Roen Orm 4: Herrscher der Elemente (German Edition)
Tür hinaus, vorbei am Wächter, der nicht auf die winzigen Gestalten achtete … Ja, damit wäre man schon außerhalb von Malaby“, murmelte sie, den Blick in die Ferne gerichtet. „ Und hinauf ging der Weg, immer hinauf, vorbei an den Brücken und vorbei an den endlos Schlafenden …“
Ratlos schüttelte sie den Kopf. „Ich erinnere mich nicht sehr gut, und ich weiß nicht, was mit den endlos Schlafenden gemeint ist. Das hat glaube ich noch niemand enträtselt. Zu einfach kann es auch nicht sein, sonst hätte man den Regenbogenstein längst gefunden und nach Malaby gebracht, nicht wahr?“
Niedergeschlagen nickte Eiven ihr zu. „Können wir uns zu diesen Brücken schleichen, ohne von deinen Leuten erwischt zu werden? Weißt du, wo die sind?“, fragte er ohne Hoffnung.
Doch Avanya nickte sofort: „Können wir, wenn wir sehr vorsichtig sind. Die Brücken befinden sich in einem Tunnelabschnitt, den niemand mehr benutzt, nachdem von dort häufig Angriffe der Chyrsk erfolgt waren. Dort wurde einiges zerstört, man hat mehrere Haupttunnel versiegelt.“
„Möglicherweise können wir also gar nicht mehr zum Stein gelangen?“
„Doch. Ich kann ein Nola-Siegel jederzeit lösen. Komm!“
Avanya kauerte am Boden, Eiven spürte ihre Anspannung.
„Wir sind da!“, wisperte sie ihm zu. Ihm war ebenso klar wie ihr, dass sich Noliwächter in der Nähe befanden, Malabys Tore lagen kaum ein Steinwurf hinter ihnen. Es war schwierig genug gewesen, sich an ihnen vorbeizuschleichen, ohne entdeckt zu werden. Vor ihnen öffnete sich ein Abgrund, dessen Tiefe in der lichtlosen Finsternis so wenig zu bestimmen war wie die Entfernung zur anderen Seite. Avanya strahlte einen Hauch von Licht aus, der gerade genügte, dass sie beide sich orientieren konnten.
„Es gibt noch mehr Brücken, hier und an anderen Stellen. Sie dienen der Verteidigung von Malaby, und dem Zugang zu den Kristallfeldern. Ich denke aber, wir sind richtig, ich glaube zu wissen, wer mit den ewig Schlafenden gemeint ist.“ Sie zögerte noch einen Moment, dann nickte sie Eiven zu. „Sicherer als jetzt wird es nicht.“
„Warte, wir müssen nicht die Brücke nehmen.“ Bevor Avanya ihn abwehren konnte, hatte Eiven sie gepackt und flog mit ihr in die Dunkelheit hinein, über den Abgrund. Warme Aufwinde halfen ihm, die rund zweihundert Schritt rasch zu überwinden.
„Ich hasse das!“, wisperte Avanya, als er sie wieder auf festen Boden absetzte. Sie hatte die Augen fest geschlossen, ihr inneres Licht flackerte leicht.
„Du hast dir einen Geflügelten zum Freund gesucht, da musst du mit solchen Überraschungen einfach rechnen“, sagte er, umarmte sie und gab ihr einen innigen Kuss. „Wird es gehen?“
„Sicher. Ich werde mich rächen, mein Lieber, die Tunnel, die auf uns warten, sind ausgesprochen eng und niedrig!“, knurrte sie, aber er hörte das Lachen in ihrer Stimme.
„Komm, bevor die Wächter uns doch noch hören!“
Sie folgten dem Weg, der hinter der Brücke begann. Avanya hatte nicht übertrieben, er führte durch Gänge, die sehr niedrig waren. So sehr, dass es Eiven fast alles kostete, was er an Selbstbeherrschung aufzubieten hatte, um sich hindurchzuquälen. Dafür musste er noch mehr als einmal seine Flügel nutzen, um Abgründe zu überwinden.
Nach einer gefühlten Ewigkeit gelangten sie an den Fuß eines Tunnels, der steil nach oben führte. Links und rechts ragten seltsame Statuen auf, halb verwitterte Gestalten, die entfernt an gesichtslose Chyrsk erinnerten.
„Niemand weiß mehr, was sie genau darstellen sollen. Es existieren Zeichnungen und Erzählungen von ihnen, gesehen hat sie seit Ewigkeiten niemand mehr. Sie haben keine Augen, deshalb sind sie untauglich als Wächter. Im Dialekt der Nola bedeutet Wächter so viel wie „der, der ewig wacht“, womit sowohl aufpassen als auch nicht-schlafen gemeint ist. Wer keine Augen hat, also nicht wachen kann, befindet sich also im ewigen Schlaf. Ich denke, das muss es sein.“ Sie lächelte verlegen. „Zumindest bilde ich es mir ein. Den Gedanken hatte ich schon vor langer Zeit, als ich den alten Dialekt gelernt hatte und ich weiß, dass andere ebenfalls von dieser Möglichkeit überzeugt waren, es nur nicht prüfen konnten, weil die Wege nicht mehr begehbar sind.“
Zweifelnd betrachtete Eiven die Statuen. „Und es sind nicht doch eher die Toten mit den ewig Schlafenden gemeint? Irgendwelche Statuen, die fast vergessen sind, klingt etwas weit hergeholt … Habt ihr keinen
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