Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Roland Hassel - 14 - Piraten

Roland Hassel - 14 - Piraten

Titel: Roland Hassel - 14 - Piraten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olov Svedelid
Vom Netzwerk:
meinem Überleben lag.
    Ich konnte mich nicht zurückziehen, obwohl mein bißchen Vernunft mir riet, es zu tun. Es gibt einen Ausdruck dafür, »point of no return«, der für die verschiedensten Situationen verwendet wird. Er bedeutet, daß es, auch wenn man das eigentliche Ziel nicht erreicht hat, einen Punkt gibt, an dem sich die weitere Entwicklung entscheidet; von da an gibt es kein Zurück mehr. Ich hatte diesen Punkt längst überschritten und mußte mich daran gewöhnen, ein Johnny Odler mit Nerven wie Drahtseilen zu sein.
    Das Flugzeug setzte durch den dicken Wolkenbrei zur Landung an, und die Abenddämmerung machte sich bemerkbar. Unter mir sah ich die Millionen Lichtpunkte der griechischen Hauptstadt, die entlang der Straßen und um die Plätze Muster bildeten. Virena und ich hatten unsere erste gemeinsame Reise hierher gemacht und die Stadt interessant gefunden, doch war sie zu sehr Steinwüste, um sich richtig in ihr wohlzufühlen. Während das Fahrwerk aufsetzte, dachte ich daran, daß ich meine Frau wegen meiner beispiellosen Dummheit beinahe verloren hätte. Man konnte es nicht mir zuschreiben, daß wir ein Paar und schließlich ein Trio geworden waren. Es war nicht immer leicht gewesen zusammenzubleiben, aber ich hatte die schwere Lektion gelernt, zu der auch gehörte, im richtigen Moment den Mund zu halten.
    Die Drohungen gegen mich und meine Familie würden nichts zerstören können, hoffte ich jedenfalls, denn ich hatte wirklich keine Schuld an dem Raub und den beiden Polizistenmorden. Als ich aus dem Flugzeug stieg, zitterte ich, obwohl ich eine dicke Schifferjacke trug. Bloß gut, daß Virena nichts von meiner Reise nach Athen wußte. In kurzer Zeit war sie vielleicht Witwe. Für ein Begräbnis würde sie nicht sorgen müssen, denn meine sterblichen Überreste lösten sich wahrscheinlich im Wasser auf und wurden in dem ewigen Kreislauf anderen zur Nahrung.
    Mein Gewissen erwachte und machte Einfluß auf mein Verhalten geltend. Wenn ich heimlich ermordet wurde, konnte es lange dauern, bis man mich für tot erklärte. Hin- und hergerissen zwischen Hoffnung und Furcht, würden Virena und Elin in einer Grauzone leben, in einem Niemandsland, und sozial absinken. Irgendwann würde Virena resignieren und sich vielleicht wieder verheiraten wollen, um Elin Sicherheit zu geben, aber das ginge nicht, denn ich wäre ja offiziell nur vermißt. All das hatte ich vorher nicht bedacht; ich konnte die Schuld keinem anderen zuschieben. In meinem Kopf hämmerte es: »Du bist ein Idiot, Idiot, Idiot! Kehr um, verschwinde, zerstör nicht dein Leben und das deiner Lieben!«
    Mit dem Seesack über der Schulter stand ich vor dem Flughafengebäude und schaute unentschlossen um mich. Noch hatte ich eine Chance zu fliehen, eine kleine Frist blieb mir, physisch war es möglich, renn los, Rolle, noch zehn Sekunden, schnell in ein Taxi und irgendeine Adresse genannt, noch sieben Sekunden, renn um die nächste Ecke, aber renn los, jetzt, noch fünf Sekunden, versteck dich, bald ist es zu spät, worauf wartest du noch, du verdammter Idiot …
    »Der Wagen wartet dort hinten.«
    Zu spät, es gab kein Entkommen mehr, der letzte Zug war abgefahren, ich saß in der Falle. Leon war plötzlich an meiner Seite, und der Rauch des Zigarillos mischte sich mit der kühlen Luft Athens. Der Wagen war ein älterer dunkelgrauer oder dunkelblauer Ford. Er forderte mich auf einzusteigen, und etwas anderes blieb mir gar nicht übrig. Der Schlüssel steckte im Zündschloß, also hatte jemand das Auto vor kurzem hier abgestellt.
    »Wo geht es denn hin?« brummte ich.
    »Nach Piräus natürlich. Wo soll das Schiff denn sonst liegen?«
    Hassel hatte keine Ahnung, aber Odler mußte es wissen.
    »Piräus ist groß.«
    »So groß nun auch wieder nicht. Wir werden es schon finden.«
    Piräus, die Hafenstadt Athens, hat ein paar tausend Einwohner und lebt von der kommerziellen Seefahrt nicht schlecht. Seit der griechische Staat zu Zeiten der Junta griechischen Reedern Steuerfreiheit einräumte, flaggten diese ihre mächtigen Flotten um und erwarben im Mutterland neue Vermögen. Dennoch unterhielten sie Büros in aller Welt. Sie kontrollierten die meisten Industriezweige, den Tourismus und laut Hiller zum großen Teil auch die Politik. Piräus konnte schön oder häßlich, eine ökologische Musteranlage oder eine Umweltkatastrophe sein, ich bekam nichts davon mit, weil es dunkel war und ich außer Lichtreflexen von Lichtern und Laternen im schwarzen

Weitere Kostenlose Bücher