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Roland Hassel - 07 - Wiedergänger

Roland Hassel - 07 - Wiedergänger

Titel: Roland Hassel - 07 - Wiedergänger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olov Svedelid
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Firmenleitung würde von einer Schnüffelei in den Geschäftsbüchern nicht gerade begeistert sein. Und dann die Abendzeitungen! Aufgebrachte Wohnungssuchende auf der ersten Seite! Skandal! Und erst das Fernsehen!
    Der Frosch räusperte sich und spuckte ein wenig Laichkraut aus.
    »Nun ja. Wenn man es richtig betrachtet, ist es gar nicht so verkehrt, wenn jemand auch im Hause wohnt. Wenn derjenige, mit dem Sie tauschen wollen, keine Einwände hat und ein ausreichendes und regelmäßiges Einkommen nachweisen kann, haben wir nichts dagegen.«
    »So klingt es angenehm«, sagte ich herzlich. »Ich wußte ja, daß sich unter dem grünen Anzug ein Herz aus Gold verbirgt.«
    »Aber der ist doch braun.«
    »Für mich sah er grün aus.«
    Während ich in Richtung Sundbyberg fuhr, mußte ich daran denken, wie sehr sich die Gesellschaft in gar nicht so vielen Jahren verändert hatte. Alles läuft heute darauf hinaus, daß man gute Beziehungen und Kontakte hat. Es herrscht eine Kumpanei, bei der es darauf ankommt, die richtigen Zeichen und Lösungsworte zu kennen, und schon öffnet sich einem das Schlaraffenland. Man bekommt so Wohnungen und Gehälter und Kredite und Jobs und Mitgliedschaften und Rabatte und Tips und Zuschläge und dann wieder Abzüge, die einen vor der Steuer retten. Beziehungen öffnen die Tür zu den besten Arztpraxen und bringen einem Aufträge, die eigentlich unter Bedingungen der Konkurrenz vergeben werden sollten. Die Politik verwandelt sich in einen Luxusspielplatz, und wenn man über Geld und Kontakte verfügt, wird man gewählt und darf mitspielen. Und wenn man immer richtig mitspielt, geht es einem auch im Alter, wenn man nicht mehr so richtig kann, besser als anderen. Schließlich bekommt man auch noch den Grabstein zum Vorzugspreis. Alles ist möglich und nichts ist unmöglich in einem demokratischen Land.
    Ich fuhr von Solna nach Sundbyberg und dann weiter nach Skogsbacken und erinnerte mich, wie die Gegend vor ungefähr dreißig Jahren ausgesehen hatte. Hier war ein Wald gewesen, in dem man immerhin minutenlang Spazierengehen konnte, ohne ein Hausdach zu sehen. Hierher zog man an Sonntagen mit Picknickkorb und Kaffeekanne.
    Am Fuße des Hügels lagen die Ateliers von Svenska-Film, und wenn ein Film Aufnahmen im Wald erforderte, zog man die Kameras einfach ein paar Meter in die Höhe und drehte los. Egal, ob romantische Rendezvous oder Fechtszenen in Kostümfilmen oder große Bauerndramen – immer filmte man dieselben Kiefern und denselben Berghang. Wenn man aufmerksam hinschaute, konnte man am Bildrand manchmal Häuser erkennen. Dann hatte der Fotograf die Kamera zu hoch gehalten.
    Inzwischen waren der Wald so gut wie verschwunden und die SF-Ateliers nur noch eine Sage, und das Mädchen, mit dem ich sonntags gepicknickt hatte, war sicher verheiratet und Mutter und Großmutter und erinnerte sich nicht mehr an Rolle, der so schön mit den Ohren wackeln konnte.
    Hulth wohnte im Erdgeschoß eines der Hochhäuser. Eine Frau im Rentenalter öffnete und fuhr zusammen, als sie meine Polizeilegitimation sah. Das war keine ungewöhnliche Reaktion. Es gibt keinen schwedischen Bürger, der ein völlig reines Gewissen hat.
    »Darf ich Ihnen ein paar Fragen zu Karsten Lund stellen?«
    Sie sah erleichtert aus, als sie begriffen hatte, daß es nicht um ihre privaten Angelegenheiten ging, und ließ mich eintreten.
    Durch die Wohnstube hindurch sah ich einen Mann auf dem Balkon in der Frühlingssonne sitzen. Er hatte eine Decke auf den Knien und ein Kissen im Nacken. Er sah uralt aus, runzlig und verschrumpelt.
    »Papa ist einundneunzig, sagte sie. Vor drei Jahren noch war er wie ein Teenager voll auf der Hohe, er scherzte und lachte und tanzte sogar manchmal noch. Jetzt weiß ich nicht einmal mehr, ob er mich noch erkennt. Es ist verdammt schnell gegangen.«
    Sie hatte eine Standardwohnung, eingerichtet in einer Mischung aus Gründerzeit und Volksheim. Alles war klein, gemütlich, gutbürgerlich und ein wenig kitschig, aber ihr gefiel es so, und sie war wohl auch ein bißchen stolz darauf. Wie ich, ungefähr.
    »In der Thermoskanne ist noch Kaffee. Oder besser gesagt, heißes Wasser. Wir machen uns immer Pulverkaffee. Willst du eine Tasse?«
    »Wenn du einen Teebeutel hast, nehm ich lieber den.«
    Der Tee schmeckte nach schwarzen Johannisbeeren, aber ich hatte schon Schlimmeres getrunken. Sie hatte mich immer noch nicht nach dem Grund meines Besuches gefragt. Auch das war nicht ungewöhnlich. Wenn ein Polizist

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