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Roen Orm 3: Kinder des Zwielichts (German Edition)

Roen Orm 3: Kinder des Zwielichts (German Edition)

Titel: Roen Orm 3: Kinder des Zwielichts (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Balzer
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er sich selbst gestalten würde, mit Rynwolf als eifrigem Diener. Der Erzpriester würde den Plan lieben, das war gewiss.
     
     

19.
     
„Erkenne dich selbst, und du gewinnst die Welt hinzu.“
Sinnspruch der Loy
     
     
Janiel lauschte sorgfältig, bevor er die schwere Eichentür verschloss. Zur Sicherheit schob er noch einen Stuhl davor und verriegelte die Läden vor den Fenstern. Erst dann fühlte er sich einigermaßen sicher in seiner eigenen kleinen, spärlich eingerichteten Kammer. Rynwolf war beim König, wie jeden Abend seit den vergangenen zwei Wochen. Alle anderen Priester, die ihm gefährlich hätten werden können, befanden sich im Tempelheiligtum oder irgendwo in Roen Orm. Niemand durfte spüren, dass er Erdmagie benutzte!
Sie misstrauten ihm nicht mehr, Rynwolf hatte ihn sogar mehrmals öffentlich für seinen Fleiß und Gehorsam gelobt. Da der Erzpriester selbst ein großes Talent für Luftmagie besaß, ermutigte er Janiels neu erwachtes Bestreben, in diesem Bereich Fortschritte zu machen. Aber es gab keinen Zweifel, sollten sie ihn dabei erwischen, wie er trotz Ermahnung und speziellen Lehrstunden Erdmagie wirkte, würden sie ihn foltern und auf dem Scheiterhaufen verbrennen. So wollte es das Gesetz.
Inani hatte Recht. Was will ich hier eigentlich noch? In einer Gemeinschaft, in der ich jeden Atemzug lang fürchten muss, angeklagt und hingerichtet zu werden, nur, weil ich mit dem Talent geboren wurde, die Macht der Erde zu erspüren.
Es fiel ihm so leicht, die mittlerweile vertrauen Muster zu rufen. Er sah die magischen Kraftlinien, die alles um ihn herum durchzogen. Was wollte er versuchen? Seit Tagen hatte er nichts anderes gewagt, als immer wieder das Muster zu studieren und sich von den Kräften, die aus allen erdgeborenen Energien entstanden, durchströmen zu lassen. Janiel wusste, dass er gesünder aussah, es tatsächlich auch war. Stärker, körperlich und geistig. Sein Haar war kräftiger und etwas dunkler geworden, es wuchs schneller – dagegen musste er angehen, sonst würde Rynwolf sehr rasch herausfinden, was mit ihm vor sich ging.
Janiel zögerte. Er wollte nicht schon wieder kostbare Zeit damit verschwenden, die Magie nur zu fühlen. Wie sollte er so lernen? Sich entwickeln?
Ich brauche einen Mentor. Jemand, der mir hilft, mir zeigt, was möglich ist, was wirklich in mir steckt.
Inani?
Unwillkürlich strich Janiel über die Narben an seinen Handgelenken. Er trug tagsüber Ledermanschetten, um die flammenden Inschriften zu verbergen, doch hier, wenn er ganz allein war, warf er diese fort. Wie sehr er wünschte, mit ihr zu sprechen! Sie beherrschte seine Träume, und auch im Wachen drängte sich die Erinnerung an ihr wunderschönes Gesicht immer wieder in seine Gedanken. Die Begegnungen mit ihr waren allesamt schmerzhaft und aufwühlend gewesen.
Traumatisch trifft es wohl eher … diese Frau ist eine Bestie! Wild, rücksichtslos und absolut tödlich.
Janiel lächelte. Ja, Inani war ein Raubtier. Ti mochte wissen, warum sie ausgerechnet ihn als Beute ausgewählt hatte.
Seufzend lehnte er den Kopf gegen die Wand. Nein, er würde sie nicht rufen. Es wäre leicht, er wusste es. Sie würde zu ihm kommen und ihn alles lehren, worum er sie bat, da war er sich sicher. Aber so wollte er ihr einfach nicht gegenüber treten. Nicht so unwissend, in allem auf sie und ihre Erfahrung, ihr Können angewiesen. Sein Leben lang hatte man ihm erzählt, wie viel Kraft in ihm steckte, welches Potential er doch besaß. Unentwegt hatte er sie alle enttäuscht. Seinen Vater. Garnith. Rynwolf. Nie hatte er beweisen können, dass er ihr Vertrauen verdient hatte, dass er leisten konnte, was sie von ihm erwarteten. Inani wollte er zeigen, dass er wirklich der Mann war – oder zumindest werden konnte –, den sie wohl in ihm sah.
Wenn ich nur wüsste, was sie in mir sieht? Ti, warum nur? Die schönste, faszinierendste Frau unter deinem feurigen Antlitz hat sich mir zu Füßen geworfen und wäre freiwillig durch Folter und Flammen gestorben, wenn ich sie nicht erhört hätte. Warum? Warum ich? Was habe ich getan, um das zu verdienen?
Ob er die Nebelpfade beschwören könnte? Dazu war mehr nötig als die Kraft der Erde. Janiel zögerte. Hier im Tempel gab es nichts mehr für ihn, außer dem Tod, denn er wollte nicht länger unterdrücken, was und wer er war. Auf normalem Weg konnte er Roen Orm nicht verlassen, Rynwolf würde es sofort wissen und ihn verfolgen. Über diese geheimnisvollen Nebelwege, die von den Hexen

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