Roen Orm 4: Herrscher der Elemente (German Edition)
berührte den Splitter. Thamar blieb ein winziger Augenblick, in dem er über diesen mystischen, bizarren Moment lachen konnte. Man trug ihn zu seiner eigenen Beerdigung, er nahm Abschied von denen, die zurückblieben und wartete nun geduldig auf seine Wiedergeburt in der Zeit, aus der er gekommen war. Dann erstrahlte seine Welt in gleißendem weißblauem Licht, und er wusste nichts mehr.
24.
„Wenn ich nur wüsste, was ich nicht weiß, dann wüsste ich, warum ich zweifle.“
Zitat aus: „Der Ruf des Korabal“, Komödie von Shila von Erten
Aufmerksam beobachtete Chyvile aus einem sicheren Versteck heraus die drei Gefährten, die magisch geschützt schliefen. Wenn sie nur wüsste, ob sie zu ihnen gehen und sie führen sollte, oder lieber weiterhin Osmeges Blick von ihnen ablenken, der inzwischen beinahe wieder zu alter Stärke gefunden hatte – beinahe. Sie wusste, was Ledrea getan hatte, ihr Herz weinte um die unglückliche Elfe. Warum nur hatte es keine andere Möglichkeit gegeben? Zumindest würden Pera und Jordre sich dank Ledrea an ihre vergangenen Leben erinnern, vielleicht brauchten sie bald weder Führung noch Schutz. Chyvile war der Elfe dankbar für ihr Opfer, das Osmeges Aufmerksamkeit fesselte.
Sie schwamm in einen von Osmeges Gedanken, auf der Suche nach Ärger. Es fiel ihr zunehmend schwerer, sich selbst vorzulügen, dass sie keinesfalls den Tod suchte – aber wenigstens schlummerte noch eine Menge Zorn in ihr, nicht die leere Verzweiflung, in der Ledrea geendet war.
„Chyvile! Schon wieder? Du wirst ungeschickt.“ Osmege spottete, doch nicht mit der gewohnten Kraft.
„Oh, ich wollte nur vorbeisehen, wie es dir so geht.“ Sie musste sich, wie erwartet, rasch gegen unzählige Chimären zur Wehr setzen.
„Du willst mich von den drei Orn ablenken? Sei unbesorgt, sobald ich diese Elfe aus ihrem Strudel geholt habe, werde ich dich und deine Freunde von ihrem Elend erlösen.“
„Dann sehe ich ja einem langen, erfüllten Leben entgegen!“ Chyvile fluchte unterdrückt, als sie mehrere Famárkrieger bemerkte, die zu ihr kamen und die Flut der Chimären teilten.
„Entschuldige, Osmege, ich werde mich später weiter mit dir unterhalten, jetzt muss ich kurz etwas erledigen!“
„Was hindert mich eigentlich, dich zu vernichten?“, hörte sie ihn fragen. Es klang nachdenklich, nicht höhnisch, was seltsam genug war. „Warum habe ich dich nicht bereits vor langer Zeit getötet?“
„Ich amüsiere dich. Wenn du mich beseitigst, ist der Widerstand der Famár beendet. Und was willst du danach noch tun?“ Chyviles Gebeinschwert fuhr durch die Chimären, die seltsam zögerlich vordrangen.
„Wenn es keine Famár mehr gibt, ist mein Volk befreit. Dann bedroht niemand mehr die Orn und ich kann sie zu neuer Blüte führen.“
„Das glaubst du selbst nicht!“ Sie schnaubte verächtlich, während sie ihren Kriegern den Befehl zum Rückzug gab.
„Warum sonst sollte ich so unendlich lange Zeit gekämpft haben? Sieh doch, wozu du und die Elfen mich gezwungen haben! Warum sonst sollte ich seit Ewigkeiten diesen Drachen gefangen halten statt ihn zu töten? Ich muss euch vernichten, die Prophezeiung zerschlagen, mein Volk befreien!“
„Na, dann wünsche ich dir viel Erfolg“, fauchte Chyvile und schickte einen magischen Stoß durch die geistige Verbindung, was Osmeges Blut für einen Augenblick im wahrsten Sinne des Wortes zum Kochen brachte. Unwillig suchte sie sich einen Fluchtweg. Wie sehr sie dieses wahnsinnige Geschöpf hasste! Wie sehr sie es bemitleidete! Es war so ermüdend, dieser unentwegte Kampf …
~*~
Chelsa erwachte als Erste an diesem Morgen, etwas, was ihr nicht gefiel, denn so war sie allein mit ihren Gedanken und Ängsten in dieser schrecklichen, fremden Wildnis. Wie sehr sehnte sie sich nach Merpyn! Dort war sie auch immer allein gewesen, aber zumindest kannte sie sich dort aus. Ein Zuhause, das einzige, das sie besaß. Es hatte ihr Sicherheit gegeben und die Fren hatte sie beschützt. Jetzt war sie dort, wo sie niemals hatte sein wollen und die Elfe war verschwunden. Keine Sicherheit mehr.
Sie betrachtete Jordre. Der junge Mann schlief, er lag dicht genug neben Pera, um sie zu berühren. Das sollte also der Geliebte sein, für den sie – oder eher gesagt, ihr angeblich wahres Ich – so viel Leid auf sich genommen hatte.
Er sieht gut aus.
Sofort schämte sie sich für diesen Gedanken. Jordre war verheiratet,
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