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Roeslein tot

Roeslein tot

Titel: Roeslein tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marketa Haist
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Ärger, väterlicher Fürsorge und Angst dar. Angst? Wieso sollte der Stuhlinger vor dem Wellmann Angst haben? Ich kann mir das nur durch eine gewisse Verunsicherung erklären. Heutzutage sind ja höheres Alter, Lebenserfahrung und das alles überhaupt nichts mehr wert. Die strebsamen jungen Aktivisten erobern die Welt. Man hört es immer wieder von den Menschen, und auch der Stuhlinger wird es wissen. Deshalb muss er wohl ab und zu klarstellen, wer der Chef ist. Das Problem zwischen den beiden ist also die Hackordnung, wie meistens bei Rudeltieren.
    Dem Stuhlinger wird jetzt anscheinend klar, dass er etwas über das Ziel hinausgeschossen ist. Er sagt beschwichtigend: »Na, Wellmann, gucken Sie nicht so beleidigt. Sie wissen doch, dass ich trotzdem große Stücke auf Sie halte. Außerdem ertrage ich Ihre manchmal etwas schrägen Scherze hundertmal lieber, als mit irgendeinem humorlosen Prinzipienreiter zusammenzuarbeiten zu müssen. Wir sind ein gutes Team. Haben wir nicht schon genug Fälle erfolgreich miteinander gelöst? Da werden wir diese Dorftragödie auch noch meistern.«
    Das glauben die beiden zumindest.
    Der Stuhlinger schlüpft aus dem rückwärtigen Tor hinaus, und der Wellmann telefoniert. Er scheint die technische Hürde gegen alle Erwartungen bewältigt zu haben.
    »Die Mutter hat die Aussage der Frau Eisinger bestätigt«, ruft er dem Stuhlinger entgegen, als dieser zurückkehrt.
    »In der Wiese ist auf den ersten Blick nichts zu erkennen«, erwidert sein Kollege. »Irgendwie läuft die Sache zäh, Wellmann.«
    »Ganz Ihrer Meinung, Stuhlinger.«
    Sie stehen nachdenklich nebeneinander und glotzen mit parallelen Blicken in zwei verschiedene Rosenblüten. Eine ganze Weile. Den Rosen wird es langsam ganz schön unangenehm. Es muss schon später Nachmittag sein, als schließlich ein schwarzer BMW   F01 in die Einfahrt gleitet.
    »Hatten Sie den Buchenwalder herbestellt?«
    »Ja sicher, haben Sie das vergessen, Wellmann?«
    »Ich glaube eher, dass Sie vergessen haben, es mir zu sagen.«
    Jetzt wird der Wellmann schon wieder frech. Aber für gegenseitige Schuldzuweisungen haben sie keine Zeit, denn der Buchenwalder ist schon ausgestiegen. Er versucht, möglichst lässig dazustehen, die Hände in den Hosentaschen. Diese gekünstelte Gelassenheit nehme ich ihm nicht ab, doch der Stuhlinger scheint sich nicht daran zu stören. Er begrüßt ihn mit den Worten: »Das ist ein schönes Auto, das Sie da fahren, Herr Buchenwalder. Einen BMW   F01 sieht man auf dem Land nicht alle Tage. Herr Sprenger hat genau den gleichen, nur in Königsblau. Kennen Sie Herrn Sprenger?«
    »Sprenger? Sollte ich den kennen?«
    »Ein Kunde vom Herrn Schladerer. Rosenliebhaber.«
    »Mit dem Schladerer und seiner Gärtnerei hatte ich nie etwas zu tun. Und einen Sprenger kenne ich definitiv nicht. Mich interessiert die Kultur weit mehr als die Natur, wissen Sie? Die Natur ist langweilig. Sie produziert immer nur das Gleiche. Der menschliche Geist hingegen ist zu ungeahnten Höhenflügen imstande.«
    So ein Labersack. Hier aufgeplustert herumstiefeln und uns Pflanzen beleidigen, das hab ich gern! Wie schade, dass ich mich nicht an ihm rächen kann. Ich beuge einen meiner Aststummel zur Seite, als er vorübergeht. Das gibt leider nur eine ganz leichte Schramme an seiner glatt rasierten eingefallenen Greisenwange.
    »Autsch, dieses verdammte Gestrüpp! Ich weiß schon, warum ich Grünzeug hasse.«
    »Sie kennen Herrn Sprenger also nicht, sagen Sie. Und mit der Gärtnerei hatten Sie nichts zu tun. Einmal aber doch, oder nicht? Frau Schultes hat zu Protokoll gegeben, dass Sie am Sonntag vor dem Mord mit Herrn Schladerer Streit hatten. Er habe Sie beschuldigt, die Faksimiles des Herrn Fontane als echt zu verkaufen.«
    »Vor allen Dingen hat Frau Schultes fahrlässig meinen Wagen demoliert. Sie sollte lieber auf ihr eigenes Verhalten achten, als ehrbare Bürger anzuschwärzen. Und das mit dem Urkundenverkauf, das ist blühender Unsinn. Die Faksimiles sind zwar gut gemacht, aber ein Fachmann würde sie jederzeit als Kopien erkennen. Glauben Sie etwa, dass die Leute, die so etwas suchen, die Ware nicht überprüfen lassen, bevor sie eine Menge Geld dafür ausgeben?«
    »Sie haben sich trotzdem darüber aufgeregt.«
    »Der Schladerer konnte jeden auf die Palme bringen, das versichere ich Ihnen.«
    Dieser arrogante Naturverächter sollte florale Elemente lieber aus seiner Sprache herauslassen, finde ich. Das entwürdigt uns Pflanzen nur noch

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