Rohypnol - Hutchinson, A: Rohypnol - Rohypnol
Dave lässt die Arme sinken, er kapiert nicht so ganz, was da abgeht, während die Tusse anfängt zu kreischen: ›Was ist hier los? Was ist hier los?‹ Dave kratzt sich am Kopf, und ich beruhige sie beide, indem
ich ihnen erzähle, was ich über ihre Familien weiß, und dass wir uns doch seit Jahren kennen und so. Ich erzähle ihr von ihrer Schwester in Mexiko: ›Erinnerst du dich an die Postkarte?‹«
Thorley grinst. »Die kaufen mir das natürlich nicht ab, aber lassen zu, dass ich mich auf die Couch setze und nach einer Weile tue ich so, als wäre ich durch ihr Benehmen beleidigt, als würde es mich nerven, dass sie an mir zweifeln. Da werden sie ganz verwirrt und wissen nicht mehr, was sie machen sollen. Dave meint, er würde seinen Kumpel anrufen und fragen, ob der mich kennt, und darauf habe ich keine clevere Antwort.
Also stehe ich auf und tu so, als würde ich aufs Klo gehen, drehe mich dann blitzschnell um und renne durch die Vordertür raus. Dave hat schon den Hörer am Ohr und Angela die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen. Die waren voll verwirrt.«
Thorley nimmt einen Schluck von seinem Bier. »Total perplex. Keine Ahnung, wie man das vier Stunden lang durchziehen soll. Ist ziemlich hart.«
»Kommt wohl auf die Opfer an.«
»Die haben verdammt Glück gehabt. Ich wollte ihnen eigentlich eins damit verpassen.« Thorley zieht eine aufgezogene Spritze aus der Hosentasche. »Das hätte sie fertiggemacht.«
»Was ist da drin?«, frage ich, die Plastikhülle steckt noch auf der Nadel.
»Ich muss Uncle anrufen, ihm das erzählen.« Thorley holt sein Handy heraus und drückt die Nummer. Das Display erleuchtet sein Gesicht.
»Ich dachte, du wärst gegen alles, was mit Spritzen zu tun hat?«
Thorley schaut mich an, Handy am Ohr, mit der anderen Hand zieht er die Hülle ab, fuchtelt mit der Spitze herum. Betrachtet von allen Seiten die spitze Nadel.
»Bin ich auch«, erwidert Thorley.
Er macht einen Satz vorwärts und sticht nach mir, ich weiche hastig zurück. Thorley grinst und jagt die glänzende Nadel in den harten Sand, die Ampulle schaut noch aus dem Boden und zittert wie ein Speer.
Thorley beugt sich vor und prostet mir zu. »Wir machen das noch mal, suchen uns ein neues Haus.« Er grinst.
Ich sehe mich um. Hinter uns erhebt sich die Stadt entlang der Bucht, die Häuserreihen ziehen sich entlang der Küste. Der Wind verweht meine Haare und zwingt mich zu blinzeln, wenn er mir ins Gesicht bläst. Sand wirbelt auf und gegen meine Haut. Autos huschen vorbei.
»Die hatten sogar ›Vier gewinnt‹.« Thorley lächelt. »Mann, sind die cool.«
In diesem Moment, bevor alles den Bach runtergeht, ist alles in Ordnung. Alles gut. Am Strand Bier trinken und über Angela und Dave quatschen.
Wie das Geräusch des Ozeans heranrollt und zurückfließt.
W ir wollen durch die Clubs der Innenstadt ziehen. In Thorleys Wohnung machen wir uns fertig, gelen unsere Igelfrisuren hoch. Die samstagabendliche Badezimmerroutine. Ein paar Drinks, Hose, T-Shirt, Drogen, Schuhe wechseln, Handy checken. Stellt euch vor, dieselbe Szene spielt sich in den Badezimmern der Vorstädte jeden Samstagabend tausendfach ab. Junge Mädchen schminken sich, kämmen sich die Haare, zwängen ihre Titten in die Push-ups. Blicken über die Schulter in den Spiegel. Denken: Vielleicht heute Abend. Vielleicht heute Abend.
In den Straßen der Stadt drängen sich Footballfans mit Käppis und Schals, die nach dem Spiel nach Hause wollen. Eltern in Abendgarderobe, die Arm in Arm die Restaurants verlassen. Halb betrunkene Teenager, die gegen Coladosen treten und in die Nacht hinausbrüllen. Obdachlose mit leeren Gesichtern, die an der Zugstation herumhängen. Polizeistreifen, die langsam die Ladenzeilen entlangpatrouillieren und alles im Auge behalten.
Thorley gibt mir ein paar Pillen, die ich schlucken soll. »Kleine Wachmacher«, sagt er.
Die Pillen wirken schnell, die Nacht schaltet einen Gang hoch und zoomt vorbei. Endlose Warteschlangen aus gelangweilten Spießern und künftigen Alkoholikern vor den Clubs. Security-Typen und kaugummikauende Türsteherinnen. Schlangen vor den Fast-Food-Läden, Burger und Colabecher, im Rinnstein treiben Eiswürfel.
Thorleys Augen entgeht nichts.
Uncle kennt einen Türsteher, deshalb kommen wir in diesem einen Laden an der Schlange vorbei. Wir betreten einen dunklen Flur, fette Beats und Stimmengewirr hallen durch den Tunnel. Der Teppichboden klebt an meinen Sohlen, grell orangenes Neon
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