Rohypnol - Hutchinson, A: Rohypnol - Rohypnol
nicht erzählen, was sie hören will, damit sie mich an den nächsten Arzt weiterreichen kann, der mir Medikamente verschreibt, um mein verficktes Gehirn ruhigzustellen, um mich zu der willfährigen Marionette zu machen, die sie haben wollen.
Eine Steuernummer. Ein Nichts. Scheiß auf sie. Scheiß auf euch alle. Ich gehe nirgendwo hin. Ich ändere mich nicht.
Beim New Punk geht’s um mein Leben. Um das, was ich bin. Und wenn ich mir jemals Schuldgefühle gestatte, werde ich mich dafür so hassen, wie ihr mich hasst. Mein Dasein würde mich krank machen. Ich würde zu dem werden, was ihr aus mir machen wollt. Ein armseliges, Pillen schluckendes, depressives Würstchen. Wie eure Eltern. Wie ihr. Fickt euch.
Ich bin ein schlechter Mensch.
Ich bin ein Monster.
Und ich hoffe, ihr krepiert.
U nd? Haben Sie herausgefunden, was mit mir nicht stimmt?«, frage ich Dr. Jessica Snowden.
»Es geht nicht darum, ob mit dir ›etwas nicht stimmt‹«, sagt Dr. Jessica Snowden und malt, während sie ›etwas nicht stimmt‹ sagt, mit ihren Zeigefingern Anführungszeichen in die Luft. »Es geht darum, dir zu helfen.« Sie macht sich Notizen, das Papier spiegelt sich in ihren Brillengläsern.
»Wissen Sie«, erzähle ich ihr, »ich habe nie kapiert, was es bringen soll, ›Hallo‹ zu sagen, wenn jemand den Raum betritt. Oder ›Tschüss‹. Ich habe nie kapiert, warum die Leute wollen, dass ich wie alle anderen ›Hallo‹ sage. Deshalb sage ich es auch nicht. Ich meine, wenn ich der Einzige im Raum bin, sage ich ›Hallo‹, aber wenn eine ganze Gruppe im Chor ›Hallo‹ oder ›Tschüss‹ sagt, mache ich nie mit. Genauso wenig wie bei ›Happy Birthday‹-Gesängen auf einer Geburtstagsparty. Warum ist das so?«
»Das klingt wie eine Interaktionsstörung.«
»Genau!«, rufe ich. Und recke den Zeigefinger. »Interaktiv gestört. Das ist es. Ich habe eine Persönlichkeitsstörung. Das ist mein Problem, Dr. Jessica Snowden.
Sie haben mir geholfen. Ich danke Ihnen, jetzt bin ich geheilt. Wir können die Therapie einstellen.«
Dr. Jessica Snowden schaut mich an und lässt sich von meinem Jubel nicht beeindrucken.
Was ich über Dr. Jessica Snowden weiß, ist, dass sie weiß, dass ich bestimmte Dinge nur sage, um ihre Reaktionen zu testen. Wie als ich ihr erzählt habe, ich sei nach unserer ersten Begegnung nach Hause gegangen und hätte mir einen auf sie runtergeholt.
Was ich sonst noch von ihr weiß, ist, dass sie in einem einstöckigen weißen Haus lebt, das einen hübschen kleinen Garten hat und von einer kleinen Ziegelmauer umgeben ist. An den meisten Abenden ist Dr. Jessica allein mit ihren zwei Katzen. Sie geht nicht oft aus, bleibt lieber zu Hause und liest. Parkt ihren Wagen, einen weißen BMW, auf der Straße vor dem Haus, schlägt vorschriftsmäßig die Lenkung ein, damit er nicht wegrollt.
»Eine Persönlichkeitsstörung«, sagt Dr. Jessica Snowden verärgert. Ich lächle sie an, habe die Arme hinter dem Kopf verschränkt, als ob meine Arbeit hier beendet sei.
Arme hinter dem Kopf verschränkt bedeutet wahrscheinlich irgendwas.
Ich weiß, dass Dr. Jessica Snowden auf der linken Seite ihres Doppelbettes schläft. Sie benutzt eines dieser Kissen, die hart sind, aber gut für den Rücken sein sollen. Man sieht sie manchmal nachts in Dauerwerbesendungen.
Um in Dr. Jessicas Snowdens Haus zu gelangen, muss man nur ein Fenster aufstoßen. Im Badezimmer hat sie alte Aluminiumfenster, die sich seitlich aufschieben lassen. Um ohne Schlüssel reinzukommen, muss man gegen das Fenster drücken und es zur Seite schieben. Der Druck setzt den Riegel innen außer Gefecht, weil er lediglich am Rahmen hängt. Wenn man dagegendrückt, ist er zu weit weg vom Rahmen, um einzurasten. Und schon bist du drin.
Dr. Jess macht sich Notizen, sie schreibt schnell, aggressiv, während ich mich entspannt zurücklehne. Ich habe den Mund sperrangelweit auf und taste mit der Zunge die Kanten meiner Backenzähne ab.
Ich weiß, dass Dr. Jessica Snowdens Haus kalt und leblos wirkt; überall sind Bücher verstreut, sogar auf dem Küchentisch. Ihre Katzen haben winzige silberne Namensschildchen um den Hals, die klingeln, wenn sie sich bewegen. Tiffany und Sylvester. In ihrem Schlafzimmer herrscht Chaos. Aber nur ein bisschen. Ein Dreitagechaos. Herumliegende Kleider, Slips auf dem Fußboden. In ihrem Nachttischchen finden sich keine Kondome. Auch kein Dildo. Deshalb frage ich mich, ob sie sich irgendwo anders vögeln lässt. Oder ob sie sie
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