Röslein stach - Die Arena-Thriller
Zahlung dann nicht allzu lange.
Die Tür zu ihrem kleinen Balkon stand offen. Jetzt, am Abend, hatte das Rauschen der B6 etwas nachgelassen. Zumindest gab es ruhige Momente und in einem solchen hörte sie, wie die Gartenpforte quietschte. Neugierig schaute sie hinaus. Ein Mädchen mit einem orange gefärbten Igelhaarschnitt und etlichen Piercings im Gesicht schlurfte auf die Haustür zu. Ihr folgte ein großer, sehr dünner Typ mit strähnigen langen Haaren, der einen Rucksack unter dem Arm trug.
Sie unterbrach ihre Anprobe und setzte sich so auf die Matratze, dass sie den Eingang im Blick behalten konnte. Minuten später traf ein blonder Junge ein, das krasse Gegenstück zum ersten. Der hier sah aus, als wäre er ein Animateur im Club Med. Nicht mein Typ, dachte Antonia und taufte ihn in Gedanken »Poser« und seine beiden Vorgänger »Blechlippe« und »Nerd«. Eine Viertelstunde später kettete ein blondes Mädchen ihr Fahrrad an den Eisenzaun. Das musste diese Sarah sein, von der Katie gesprochen hatte. Ihr Anblick versetzte Antonia einen Stich. Jeder Junge, der nicht schwul oder blind ist, muss sich in sie verlieben, erkannte Antonia. Ihre Chancen bei Robert erschienen ihr immer geringer. Die Konkurrenz war einfach zu übermächtig und es war ihr auch nicht entgangen, wie Robert sie und Katie vorhin »Hühner« genannt hatte. Sie warf einen Blick auf ihre im ganzen Zimmer verstreuten neuen Sachen. Rausgeschmissenes Geld! Wäre ich doch bloß schon zwei oder drei Jahre älter und dazu noch so hübsch wie diese Sarah.
Ein weiteres Mal quietschte die Pforte, aber es war kein neuer Gast, sondern Herr Petri, der das Grundstück verließ und um die Ecke verschwand. Hatte er etwa bis jetzt im Garten gearbeitet? Ganz schön fleißig, der Mann.
Als Antonia sich in der Küche einen Tee machen wollte, stellte sie fest, dass die Versammlung im »Salon« hinter geschlossenen Türen stattfand. Auch die große Flügeltür zum Fernsehzimmer war zu. Wieder oben auf dem Treppenabsatz angekommen, stand wie aus dem Boden gewachsen Katie vor Antonia und zischelte: »Wo bleibst du denn?« Erschrocken zuckte Antonia zurück, heißer Tee schwappte auf ihre nackten Füße. »Au, verdammt!«
»Los, komm in mein Zimmer. Die Versammlung der Weltverbesserer hat schon angefangen.«
»Ja, gleich«, jammerte Antonia und eilte erst einmal ins Bad.
»Müssen wir den Notarzt rufen?« Katie streckte den Kopf durch die Tür.
»Sehr witzig! Ich hab die Typen schon gesehen«, sagte sie, während sie ihren Fuß ins Waschbecken hielt und ihn mit kaltem Wasser kühlte. »Eine mit Blechlippe, ein Nerd und so ein Poser, der aussieht, als wäre er gerade vom Surfbrett gesprungen. Und die dazu passende Blonde.«
Katie grinste. »Lynn, Jan und Malte. Und natürlich Miss Perfect – Sarah.«
Katies Zimmer lag genau über dem Esszimmer und besaß einen alten Kaminofen. Das Ofenrohr hatte auf der Vorderseite eine runde Klappe, die Katie an einer Stelle losgeschraubt und zur Seite gedreht hatte. Aus der so entstandenen Öffnung führte ein Kabel zum Verstärker ihrer Stereoanlage. Aus den zwei angeschlossenen Lautsprecherboxen drangen Stimmen wie von Geistern. Es waren aber keine Geister, denn nun hörte Antonia Robert sprechen. Er klang wütend.
»… ganze Aktion hat überhaupt keine Presse gegeben, nichts, null!«
»Sag ich doch«, antwortete eine männliche Stimme.
»Jan, der Nerd«, flüsterte Katie.
Eine etwas rauchige, weibliche Stimme sagte: »Deshalb müssen wir uns was einfallen lassen, was diese verdammten Journalisten vom Hocker reißt.«
Ein Junge antwortete: »Lynn hat recht. Dieses neue Schweine-KZ abzufackeln, halte ich für keine schlechte Idee.«
»Malte«, hauchte Katie. »Der Poser.«
»Da sind aber doch noch keine Tiere drin, oder?« Sarah, glockenhell. Katie und Antonia sahen sich an und rümpften die Nase.
»Nein, noch nicht«, bestätigte Lynn.
»Deshalb müssen wir schnell sein. Wir müssen diesen Tierquälern einen möglichst großen wirtschaftlichen Schaden zufügen. Das kommt dann garantiert in die Presse und verursacht eine öffentliche Diskussion über die Bedingungen der Massentierhaltung. So wie nach dem Dioxin-Skandal.«
»Und? Hat sich dadurch etwas geändert?« Es war Matthias, der diese kritische Frage stellte.
Lynn: »Meine Mutter hat auf vegetarische Küche umgestellt. Zumindest vorübergehend.«
»Wir müssen dafür sorgen, dass diese Mistkerle, die solche Massenställe betreiben, nachts nicht mehr
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