Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Rohypnol - Hutchinson, A: Rohypnol - Rohypnol

Rohypnol - Hutchinson, A: Rohypnol - Rohypnol

Titel: Rohypnol - Hutchinson, A: Rohypnol - Rohypnol Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Hutchinson
Vom Netzwerk:
wieder in sie hinein.
    Ich beuge mich vor, näher an die Windschutzscheibe, drehe meinen Kopf zur Seite, um ihr in die Augen sehen zu können, und flüstere ihrem bewusstlosen Gesicht zu: »Du siehst ein Monster vor dir.«

T roy ruft mich um 4:37 Uhr morgens an und erzählt mir, er habe eine Riesenscheiße gebaut. Ich sag ihm, er solle sich verpissen und lege auf. Es klingelt wieder, bohrt sich brutal in mein Trommelfell. Troy erklärt, dass es ernst sei, dass er wirklich eine Riesenscheiße gebaut habe.
    »Wenn du wieder einen Taxifahrer zusammengeschlagen hast«, brülle ich, »und wenn diesmal nicht ein toter Taxifahrer auf dem Gehweg liegt, wenn ich ankomme …« Ich versuche die richtigen Worte zu finden. »Ach Scheiße, kümmer dich doch um deinen eigenen …«
    »Sie liegt in meinem Zimmer«, wimmert Troy.
    Wie durch einen Koffeinflash bin ich plötzlich wach.
    »Wer liegt in deinem Zimmer?«
    »Da ist überall Blut.«
    Ich bin jetzt hellwach, als habe man mir zwanzigtausend Volt durch den Körper gejagt.
    Troy atmet schluchzend in den Hörer. »Ich schmecke …«, seine Stimme versagt, er weint.
    »Was zum Teufel hast du getan?«

    »Ich habe …«, das Telefon klackert, als sei ihm der Hörer aus der Hand gefallen, »Stückchen von ihrem Gehirn im Mund, glaube ich.«

D as Betondach von Thorleys Gebäude strahlt weiß im Sonnenlicht, so grell, dass ich einen Augenblick brauche, um mich daran zu gewöhnen, als ich die Treppenhaustür öffne. Das Dach ist flach, überall erheben sich die quadratischen Aluminiumröhren in den Himmel, durch die die Leute in den Filmen immer kriechen. Man kann der Länge nach über Thorleys Dach gehen, bis an den Rand, der von keiner Brüstung begrenzt wird. Alles ist voller Taubenscheiße, und schwarze Smogschlieren ziehen sich über Boden und Röhren. Überall sind Finger- und Fußabdrücke. Auf einem ist so klar und deutlich »Nike« zu lesen, als wäre er eben hinterlassen worden. Ich bin zum ersten Mal bei Tageslicht auf Thorleys Dach.
    Thorley sitzt mit dem Rücken zu mir in einem blau-weißen Klappstuhl. Er trägt eine übergroße Kapuzenjacke und beobachtet, wie unter ihm im Haus der Stadtverwaltung die Angestellten im fahlen Neonlicht ihrer Arbeit nachgehen. Jedes Büro sieht aus wie ein offener Kühlschrank. Im Hintergrund erkennt man Kirchtürme und Mietshäuser, die Dächer ein Mosaik aus bunten Farben. Gebäude und Plakatwände.
Thorley trägt seine große dunkle Sonnenbrille, hängt lasch in seinem Stuhl und raucht. Der Wind bläst mir durch die Haare, dringt kühl durch meine Klamotten. Die Gebäude dämpfen die Geräusche der Stadt.
    In der Ferne ist der Ozean zu sehen, in der Bucht kann man das Segel eines Boots erkennen, das langsam auf den Rand der Welt zutreibt. Ich stelle mir vor, am Steuer steht ein alter, graubärtiger Fischer in Overall und Gummistiefeln, der der Gesellschaft zum Abschied zuwinkt, während der Ozean ihn davonträgt.
    Das »Vier gewinnt«-Gestell liegt auseinandergebaut auf der Seite, am Boden überall rote und gelbe Steine.
    »Wenn Vögel einen Schuss hören, verziehen sie sich.«
    Thorley dreht sich beim Sprechen nicht zu mir um, lässt nur den Arm von der Lehne fallen. In der Hand die Zigarette.
    »Die bleiben nicht da, um herauszufinden, was los ist, keine Neugier, kein überstürztes Nach-Hause-Hetzen, um die Sachen zu packen. Die spüren eine Ahnung von Gefahr, und weg sind sie. Schwärme, die den Himmel schwärzen.«
    Thorley nimmt einen tiefen Zug, bläst den Rauch in die Wolken, in die Sonne. Er reckt sich, um mich anzusehen.
    »Vögel warten nicht, um zu sehen, ob sie am Arsch sind. Wenn die Menschen kommen, sind sie weg. Einfach so.«

    Er nickt mir zu, als wolle er sichergehen, dass ich kapiere, was er sagt.
    »Klingt wie der Ozean«, sage ich.
    »Was?«
    »Die Autos auf der Straße unten. Klingen wie der Ozean. Wie fließendes Wasser.«
    Ich lausche, höre die Verkehrswellen. »Und wir treiben hier oben, ein Floß auf der See.«
    »Vielleicht solltest du reinspringen«, sagt Thorley und grinst. Er wendet den Kopf Richtung Rand. »Im Ernst.«
    Stellt euch vor, ihr wirbelt im freien Fall vom Dach, vorbei an den Fenstern, und schlagt mit dem Kopf zuerst auf dem Asphalt auf. Ich frage mich, wie lange einem so ein Sturz wohl vorkommt. Wie viel Schmerz man noch spürt, wenn der Körper auf der Erde aufschlägt, er zusammengestaucht und zerschmettert wird wie die Farbdosen, die ich einmal bei Letterman gesehen habe.
    »Hast du mit

Weitere Kostenlose Bücher