Rolf Torring 032 - In den Urwaeldern des Amazonas
auf dem schmalen Streifen, den der würgende Sumpf dem Urwalde entrissen hatte.
Schnell schlug ich die östliche Richtung ein und stieß bald auf den Professor, der doch nicht so schnell laufen konnte. Einige Meter vor uns erklang plötzlich ein ziemlich starkes Rascheln. Auch ein dumpfer Schlag war zu hören, als schlüge jemand auf einen hohlen Gegenstand.
Als wir die Stelle erreichten, stießen wir auf Rolf und Pongo, die beide über zwei reglosen Körpern am Boden knieten. Rolfs Gegner bewegte sich noch krampfhaft, und mein Freund erhob schon die Faust, um wieder zuzuschlagen, als Pongo hinübergriff. Sofort hörte da die Bewegung des Körpers auf.
Wir konnten die Vorgänge um uns ganz gut unterscheiden, denn die vielen Wasserstellen des Sumpfes warfen schon das Licht des aufsteigenden Mondes auf unseren Pfad.
Jetzt erhoben sich unsere beiden Gefährten, und Pongo legte die bewußtlosen Indianer leise ins Gebüsch, dann eilte er in langen aber leisen Sätzen den schmalen Pfad nach Osten entlang.
Wir folgten ihm natürlich ebenfalls so schnell als möglich, bedeutete doch jeder Schritt, den wir zwischen uns und die Feinde legten, eine Aussicht mehr auf Rettung. Aber der Professor konnte trotz des besten Willens nicht so schnell vorwärts, und so blieben wir allmählich zurück.
Rolf merkte es endlich, sagte wohl Pongo Bescheid, denn beide erwarteten uns und gingen dann langsamer. Dagegen protestierte natürlich der Professor.
„Meine Herren," rief er leise, „nehmen Sie doch nur keine Rücksicht auf mich. Gehen Sie so schnell wie möglich vorwärts, ich werde schon nachkommen. Und besser ist es auch, die Indianer erwischen nur mich, als wenn Sie auch daran glauben müssen."
Rolf lachte nur und sagte:
„Es nützt Ihnen ja doch nichts, lieber Professor. Entweder werden wir alle gerettet oder keiner. So, und nun wollen wir still sein, wir müssen lauschen, ob die Feinde kommen."
Vorläufig blieb alles ruhig, und wir legten in der nächsten Stunde ein tüchtiges Stück zurück. Bald kamen wir ans Ende des Sumpfes, und jetzt hieß es wieder, einen Pfad zu schaffen.
Pongo arbeitete zwar wie ein Rasender, aber unsere Marschgeschwindigkeit wurde doch wohl um die Hälfte verringert. Auch konnte er beim besten Willen nicht jedes Geräusch vermeiden, denn dann hätte unser Vordringen noch länger gedauert.
Es ist ganz sonderbar, wie man trotz des furchtbaren Lärms, den alle Nachttiere des Urwaldes hervorbringen, ein fremdes Geräusch sofort heraushört, als ob es ein falscher Ton in einem großen Orchester wäre.
Ich lauschte scharf zurück, ob ich nicht die fernen Rufe der Indianer hören könnte, aber vergebens. Entweder hatten sie unser Verschwinden noch nicht bemerkt, oder sie hatten die Verfolgung schon still aufgenommen. Sie brauchten sich ja auch nicht laut zu verständigen, da sie doch rings um die Lichtung verteilt waren. Da genügte schon ein leises Kommando des Anführers.
Es war ein sehr ungemütliches Gefühl, so als Letzter sich durch den dunklen Wald auf der Andeutung eines Pfades hintasten zu müssen, dabei stets den drohenden Tod im Nacken zu wissen.
Gar oft, wenn eine schwankende Dornrebe schmerzhaft mein Gesicht oder meine Hände traf, schreckte ich zusammen, denn ich dachte stets, daß mich jetzt einer der heimtückischen Giftpfeile getroffen hätte.
Was nützte uns das Gegenmittel des Professors, wenn er selbst auch von dem furchtbaren Gift, dem entsetzlichen Curare, in einen hilflosen Zustand versetzt wurde?
Es war ein Glück, daß wir uns eine Nacht und einen Tag ausgeruht hatten, denn jetzt hieß es wieder, bis zum Morgen weiter marschieren. Und wieder hatten wir unter der schwülen Glut zu leiden, die auch nachts unter dem dichten Laubdach der Urwälder herrscht.
Bald war ich in Schweiß gebadet, das Herz klopfte wieder schwer in der Brust und die Lungen verarbeiteten nur widerwillig die drückende, giftgeschwängerte Luft.
Doch es gab kein Halten, keine Erholung, für uns hieß es immer vorwärts. Hinter uns kam der unerbittliche, entsetzliche Tod, ich habe ja schon im vorigen Bande erwähnt, daß Curare, dieses entsetzliche Gift der südamerikanischen Indianer, eine Lähmung der Bewegungsnerven hervorruft, die Gefühlsnerven dagegen unberührt läßt.
Der Mensch oder das Tier, von Curare vergiftet, muß also langsam ersticken, da auch die Lungen allmählich den Dienst versagen. Und bis zum letzten Augenblick sind alle Sinne wach, das unglückliche Geschöpf hört, sieht und
Weitere Kostenlose Bücher