Rolf Torring 067 - Der Fakir
zu rächen! Wie geht es Ihrer Gattin?"
„Sie hat sich wieder vollständig erholt, wollte mich sogar mit aller Gewalt begleiten. Ich konnte es nur mit Mühe verhindern. Sie bangt sich natürlich sehr um Freddy. Aber ich konnte sie mit dem Hinweis auf Sie und Ihren Freund trösten. Glauben Sie, daß wir jetzt schon Erfolg haben werden?"
„Es ist nicht ausgeschlossen," tröstete ich ihn, denn seine Frage hatte sehr ängstlich geklungen. „Mein Freund Rolf befindet sich bestimmt auf der richtigen Spur, und ich glaube auch, daß zwischen Dscho Singh und dem Fakir, der auch vor zwei Monaten aufgetaucht ist, ein enger Zusammenhang besteht. Der Fakir verschwand vorhin — nicht wie sonst — in der Erde, sondern bereits bei dem Kunststück, in dem er einen Knaben zerstückelt. Gleichzeitig mit ihm war mein Freund fort, und ich vermute, daß er ihn bis hierher verfolgt hat."
„Ah, der Fakir, der sogenannte Heilige, an ihn hätten wir auch denken müssen," stieß Horsing hervor. „Ja, jetzt ist mir klar, daß zwischen ihm und Dscho Singh ein Zusammenhang bestehen muß. Wollen wir nicht vorrücken? Vielleicht ist Herr Torring in eine Falle geraten? Denken Sie daran, wie wir Pongo fanden!"
„Ich muß auch sagen, daß mir das Warten nicht gefällt," stimmte ich bei, „aber wir dürfen nicht durch eine Unvorsichtigkeit die Pläne meines Freundes stören. Wir wollen noch zehn Minuten warten, dann gehen wir langsam vor. Ich muß mit Pongo und Maha weit vorausschreiten. Wir können uns unauffälliger und geräuschloser bewegen als die Leute."
„Selbstverständlich," nickte der Oberst, „aber warum wollen wir zehn Minuten verstreichen lassen? Was kann in der Zeit alles passieren! Ihr Freund kann unschädlich gemacht, die Gefangenen können getötet werden!"
Die Unruhe Oberst Horsings steckte mich an. Im Geiste sah ich Rolf in den gefährlichsten Lagen, einem sicheren Tode ausgeliefert. Was mochte in dem nahen Tal geschehen?
Ich überwand die Bedenken. Schon zuviel Zeit war verstrichen. Rolf hätte zurück sein oder ein Zeichen geben müssen! Er konnte durch einen plötzlichen, heimtückischen Überfall selbst an einem Schrei verhindert worden sein.
„Ja, Herr Horsing," sagte ich deshalb, „wir wollen nicht mehr länger warten. Ich gehe mit Pongo vor. Folgen Sie uns mit den Leuten in drei Minuten! Dann haben wir genügend Vorsprung, andererseits sind Sie nahe genug heran, um uns zu Hilfe eilen zu können, falls es notwendig ist"
„Gut, Herr Warren," stimmte der Oberst zu, „wir werden uns alle Mühe geben, möglichst leise zu folgen. Also drei Minuten warten wir noch. Gebe Gott, daß es nicht schon zu spät ist!"
Sein Stoßseufzer trieb mich förmlich vorwärts. Hätte ich lieber doch nicht so lange warten sollen? Rolf kannte meine Unruhe um ihn. Er hätte bestimmt schon Zeichen gegeben, wenn er nicht daran verhindert gewesen wäre.
Meine Unruhe schien auch Pongo und Maha angesteckt zu haben. Der Gepard zerrte ungestüm vorwärts. Pongo nahm so lange Schritte, daß ich fast rennen mußte, um hinter ihm bleiben zu können.
Immer steiler führte der Pfad hinab, gleichzeitig wurde die Vegetation zu beiden Seiten dichter und undurchdringlicher. Hier konnten sich Dutzende von Feinden verbergen und plötzlich vorstürzen.
Endlich kamen wir aus dem dunklen Walde heraus. Vor uns erstreckte sich das weite Tal, das mit riesigen Felstrümmern übersät war.
Ohne Maha würden wir hier Rolf nie finden können. Der steinige Boden hinterließ keine Fährte, und in der Felsenwirrnis gab es so viele Höhlen und Gänge, daß ein Durchforschen Tage gedauert hätte.
Maha führte uns, den Kopf tief zur Erde gesenkt, ohne Zögern zwischen den Felsen hindurch, plötzlich blieb er stehen und schnüffelte aufgeregt umher. Wir befanden uns an einer Stelle zwischen zwei mächtigen Felsanhäufungen, zu deren beiden Seiten tiefe Höhlen gähnten.
Sofort kam mir der Gedanke, wie leicht hier ein Überfall hatte stattfinden können. Mahas Benehmen ließ auch nur den einen Schluß zu, daß Rolf hier überwältigt und weitergetragen worden war.
Der Gepard hatte zweifellos seine Spur verloren, denn auch nach längerem Suchen wollte er den Weg zurücklaufen.
Auch Pongo suchte vergeblich. Er hätte aus verschobenen und umgekippten Steinchen Rolfs Weg weiter verfolgen können, aber er fand nichts, wie er geknickt zugestehen mußte.
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