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Roland Hassel - 14 - Piraten

Roland Hassel - 14 - Piraten

Titel: Roland Hassel - 14 - Piraten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olov Svedelid
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befürchtete schon, ohne Controller in See stechen zu müssen, aber auf Leon ist ja immer Verlaß.«
    Sein Englisch war perfekt. War er Brite? Jedenfalls Westeuropäer. Vermutlich. Hatte er mich geduzt? »You« kann ja beides bedeuten, »sie« oder »du«. Ich hatte letzteres verstanden, weil ich nur mit Odler und nicht mit Mister Odler angeredet worden war. Meinte er mit »controller« Kontrolleur oder Aufseher? Oder gab es da eine Doppeldeutigkeit, die ich nicht verstand?
    »Auf dieser Reise heiße ich Machec«, stellte er sich vor.
    »Leon hat es mir erzählt.«
    Also hatte er einen anderen Namen, nannte sich aber aus mir noch unbekannten Gründen Machec. Daß er so offen zu mir war, bedeutete, daß er mich zur Organisation zählte.
    »Dein Bruder Mark war vor einem Jahr mit mir vor der Küste von Pakistan.«
    »Mhm«, antwortete ich und nickte, als wäre das nichts Neues für mich.
    »Als es zur Sache ging, war er verdammt gut. Ich nehme an, du weißt, wie es gelaufen ist?«
    »Mhm.«
    »Manchmal geht trotz bester Vorbereitung etwas schief, und es wird hart. Dann gilt es, einen kühlen Kopf zu bewahren – so wie dein Bruder.«
    »Habe ich auch.«
    »Sonst hätte dich Leon ja nicht eingestellt. Ich habe ein Geschenk für dich.«
    Aus einer Schublade holte er eine Pistole vom Typ Beretta. Das Kaliber reichte aus, um ein Nashorn zu töten. Er wog sie mit Kennermiene in der Hand und schaute mich mit einem jungenhaften Lächeln an.
    »Gefällt sie dir?«
    »Stehe mehr auf Revolver. Wie eine Verlängerung des Armes. Aber die ist okay.«
    »Die gehörte deinem Bruder! Er hat sie gepflegt und mit ihr geschossen. Als ich hörte, daß du mitkommst, beschloß ich, daß du sie bekommen sollst.«
    Ein Mordwerkzeug mit sentimentalem Hintergrund. Johnny war keiner, der vor Rührung in Tränen ausbrach, aber ein wenig geehrt durfte er sich doch fühlen, und so imitierte ich einen Schuß in die Luft.
    »Gute Balance«, lobte ich.
    Als Bonus erhielt ich einen Schalldämpfer. Um zu zeigen, daß ich wußte, wie man damit umging, schraubte ich ihn aufund täuschte einen weiteren Schuß vor.
    »Ein gutes Gefühl.«
    »Den Schalldämpfer benutzt du in der Schlußphase. Leg die Waffe unters Kopfkissen. Die Besatzung besteht aus der schlimmsten Sammlung Abschaum, die ich je gesehen habe. Mitio muß lange gesucht haben, um solches Gesindel zu finden.«
    »Mhm.«
    Er war längst nicht so zugeknöpft wie Leon, sondern ging davon aus, daß wir beide dem Gott Mammon dienten, also den Glauben teilten und damit auch in den religiösen Kulthandlungen übereinstimmten. Auch die veränderte Umgebung spielte eine Rolle. Ein Schiff ist im Prinzip ein verschlossener Raum; wäre ich ein Verräter, würde nicht viel Federlesens gemacht. Einen Namen mußte ich mir für meinen Bericht bereits einprägen: Mitio. So hieß eine Person oder Firma, die Besatzungen rekrutierte.
    »Morgen früh triffst du die anderen. Alle, die an Deck etwas zu sagen haben, sind auf unserer Seite. Im Maschinenraum können wir uns nur auf den Chief verlassen.«
    »Das reicht.«
    Er wedelte mit einem Blatt voller Kurven und Daten.
    »Es soll gutes Wetter werden. Dieser Schrottkahn würde einen Sturm gar nicht überstehen. Sollte doch stärkerer Wind aufkommen, beginnen wir zeitiger mit der Aktion. Odler, du hast einen langen Tag gehabt. Morgen früh wirst du geweckt, damit du das Frühstück servieren kannst. Das Aas in der Kombüse gibt dir deine Sachen. Wenn du Hunger hast, macht er dir etwas zu Essen, bevor du schlafen gehst.«
    »Klar hab ich Hunger.«
    »Du findest den Weg.«
    Wieder reichte er mir die Hand, und wir grinsten uns verschwörerisch an – zwei Männer, vereint durch eine Krankheit, die Geldgier heißt und gegen die keine Medizin hilft. Die an ihr Erkrankten wollen auch keine Rezepte, die ein gesünderes Leben mit Hausmannskost, Sparen und Knausern, Buchführung über die kleinsten Ausgaben, Ferien bei einem neidischen Verwandten auf dem Land und Gespräche mit Fonus über die billigste Bestattung empfehlen. Es war doch viel angenehmer, von den goldenen Bazillen befallen zu sein, die einem alle Hemmungen nahmen. Alles war erlaubt, die ganze Welt verwandelte sich in einen Spielplatz. Wer weiß, welchen Weg ich selbst unter anderen Umständen gegangen wäre? Und Hausmannskost hatte ich noch nie gemocht.
    Das Rätsel, wo sich meine Kabine befand, löste sich, als ich den Kurzgewachsenen mit meinem Seesack traf. Er öffnete eine Tür und warf mein Gepäck hinein.

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