Roen Orm 4: Herrscher der Elemente (German Edition)
das Opfer, das er zu bringen bereit ist, sichert dein Leben.“
Er schrie vor Angst, als die Klaue sich um ihn schloss und ihn von Maondny fort trug.
„Ich liebe dich, Thamar. Dir wird nichts geschehen, bitte, vertraue mir noch ein einziges Mal!“
„Verstehe, was ich tun muss, Freund meiner Kinder“, dröhnte nun die Stimme des Vogels in seinem Kopf . „Das Geschöpf, das dich herbrachte, könnte dich auch zurückbringen in deine Zeit und Welt. Aber in ihren funkenglühenden Gedanken sah ich, dass du sterben würdest in dem Augenblick, sobald dein Körper sich vom Splitter der Götter trennt. Ich werde dich beschützen, durch alle Zeitalter, um mit dir gemeinsam zu erwachen in der Welt, die noch kommen wird. Ich verlasse mein Volk, um meine Kinder mit dir gemeinsam retten zu können. Sie bat mich um dieses Opfer und ich werde es voller Freude darbringen, für die Götter und aus Dank für das Wissen, was ihr beide uns geschenkt habt.“
Thamar klammerte sich an die Krallen des riesigen Vogels.
„Darum wusste Maondny nicht genau, was geschieht? Weil es nicht
sicher war, dass du dein Volk verlässt? Weil ich hätte sterben können?“
„Ja. Sie konnte es dir nicht vorher sagen, wie groß die Gefahr wirklich für dich war, sonst hätte Angst dich zu sehr gelähmt. Ich hätte dann gewiss deine Gedanken nicht verstanden und dich getötet. Ich bin stolz, dich beschützen zu dürfen, Herrscher der Elemente!“
Dieser Titel verblüffte Thamar so sehr, dass er nicht einmal wagte, ihn zu hinterfragen.
Der Vogel landete elegant auf einem Felsen hoch über dem Meer, wo er Thamar behutsam ablegte.
„Du musst dich mir anvertrauen. Ich weiß, dass du keine eigene Macht besitzt und nicht im Wasser atmen kannst. Wehre dich nicht, ich werde deinen Leib lebendig halten.“
„Oh, wenn du mir nur kurz sagst, was jetzt auf mich zukommt, ich meine, ich bin an magische Angriffe aller Art gewöhnt, aber ich weiß gerne vorher …“, begann Thamar ebenso hastig wie vergeblich. Der Vogel streifte mit dem Flügel über sein Gesicht. Starke magische Energie pulsierte durch Thamars Adern, nahm Besitz von seinem Körper und Geist. Er konnte sich nicht mehr bewegen, weder sprechen, nicht einmal klar denken. Leider nahm es ihm nicht die Angst, darum durchlitt er einen Anfall schierer Panik, der ihn womöglich endgültig um den Verstand gebracht hätte, wäre da nicht Maondnys Stimme gewesen:
„Bald wirst du schlafen, und was eine Ewigkeit ist, in nur einem Moment durchleben. Vertraue mir, ich liebe dich und werde dich bei jedem deiner Schritte und allem, was folgen wird begleiten. Du bist nicht allein.“ Thamar spürte ihre Nähe, ihr vertrautes Bewusstsein, und seine Seele fand zur Ruhe. Gleichgültig was geschah, er liebte Maondny und vertraute ihr blind.
Der Vogel ergriff ihn erneut und stürzte sich die Klippen hinunter, kopfüber in das dunkle Wasser. Thamar spürte nichts davon, weder Kälte noch Schmerz. Fasziniert sah er etwas auf dem Meeresgrund leuchten und erkannte den Splitter der Pya. Lebendige Macht strahlte von ihm aus, ansonsten war er ein dunkler, glatter Felsen, wie es unzählige hier unten gab. Nichts erinnerte an die verkrüppelte, tote Eiche, die einst aus ihm werden würde – geworden wäre.
„Unsere Magie wird ihn verstecken für alle, die nicht wissen, was er ist. Er wird für diejenigen, die ihn bewusst sehen, die Form annehmen, die sie erwarten zu finden. Dieser Splitter ist nichts, was sterblich Geborene begreifen können“, sagte der Vogel. Von überall tauchten nun Wesen der Tiefe wie auch die geflügelten Himmelsgeschöpfe auf, von denen einige durchaus weit entfernte Ähnlichkeit mit einem Loy besaßen. Sie umringten den Splitter, begleiteten den Vogel mit klagenden Lauten. Thamar erschrak, als er dem Splitter näher kam und sah, dass etwas in ihm eingeschlossen war.
„Das bist du. Etwas von dir wird für alle Zeiten in diesem Splitter bleiben und schlafen. Sieh hin, auch ich bin bereits dort.“
Tatsächlich – Thamar sah sich selbst in diesem pulsierenden Stein, in tiefem Schlaf, sicher geborgen in den Klauen des Vogels, der ebenfalls ruhte. Der klagende Abschied der Geschöpfe hallte dumpf durch das Wasser. Die Trauer riss ihn mit, sie bewegte sein Herz. Gerne hätte er mit ihnen gerufen, doch da er es nicht konnte, versuchte er, sie seine Gedanken von Dankbarkeit und Bedauern fühlen zu lassen.
„Sie wissen, was du empfindest. Auf bald, Geliebter“, flüsterte Maondny. Der Vogel
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