiner als er und recht zierlich, es fiel ihm nicht schwer, sie ein Stück weit den Hang hochzutragen, wo er eine flache, geröllfreie Stelle sah, die einigermaßen geeignet schien. Hier auf dem steinernen Untergrund gab es keinerlei Pflanzen oder Chimären.
Jordres Erfahrungsvorsprung war nicht allzu groß, die meisten Mädchen und jungen Frauen in Eran hatten ihn, den Fremdling, eher gemieden. Er war sich nicht sicher, ob er der Verantwortung gewachsen war, Pera in die Liebe einzuführen. Ein Blick in ihre strahlenden Augen genügte allerdings, ihn in ihre Arme zu treiben. Der zweite Kuss war weniger sanft und unschuldig als der erste. Pera erstarrte erst ein wenig, als er mit der Zunge über ihre Lippen fuhr, doch dann öffnete sie sich ihm und ließ all seine Ängste und Bedenken mit überraschender Leidenschaft verglühen. Als er sie betrachtete, schenkte sie ihm ein selbstvergessenes Lächeln, zitterte allerdings auch ein wenig.
„Fürchtest du dich?“, flüsterte Jordre. Innerlich ohrfeigte er sich für die dumme Frage – selbstverständlich fürchtete sie sich. Zumindest ein bisschen. Er hatte sich selbst vor seinem ersten Mal gefürchtet, unsicher, was ihn erwarten würde und ob er es richtig machen konnte. Sie nickte leicht und schüttelte zugleich den Kopf.
„Sei bitte nicht zu schnell.“
Er strich sanft über ihre Wangen. Sie war so schön, so atemberaubend schön! Selbst, wenn sie ihn nicht aus vollem Herzen lieben sollte, sie wollte ihn. Für sie war er kein Fremder mehr, der ihr aufgezwungen worden war, so wie alle daheim in Eran ihn gesehen hatten. Trotz der kurzen Zeit, die sie nur miteinander verbracht hatten, gab es da ein Band von Freundschaft und Vertrauen zwischen ihnen. Jordre würde nichts tun, um dieses Band zu gefährden. Er würde eher sterben, als ihr weh zu tun!
Er beugte sich über sie, um sich einen weiteren Kuss zu stehlen. In ihren Augen sah er nichts als Vertrauen. Pera atmete nun rascher, und ihre Wangen waren leicht gerötet. Als sie sich mit der Zunge über die Lippen fuhr, um sie zu befeuchten, lief
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