Ro'ha: Teil 2 - Erwachen (German Edition)

die Abbildung veränderte sich, die Erde wurde kleiner und kleiner, bis sie schließlich nur ein blauer Punkt zwischen den anderen Planeten ihres Systems war, d ie einen hellen Stern umkreisten. "Etwa zweitausend SSRW vom Zentrum unserer Galaxie entfernt. In Ihren Maßeinheiten ausgedrückt…" Er senkte den Blick auf ein Pad und fuhr mit schnellen Fingern über das Display, ehe er fortfuhr: "Achtundzwanzigtausend Erdenlichtjahre."
    SSRW - die Bezeichnung war ihr schon einmal begegnet: Standardsprungreichweite - eine Zahl, die in die Milliarden Kilometer ging und damit viel zu abstrakt war, als dass Lillja sie wirklich begreifen konnte.
    Erneut verkleinerte sich die Anzeige, wurde zu einem einzelnen hellen Licht, um das sich hunderte andere kleiner Punkte bildeten, bis sich schließlich das Abbild einer Spiralgalaxie zeigte. Das Sonnensystem der Erde befand sich auf halber Höhe am zweitäußersten Arm, doch je weiter sich die Abbildung aufbaute, desto schwerer wurde es, diesen einen Punkt im Auge zu behalten.
    Tulan wandte sich um und trat an die Projektion heran und deutete auf einen Punkt, der nur wenige Zentimeter von der Erde entfernt lag.
    "Hier liegt Jiserija - der Heimatplanet meines Volkes." Er berührte den Ausschnitt und vergrößerte ihn mit zwei Handbewegungen, dann deutete er auf ein System noch etwas weiter außerhalb und in etwa gleicher Entfernung zu Jiserija, wie diese Welt zu Erde gelegen haben mochte. "Ankur."
    "So dicht bei einander", murmelte Lillja und trat, vollkommen gebannt von diesen neuen Informationen, an die Seite des Daru. Die Galaxie war riesig und irgendwie hatte die junge Frau damit gerechnet, dass die einzelnen Heimatwelten deutlich weiter auseinanderliegen würden.
    "Dicht ist relativ." Mit weiteren Handbewegungen zog er sein eigenes System ins Zentrum und vergrößerte es so weit, bis die einzelnen Planeten zu erkennen waren. Es waren nur sieben, von denen der zweite grün und blau schimmerte. Vier Monde umkreisten ihn, während er eine träge Bahn um seine Sonne zog. Ein Lächeln trat auf die Züge des Daru und mit einem Mal wirkte er sehr viel sanfter, doch dann riss er sich sichtlich los und sah Lillja an. "Selbst mit den neusten Antrieben dauert es noch immer Wochen, um von Ankur nach Jiserija zu gelangen . Ganz davon abgesehen, dass Ankur seit fast einem Jahrhundert in den Händen des Feindes ist." Er sah wieder auf das Hologramm. "Zeige Ausdehnung des Xharimperiums vor dem ersten Seuchenausbruch."
    Das Bild zoomte wieder heraus und eine schraffierte Fläche mit unregelmäßigen Rändern legte sich über den gezeigten Abschnitt.
    "Jiserija war vor dem Krieg der letzte Planet, den die Xhar besetzt hatten - er markierte die äußere Grenze des Imperiums. Hier", er zeigte auf einen hellen Punkt am rechten Ende der Schraffur, "müsste etwa Nayos liegen, die Heimatwelt der Ethara."
    Beide Namen sagten ihr nichts, aber sie ging davon aus, dass es sich um eine weitere Spezies handeln würde.
    Er sah sie wieder an und scheinbar reagierte sie anders, als er es erwartet hatte und legte die Stirn in Falten.
    "Sie beanspruchten den gesamten bislang bekannten Raum", erklärte er. "Jeder Planet, der den Xhar wertvoll genug erschien, wurde beansprucht - unabhängig davon, ob sich dort schon eine andere Spezies niedergelassen hatte. Sie haben Jiserija binnen weniger Jahrzehnte absolut ausgebeutet und als sie schließlich erklärten, die Daru seien nun frei und Teil des Imperiums, war von unserer Heimat kaum noch etwas geblieben. Wir wurden in unserer Entwicklung um Jahrhunderte zurückgeworfen."
    Er sah sie noch immer sehr aufmerksam an und Lillja nickte langsam. Es war sicherlich schmerzlich für seine Leute gewesen - doch zum einen war das vor dem Krieg gewesen und damit mindestens hundertsiebzig Erdenjahre her und zum anderen vollkommen irrelevant für ihr Verhältnis zu den Xhar. Aber das würde sie sicher nicht aussprechen.
    "Hätten Ihre sogenannten Verbündeten die Erde vor dem Krieg entdeckt, dann hätten ihre Leute vermutlich das gleiche Schicksal geteilt."
    "Aber so ist es nicht passiert", sagte sie etwas hilflos. "Und heute ist alles etwas anders. Ankur wurde besetzt, die Xhar fast ausgerottet - und wir alle haben einen gemeinsamen Feind. Ich verstehe nicht…"
    "Öffne Unterprogramm S-neun - volle Sichtbarkeit", unterbrach der Daru sie. Die Galaxie verschwand und wurde von einer gräulichen Kugel mit unebener Oberfläche ersetzt, von der mehrere tentakelartige Auswüchse