Ro'ha: Teil 1 - Vernichtung (German Edition)
Jemand hatte aufgeräumt und die Temperatur aufgedreht. Sie trat ein und bemerkte, dass Kalira ihr unaufgefordert folgte.
" Den Rest schaffe ich alleine", meinte sie und öffnete den Wandschrank.
" Sicher." Kalira sah sich, offenbar wirklich interessiert, in dem Raum um und fuhr dann im Plauderton fort: "Man hat auch mir ein Quartier auf diesem Deck angeboten, aber ich bin lieber näher bei meiner Arbeit und habe mir auf Deck sechs einen Raum einrichten lassen. Allerdings werden wir uns die Waschräume teilen müssen - Deck vier ist das einzige mit Warmwasserduschen." Sie warf noch einen letzten Blick in den Raum und fügte dann hinzu: "Melden Sie sich später auf der Krankenstation und bei Captain Dale - und überanstrengen Sie sich nicht. Ihr Körper wird noch einige Zeit brauchen, um wieder voll leistungsfähig zu werden."
Dann ließ sie Lillja alleine…
KalaTaan 9
Zufrieden registrierte Siran Kaz'Dun, dass alles nach Plan verlaufen war. Sein unfreiwilliger Komplize – er hatte sich selbst Adrian Radu genannt, ein seltsamer Name, so unmelodisch und fremdländisch klingend – hatte getan, was Siran vermutet hatte und war dabei sogar noch deutlich weiter gegangen, als er in seinen kühnsten Träumen erhofft hatte. Eine willige und gute Marionette. Auch er würde das Schicksal der jungen Zira'aa teilen und als Verräter hingerichtet werden. Abhängig von den Truppen, die sich diesem Problem annehmen würden, würde Anklage, Verurteilung und Vollstreckung in kürzester Zeit erfolgen. Vielleicht aber hatten sie Glück und sein erwählter Captain würde sich der Sache persönlich annehmen und ihnen würden ein paar Tage oder sogar mehr bleiben, in denen sie ihr Netz weiter auswerfen konnten. Möglicherweise würden sie den Schaden maximieren können – doch selbst wenn nicht, so war er einen erheblichen Schritt weitergekommen.
Sorgsam stapelte er die abgelegte Kleidung zu einem perfekten Quadrat und breitete schließlich auch die wertvolle Seidenjacke darüber aus. Kurze Zeit später trat er unter der kalten Dusche hervor und band sich ein weiches Handtuch um die Hüften. Das lange Haar hing ihm bis weit auf den Rücken und begann sich zu Wellen zusammen zu ziehen. Ganz nach dem Brauch seines Volkes hatte er es seit seiner Erwachsenenweihe nicht mehr geschnitten, wenn man von den Spitzen absah, die sonst ungepflegt gewirkt hätten. Mit einer routinierten Bewegung wickelte er es zu einem lockeren Knoten und steckte diesen mit einer Spange aus Titan fest.
Man sah ihm sein Alter nicht an, kam es ihm in den Sinn, als er seinen nackten Körper in einem der deckenhohen Spiegel betrachtete und die einzelnen Muskelgruppen spielerisch anspannte. Der Körper eines Jünglings war ihm geblieben, doch die Unbekümmertheit der Jugend war einer tiefgreifenden Ernsthaftigkeit gewichen.
Hoch aufgerichtet betrachtete er die verschlungen en Linien, die seinen Körper zierten. Jede Tätowierung erzählte ihre eigene Geschichte, zeugte von Errungenschaften, Siegen und Niederlagen. Manche waren mit den Jahren verblichen, er hätte die Pigmente, die unter seiner Haut eingelagert waren, reaktivieren sollen, doch stattdessen zeichnete er sie mit Kohle nach, wenn es denn notwendig erschien. Er durfte nicht in den Akten auftauchen, nicht einmal in denen eines ästhetischen Nachgestalters oder Korrektors.
Es war Zeit für ein paar neue Linien, die seine Taten der vergangenen Tage dokumentieren und für die Nachwelt aufbewahren würden. Siran zog einen Schemel hera n, der neben der Tür stand und holte aus einem verborgenen Fach rechts neben dem Spiegel, in dem er sich betrachtet hatte, ein kleines Gerät von der Länge seiner Hand und der Dickes seines Daumens. Für gewöhnlich war es Privatpersonen nicht erlaubt, diese veralteten Geräte zu besitzen, denn in ihnen war eine meldungspflichtige Menge Tantal verarbeitet und die Xhar kontrollierten den Handel mit diesem Element. Siran Kaz'Dun war jedoch keine gewöhnliche Privatperson.
Er stellte den linken Fuß auf den Hocker und setzte die Spitze des Gerätes an die Haut des Fußrückens, um sie langsam darüber zu bewegen. Seine Haut reagierte mit einem Kribbeln und einem sehr dumpfen und nur schwach wahrzunehmendem Gefühl von Schmerz, als der Impulsgenerator in der Spitze seine Arbeit aufnahm und die Farbpigmente unter seine Haut schoss. Ein kundiges Auge, das um die komplizierte Art der Chiffrierung wusste, würde erkennen, dass es sich bei den verschlungenen Linien um nichts
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