Roen Orm 4: Herrscher der Elemente (German Edition)
Janiel, schützte seinen Kopf mit ihrem Körper. Kämpfen konnte sie nicht mehr, lediglich bis zum letzten Atemzug dieses junge Leben verteidigen, das sie nicht aufgeben wollte. Dann erkannte sie das Pantherweibchens, und sank erleichtert in sich zusammen.
„Wo ist Inani, bist du ihr voraus gelaufen? Sie muss sich beeilen, sonst ist es zu spät für ihren Liebsten“, flüsterte sie der Leopardin zu. Die große Raubkatze kam zu ihr, rieb den Kopf an Janiels Hals, bevor es Kythara mit starrem Blick fixierte. Sie öffnete sich den Gedanken dieser Seelenvertrauten, ihrer Trauer und Sorge.
„Also ist alles verloren“, dachte sie, zu erschöpft, um noch Schmerz zu fühlen. „Ohne Inani ist alles verloren. Und Corin …“
„Solange sie atmet, wird sie kämpfen. Solange ich atme, werde ich kämpfen. Kämpfe du, Hexenkönigin, kämpfe um den Mann. Inani will es“, fauchte die Leopardin in ihrem Bewusstsein.
Kythara nickte und drängte Schwäche und Trauer zurück. Sie konnte weder Inani noch Corin beistehen, doch für Janiel bestand Hoffnung. Vielleicht kehrte Inani um, wenn sie Janiel spürte? Kurz sammelte sie alles, was sie an Erdmagie in sich fand, schenkte dem Verletzten ihre Kraft, bis sich die Welt vor ihr zu drehen begann und sie aufhören musste, bevor ihr das Blut in den Adern verkochte. Es schien ein wenig geholfen zu haben, Janiel atmete ruhiger, die Blutungen verhielten. Überleben würde er nicht, aber zumindest etwas länger durchhalten, womöglich sogar, bis eine Pya-Tochter kam, die ihn heilen konnte. Er schlug die schweren Lider auf und starrte verständnislos in ihr Gesicht.
„Inani …“, wisperte er. „Sie antwortet nicht mehr …“
„Sie lebt“, erwiderte Kythara mühsam. Die Leopardin drängte sich an Janiels Seite. Sie konnte den jungen Mann nicht heilen, ihm keine Lebenskraft schenken, nur mit ihrer Nähe trösten. Wie sollte Kythara ihn retten? Ratlos schaute sie von seinem schmerzverzerrten Gesicht zum Pantherweibchen. Da kam ihr ein tollkühner Gedanke. Was wäre, wenn …
„Was siehst du, nachts in deinen Träumen? Welche Augen verfolgen dich seit du denken kannst, von frühester Kindheit an?“
Er schwieg, zeigte nicht einmal, ob er ihre Frage überhaupt gehört hatte. Kythara packte ihn an den Schultern und schüttelte ihn grob durch.
„Janiel, es ist wichtig. Denk nach! Was siehst du in der Dunkelheit? Wenn du vor Angst oder Schmerz nicht weiter weißt, was siehst du dann?“
Noch immer starrte er blicklos an die Decke, und wären da nicht die langsamen Atemzüge gewesen, Kythara hätte ihn für tot gehalten.
„Verdammt, Inani hat keinen Schwächling verdient! Sprich mit mir, sonst kann ich dir nicht helfen!“, flehte sie, verzweifelt und wütend zugleich.
„Ein Wolf …“ Die Worte glitten so leise über seine Lippen, dass Kythara nicht einmal sicher war, sie wirklich gehört zu haben.
„Ein Wolf? Janiel? Du siehst einen Wolf?“
„Ein grauer Wolf. Beobachtet mich im Schlaf …“ Langsam wandte er den Kopf zu ihr, betrachtete sie mit starren, leeren Augen. Kythara atmete tief durch und versuchte sich zu sammeln. Ein Wolf als Seelenvertrauter, das war ungewöhnlich. Oder zumindest wäre es für eine Hexe höchst ungewöhnlich gewesen. Janiel war ein Mann, ein Ti-Geweihter, für ihn war ein Wolf schon fast erstaunlich normal.
„Ein Wolf“, wisperte er. „Und ein weißer Vogel, ein großer … größer als Adler … Kenne ihn nicht, nur im Traum …“
Kythara lachte innerlich. Natürlich. Zwei Seelenvertraute, warum wunderte sie das jetzt nicht?
„Konzentriere dich auf den Wolf. Rufe ihn, du brauchst ihn an deiner Seite!“
„Wie?“
Sein Gesicht war aschgrau, bis auf ein helles Dreieck um Mund und Nase. Sie spürte den kalten Schweiß auf seiner Haut, und die Art, wie seine Atmung mal schneller, mal langsamer wurde, verhieß nichts Gutes.
„Bleib bei mir, verflucht!“ Sie schlug ihm mit der flachen Hand ins Gesicht. „Ruf den Wolf! Halte dich an seinem Bild fest, flehe ihn um Hilfe an. Janiel, hörst du mich?“
Er schloss die Augen, einen Moment lang verfiel Kythara in Panik. War es schon zu spät? Die Zeit lief davon, womöglich hatte Inani ihren Tanz bereits begonnen! Die Leopardin fauchte grollend, sie war ein sicheres Zeichen, dass Inani noch lebte.
„JANIEL?“
„Hör auf mich zu schlagen, ich rufe den Wolf“, wimmerte er fast unhörbar.
Erleichtert sank sie zur Seite. Ihre eigenen Verletzungen fraßen ihre letzten verbliebenen
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