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Roland Hassel - 14 - Piraten

Roland Hassel - 14 - Piraten

Titel: Roland Hassel - 14 - Piraten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olov Svedelid
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dem Gedächtnis rekonstruieren sollen, brauchen am Computer genauso lange für ein einziges Bild. Es geht nicht nur um die Züge, sondern auch um Psychologie. Doch ein Profi wie ich schaffte es in bedeutend kürzerer Zeit. Die fünf Gesichter kamen den Originalen sehr nahe. Etwas aber fehlte; etwas, das man nicht programmieren kann – die Kälte im Blick, das Persönliche, das selbst Mördern eigen ist. Ich sah fünf platte Bilder von fünf dreidimensionalen Menschen.
    »Gut«, lobte Hiller in einem neuen Versuch, das hasselsche Minenfeld zu entschärfen. »Das wird uns sehr helfen.«
    »Adieu«, erwiderte ich und ging zur Tür.
    Er eilte mir nach und packte mich am Oberarm, doch ich schüttelte seine Hand ab. Er machte ein paar schnelle Schritte und stellte sich mir in den Weg. Es schien ihm ehrlich leid zu tun, aber ich hatte es satt, nach seiner Pfeife zu tanzen. Offenbar wollte er nicht einsehen, daß uns persönlich nichts mehr verband.
    »Rolle, wir sollten nicht …«
    »Meine Freunde nennen mich Rolle. Du kannst mich mit Hassel ansprechen, wenn du etwas von mir willst.«
    Er schluckte ein paarmal. Mir fiel auf, daß er einen markanten Adamsapfel hatte, doch das konnte mich nicht milder stimmen.
    »Rolle … Hassel … wir müssen zusammenarbeiten, doch so geht es nicht.«
    »Es muß eben gehen, und jetzt mußt du mich entschuldigen.«
    »Wollen wir uns nicht aussprechen? Klarheit schaffen? Vielleicht gibt es Gesichtspunkte, die du nicht berücksichtigt hast …«
    »Wenn du dich aussprechen willst, geh zu einem Psychologen oder zur Regenbogenpresse. Du stehst mir im Wege, und du hast zu viele gute Mahlzeiten hinter dir, um dich mit mir schlagen zu können.«
    Langsam trat er zur Seite und murmelte dumpf:
    »Ich will mich nicht mit dir schlagen. Du wärst der letzte.«
    Im Spiegel sah ich, daß er den Kopf hängenließ wie ein trauriger Schnauzer, aber wahrscheinlich wußte er, daß ich ihn beobachten konnte und spielte deshalb das betrübte Hündchen. Ich traute ihm nicht mehr über den Weg.
    Es war Mittagszeit, aber wohin sollte ich mich wenden? Nach Hause gehen und allein etwas essen? Oder war es besser, mit netten Kollegen im Polizeigebäude zu speisen? Plötzlich fiel mir ein, daß es ja noch einen Zeugen gab, der Leon von Angesicht zu Angesicht gegenübergestanden hatte. Leon war in England bei dem Arzt gewesen, um sich meine Geschichte bestätigen zu lassen. Ärzte sind, wie Polizisten, gute Beobachter. Egal, wie ich zu Hiller stand, es war meine Pflicht und Schuldigkeit, Interpol so viele Informationen wie möglich zu beschaffen. Ich versuchte, mich an den Namen des Arztes und die genaue Adresse zu erinnern.
    Den Namen hatte ich vergessen, aber er stand auf der Tablettenschachtel, und die lag in der Reisetasche in Odlers Wohnung. Den Schlüssel dazu hatte ich immer noch an meinem Bund, aber konnte ich ohne Risiko dorthin fahren? Warum nicht; ich hatte mich bereits davon überzeugt, daß ich nicht mehr überwacht wurde, und außerdem gab es keinen Grund mehr, denn Odler sonnte sich ja gerade auf den Kanarischen Inseln.
    Als ich in der U-Bahn nach Norsborg saß, fühlte ich mich wieder unbehaglich. An Odlers Wohnung knüpften sich so unangenehme Erinnerungen, daß sich mir der Magen zusammenzog. Ich würde es kurz machen; schnell hinein, die Tasche aufreißen, die Schachtel herausnehmen und dann nichts wie weg. Fünfzig Sekunden konnte ich es wohl aushalten, ohne einen Ausschlag zu bekommen.
    Von der Haltestelle an spielte ich wieder Johnny Odler. Ich bedauerte, keine Mütze dabeizuhaben, denn es war offensichtlich, daß meine Tage als Glatzkopf gezählt waren. Das Haus stand am alten Platz. Es kostete mich einige Überwindung, es zu betreten.
    Schnell schloß ich die Wohnung auf und blieb wie angewurzelt stehen. Die Zimmertüren standen offen, und ich konnte sehen, daß der Inhalt der Schränke und Schubladen auf den Fußböden verteilt war. Es herrschte ein allgemeines Chaos, und dafür gab es nur eine Erklärung: Leon hatte herausgefunden, daß Odler nicht Odler war, sondern ein Betrüger, und suchte nach Spuren. Wenn ich …
    Ein leises Scharren unterbrach meine Gedanken. Ich lauschte so intensiv, daß sich mein Mund von selbst öffnete und mir der Atem stockte. Wieder ein Geräusch. Es kam aus dem Schlafzimmer, dessen Tür als einzige geschlossen war.
    Es war noch jemand in der Wohnung!

16.
    War es Leon, oder wie auch immer er heißen mochte? Das Streßhormon Adrenalin machte sich sofort

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