Rolandsrache
Bremen bestimmt keinen Besuch abstatten, um es zu kontrollieren.«
Plötzlich wurde Claas ernst. »Anna, ich möchte mein Leben mit dir verbringen.«
»Oh, Claas, ich liebe dich.«
»Würdest du mich noch einmal heiraten?«
»Ja«, hauchte sie gerührt. »Aber ich glaube nicht, dass es gehen wird. Nicht nach der Annullierung.« Enttäuscht ließ sie die Schultern hängen.
»Wenn es nicht geht, bleiben wir auch ohne den Segen zusammen.«
»Wie sieht unsere gemeinsame Zukunft aus? Können wir in Schande miteinander leben? Wie wird Mutter reagieren?«
Das erste Mal, seit er sie am Hafen gefunden hatte, sah Claas nicht mehr so glücklich drein, und es versetzte ihr einen Stich.
»Wir könnten von hier weggehen, wenn die Statue fertig ist. Würdest du das tun?«
»Claas, ich würde mit dir überall hingehen, aber was soll aus meiner Mutter werden? Mitnehmen können wir sie nicht, und sie würde es nicht dulden, wenn wir in Sünde zusammenleben.«
»Ich weiß. Aber ohne dich will ich nicht mehr leben.« Claas nahm ihre Hand und küsste sie. »Ich würde dich lieben, selbst wenn du mich zum Teufel jagst.«
»Das werde ich niemals tun«, versprach sie. »Ich werde jetzt mit Mutter sprechen.«
»Soll ich dabei sein?«
»Nein, es ist besser, wenn ich es allein mache.«
Der Geruch nach allerlei Gemüse und gebratenem Huhn empfing sie, als Anna in Richtung Küche ging. Schon an der Tür hörte sie die Stimmen ihrer Mutter, ihrer Tante und Theas, die das Lied vom hohen Norden sangen, und Anna wurde warm ums Herz. Wie sehr hatte sie all das in der letzten Woche vermisst.
Die drei Frauen winkten sie fröhlich zu sich, als sie eintrat, und Thea goss ihr sofort Wein ein. »Ist so schön, dich wieder da zu haben.« Damit reichte sie ihr den Becher.
»Es geht mir auch so.« Anna wollte mit ihrer Angelegenheit warten, bis sie allein mit ihrer Mutter war. Auch wollte sie die gute Stimmung der Frauen nicht zerstören.
»Wie geht es Onkel Ludwig und meinen Basen?«, wandte sie sich an ihre Tante.
»Dein Onkel ist gnaddelig wie eh und je, aber wohlauf. Und deine Basen helfen ihm, solange ich hier bin.«
»Das freut mich.« Anna setzte sich und nahm einen Schluck Wein. Thea schien zu ahnen, dass sie etwas mit ihrer Mutter zu bereden hatte.
»Ich bringe den Männern ein Bier. Hab ich heute auf dem Markt ergattern können. Sie werden durstig sein.« Damit griff sie sich den schweren Krug.
»Ich helfe dir.« Ihre Tante nahm sich ein paar Becher, und gemeinsam verließen die beiden Frauen die Küche. Magda Olde summte noch immer, gab einige Wurzeln in den kochenden Topf und rührte kräftig um.
»Was hast du auf dem Herzen, mein Engel?« Damit setzte sie sich zu Anna und goss sich ebenfalls etwas Wein ein.
»Lest ihr aus mir wie aus einem offenen Folianten?«
»Manchmal schon.« Magda zwinkerte ihrer Tochter zu.
»Also gut.« Anna holte tief Luft. »Ich liebe Claas, und er liebt mich.«
»Das weiß ich doch.« Ein sanftes Lächeln lag in den Augen ihrer Mutter.
»Es war ein Fehler, die Ehe annullieren zu lassen.«
»Das wusste ich gleich.«
»Weiß Tante Eva eigentlich etwas?« Wenn ja, würde Onkel Ludwig davon erfahren und mit Bestimmtheit darauf drängen, dass ihre Mutter doch noch den alten Markus heiraten sollte.
»Nein.«
»Gut.« Anna war erleichtert.
»Ehe du weitersprichst, höre mich an.« Die Mutter legte ihre Hand auf die von Anna. »Während du …«, sie schluckte, »… weg warst, haben sich zwei sehr nette Frauen von den Beginen um mich gekümmert. Die alte Hilda war nie verheiratet, und Margarete hat vor sechs Jahren ihren Mann verloren. Ihr Sohn ist bei der Handelsflotte der Hanse. Ich habe in dieser Woche viel von den Beginen erfahren. Es sind gute Frauen und keine männerlosen Sünderinnen, wie viele gern behaupten. Ich habe mir vorgenommen, eine von ihnen zu werden. Natürlich erst, wenn hier alles geregelt ist.«
Anna traute ihren Ohren nicht. »Und was wird aus mir und dem Gut?«
»Das Gut kannst du sicher mit Claas’ Hilfe bewirtschaften.«
»Aber Mutter …«
»Sch …« Ihre Mutter legte ihr den Zeigefinger auf den Mund.
»Mach dir um mich keine Sorgen. Ich glaube, dass ich dort einen neuen Sinn für mein Leben finden werde. Nimm es mir nicht übel.«
Unter Tränen lächelte Anna. »Wie könnte ich?«
Als sie gemeinsam aßen, wurden erst Anna und dann Claas aufgefordert zu erzählen, was in der letzten Woche geschehen war. Sie mussten unheimlich aufpassen, nicht alles kundzutun,
Weitere Kostenlose Bücher