Rolf Torring 032 - In den Urwaeldern des Amazonas
fühlt. Ein Tod, wie er wohl schrecklicher nicht gedacht werden kann.
Doch nach einigen Stunden schien es, als sollten wir gerettet sein. Plötzlich stießen wir an einen sehr breiten Fluß, der nur eine schwache Strömung nach Süden aufwies.
Die breite Fläche war vom Mond hell bestrahlt, und so konnten wir in der Mitte des Stromes eine ziemlich umfangreiche Insel entdecken, die für uns einen ganz vorzüglichen Lagerplatz bot. Dort konnte uns kein Feind überraschen.
„Sehr gut," rief Rolf leise, „wir müssen auf die Insel hinüber. Sie ist soweit vom Ufer entfernt, daß wir keinen Blaspfeil und auch kein Wurfmesser zu befürchten brauchen. Los, wir wollen schnell hinüberschwimmen. "
Ein lautes Plätschern dicht am Ufer ließ den Professor leise auflachen.
„Möchte nicht schwimmen," erklärte er dann, „das war ein Alligator. Die niedlichen Bestien kommen hier ziemlich häufig vor. Wir müssen uns auf jeden Fall ein Floß bauen."
„Dann schnell ans Werk," rief Rolf. „Pongo los, dünne Bäume und dünne Lianen abschlagen. Hans, du mußt helfen, Sie, Herr Professor, müssen den von uns gebahnten Pfad bewachen. Schießen Sie sofort, wenn Sie etwas Verdächtiges bemerken."
Wir machten uns in rasender Eile ans Werk, gaben uns keine Mühe mehr, Geräusche zu vermeiden, denn jetzt hieß es, das Floß so rasch als möglich fertig zu stellen.
Wahllos schlugen wir die nächsten, armstarken Bäume ab, entfernten die Laubkronen und banden sie, nachdem wir eine genügend große Anzahl zu haben glaubten, mit den dünnen, zähen Lianen fest zusammen.
Als wir dieses primitive Floß aber aufs Wasser setzten, zeigte es sich, daß es nur zwei Personen trug. Sofort entschied Rolf:
„Pongo, du bringst zuerst den Herrn Professor hinüber, holst dann Hans und zum Schluß mich ab. Hier, Herr Professor, nehmen Sie das Ende dieses Schnurknäuels, es wird bis zur Insel hinüberreichen. Hans, du mußt dein Knäuel mitgeben, damit Pongo auf der Rückfahrt das Ende wieder hierherziehen kann. Dann brauchen wir nicht mehr zu rudern, sondern können das Floß schnell hin- und herziehen."
Das war allerdings eine sehr gute Idee. Pongo gebrauchte als Ruder einen mächtigen, laubreichen Ast, den aber nur seine übermenschliche Kraft derartig regieren konnte.
Er trieb das Floß etwas schräg in nördlicher Richtung, um nicht von der schwachen Strömung zu sehr abgetrieben zu werden. Ungefähr nach einer Viertelstunde erreichte er auch glücklich die Insel, und der Professor stieg aus.
Jetzt zogen wir das Floß zu uns zurück und dadurch dauerte die Rückfahrt höchstens fünf Minuten. In dieser Zeit hatte ich energisch dagegen protestiert, daß Rolf als letzter den Fluß kreuzen wollte. Ich war bisher zum Schluß gegangen und wollte es auch durchhalten.
Um keinen unnötigen Aufenthalt hervorzurufen, willigte Rolf endlich ein. Jetzt mußte der Professor drüben ziehen, und Pongo unterstützte ihn noch so kräftig mit seinem Ast, daß das Floß in sehr kurzer Zeit drüben anlegte.
Als ich es dann wieder zu mir zurückzog, erscholl plötzlich — höchstens dreißig Meter von mir entfernt — wieder einer dieser unheimlichen Indianerrufe, der sofort von verschiedenen Seiten beantwortet wurde. Offenbar hatten also die Verfolger den von uns geschlagenen Pfad nicht gefunden, sondern waren wieder in ausgeschwärmter Kette in den Wald eingedrungen. Und jetzt erst war einer von ihnen auf unsere Spur gestoßen und rief nun die Gefährten zusammen.
Ich zog jetzt aus Leibeskräften, und Pongo unterstützte mich mit seinem Ruder sehr. Und kaum war das Floß am Ufer, als ich schon hinaufstieg, im gleichen Augenblick zogen Rolf und der Professor, und Pongo peitschte das Wasser mit seinem Ast.
Mochten jetzt die Indianer ruhig das Geräusch hören, sie hätten uns ja doch bald entdeckt. Als wir ungefähr dreißig Meter vom Ufer entfernt waren, glaubte ich eine schwache Bewegung im Schatten des Waldes und auch einige dunkle Körper zu sehen.
Vielleicht konnten die Indianer uns noch mit ihren Giftbolzen erreichen, aber die Entfernung vergrößerte sich mit jeder Sekunde, und das flirrende Mondlicht auf dem Wasser mußte das Zielen sehr erschweren.
Wir merkten wenigstens nichts, und nach einigen Minuten legten wir an der Insel an. Rolf und Thomson empfingen uns sehr erfreut.
»Gott sei Dank," rief der Professor, »es war scheußlich, als die Verfolger plötzlich wieder ihre Rufe ausstießen. Na, das wäre ja mal glücklich abgelaufen.
Weitere Kostenlose Bücher