Rohypnol - Hutchinson, A: Rohypnol - Rohypnol
Kühlschrank holen und so tun, als wäre es das Normalste der Welt.
Die Recherche zahlt sich aus, wenn die Bewohner auf dich losgehen und dich rausschmeißen wollen. Wenn du sie gut genug ausspioniert hast, kannst du ihnen sagen: »Was soll das, Bill, ich verstehe das nicht, ich wohne doch hier.« Das macht die Leute voll fertig, sie drehen dann durch, weil sie nichts mehr kapieren.
Je mehr Informationen du hast, desto besser funktioniert es. Wenn du ihnen sagen kannst, wo sie arbeiten,
wo sie letzte Woche zum Abendessen waren. Wenn du auf alles eine Antwort hast, bringst du die Leute immer mehr durcheinander. Das Ziel ist es, so lange wie möglich durchzuhalten, so lange wie möglich im Haus zu bleiben, während ein Kumpel draußen die Zeit stoppt. Der Rekord liegt, so erzählte uns Uncle, bei knapp über vier Stunden.
Thorley und ich haben dieses eine Haus vier Wochen lang ausgespäht. Haben uns im Garten versteckt und Ferngläser benutzt. Thorley hat es sich zum Ziel gesetzt, alles über die Familie in Erfahrung zu bringen, er ist ein verdammter Perfektionist, der sich jedes Detail einprägt. Er durchwühlt den Müll, um sich Informationen zu beschaffen, die ihm nützlich sein können. Er schaut sich im Fernsehen Real-Crime-Soaps an, untersucht Privatdetektive und ihre Techniken, nimmt jede Einzelheit des Spiels ernst. So arbeitet Thorley nun mal, immer gründlich methodisch, jedes Fitzelchen Information auswertend. Ständig überlegen, analysieren.
Uncle hat uns beigebracht, wie man in Häuser einbricht und worauf man achten muss. Angelehnte Fenster, alte Schlösser. Oberlichter sind einfach, wenn sie nicht zu hoch liegen. Die meisten haben lediglich einen ans Dach genieteten Aluminiumrahmen. Man kann den Rahmen hochbiegen und das Fenster rausziehen. Wenn du in einem Overall auf einem Dach stehst, wird niemand vermuten, dass du in das Haus
einbrechen willst. Die Nachbarn werden annehmen, die Besitzer wüssten Bescheid. Wer würde schon so dumm sein und so offensichtlich einbrechen.
Badezimmerfenster sind ebenfalls leicht aufzubrechen. Die Riegel von Badezimmerfenstern unterscheiden sich von den anderen und sind nicht so sicher. Als ob die Chance eines Einbruchs geringer wäre, weil das Fenster kleiner ist. Terrassentüren sind ebenfalls einfach. Rüttel so lange dran, bis das Schloss abfällt.
Nach einem Monat beschließt Thorley, es sei an der Zeit reinzugehen. Wir haben dem Haus bereits ein paar Besuche abgestattet, uns mit dem Grundriss vertraut gemacht, ihre Sachen durchsucht. Wir wissen alles über sie. Wir warten, bis Ehemann und Ehefrau nach Hause kommen und ihre Autos auf der Straße vor dem Haus parken. Thorley schaut mich an und sagt: »Vier Stunden.« Dann marschiert er auf das Haus zu. Ich beobachte durchs Fernglas, wie er sich die Post greift und sie durchblättert, während er die Tür öffnet und drinnen verschwindet.
Die Stoppuhr zeigt vierunddreißig Minuten und sechs Sekunden an, als Thorley herausgeschossen kommt und lachend über den Rasen sprintet. Er rennt an mir vorüber zurück in den Park. Es ist später Nachmittag, die Sonne geht unter, und der Park liegt im langen Schatten der Bäume. Wir laufen zur nächsten Hauptstraße und schnappen uns ein Taxi, sagen dem Fahrer,
er solle bei einem Getränkemarkt in der Nähe vom Strand anhalten. Thorley spendiert einen Sixpack Corona und drückt mir eine Flasche in die Hand. Wir gehen runter zum Strand.
Die Stadtstrände sind anders als die entlang der Küste, der Sand ist härter, verseuchter. Keine Wellen. Thorley und ich setzen uns in den Sand und sehen zu, wie das letzte Tageslicht verebbt. Beobachten die Boote, die draußen im Hafen vor Anker treiben. Ein einsamer Angler wirft unter einer Laterne auf der Pier seine Angel aus und holt sie wieder ein.
»Das hättest du sehen müssen«, beginnt Thorley. »Verdammt, ich geh rein, sie hocken auf der Couch im Wohnzimmer und gucken Nachrichten. Ich schau nicht mal zu ihnen rüber, sondern gehe direkt weiter. Der Typ springt hoch, hält mich auf und sagt: ›Verdammt, was machst du da?‹ Ich tu so, als sei ich verwirrt und sauer auf ihn, sage: ›Was machst du da, Dave?‹ Und die Tusse, Angela, guckt ganz verschüchtert, steht auf und verdrückt sich ins äußerste Eck des Zimmers. Dave fragt noch mal: ›Was machst du da?‹
Da erzähle ich, dass ich doch bei ihnen wohne, erzähle ihnen, was ich über sie weiß, was sie gemacht haben und den ganzen Scheiß, spule meine ganze Info ab.
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