Rolf Torring 077 - Schrecken der Sunderbans
behaupten, daß Sie sich irren, Herr Torring," meinte der Inspektor. „Wenn es sich um ein tödliches Gift handelt, würde die Bande nicht am Schluß des Briefes schreiben, daß wir versuchen sollen, sie zu fangen. Dann könnte ich heute abend das Geld nicht mitbringen. Außerdem wären die Attentate unsinnig. Wenn ich tot bin, kann ich kein Lösegeld zahlen."
„Hat Ihre Frau Verwandte in der Stadt?" fragte Rolf.
„Ja," sagte Black, etwas betroffen. „Ihr Vater lebt hier. Er ist ziemlich vermögend."
„Sehen Sie! Er würde bestimmt das Lösegeld für seine Tochter und seine Enkelin geben. Letzten Endes würde sogar die Regierung die Witwe eines treuen Beamten, der im Dienste ermordet wurde, durch Zahlung der Summe befreien."
„Das gibt der Sache ein anderes Gesicht," erwiderte der Inspektor. „Wollen wir nicht lieber einen Boten zu Professor Kellar schicken, anstatt selbst zu gehen? Wenn wir uns auf der Straße sehen lassen, haben wir neue Attentate zu gewärtigen. Wer weiß, ob sie diesmal nicht gelingen."
„Wir müssen uns sehr in acht nehmen," sagte Rolf ruhig. „Dann werden wir heil davonkommen. Es ist entschieden besser, wenn wir das Schreiben selbst zum Professor bringen. Wahrscheinlich wird Ihr Haus von der Bande ständig beobachtet. Ich fürchte, daß ein Polizist, den wir schicken würden, getötet werden könnte. Wenn die Bande das Schreiben finden sollte, weiß sie, daß wir den Attentatversuch durchschaut haben. Es ist nicht notwendig, daß sie unsere Vorsicht in vollem Umfange erkennen. Außerdem muß ich aus einem bestimmten Grunde wissen, was es mit dem Gift auf sich hat. Danach kann ich erst erwägen und entscheiden, was wir heute abend unternehmen."
„Wenn Sie glauben, daß es richtiger ist, können wir selbst zu Professor Kellar hinfahren," meinte Black. „Wollen wir meinen Wagen benutzen?"
„Es wird das beste sein," sagte Rolf. „Fox, Ihr ausgezeichneter Fahrer, wird uns durch alle Gefahren sicher hindurchbringen. Schließlich weiß die Bande ja nicht, wohin wir wollen. Also könnte ein Attentat nur in der Nähe Ihres Hauses erfolgen."
„Das stimmt," gab Black zu. „Ich werde Fox gleich Bescheid sagen. Fahren wir zusammen?"
„Es wird besser sein, wenn Pongo hier bleibt," entschied Rolf. „Während unserer Abwesenheit könnte die Bande sonst hier wieder ein paar Fallen vorbereiten, in die wir bei der Rückkehr hinein tappen könnten. Wir werden uns wohl nicht allzu lange bei Professor Kellar aufzuhalten brauchen. Wenn er auf dem Gebiete der Giftanalyse eine Koryphäe ist, wird er uns bald sagen können, welche Bewandtnis es mit dem Pulver auf dem Briefe hat. Hoffentlich bestätigt er meine Ahnung. Dann können wir vielleicht schon heute abend mit einem Erfolg rechnen."
Der Inspektor blickte Rolf verwundert an und schüttelte den Kopf.
„Weiß Gott, Herr Torring, das wäre mehr als wunderbar. Wir haben uns wochenlang bemüht, eine Spur der Bande zu entdecken, um einen Anhaltspunkt zu haben, immer war es vergeblich. Und Sie wollen die Lösung in einem Tage schaffen! Das klingt fast unglaublich!"
„Gerade ein Außenstehender kommt manchmal leichter zum Ziel," meinte Rolf. „Einen Erfolg haben wir ja bereits. Ein Mitglied der Bande ist schon in unserer Gewalt. Die anderen werden auch noch an die Reihe kommen. Geben Sie mir bitte einen großen Briefumschlag, in den ich den gefährlichen Brief stecken kann."
Black nahm aus einer Schublade seines Schreibtisches einen großen, dicken Umschlag, in den Rolf den Brief der Bande behutsam hineinschob. Jetzt zog er die Handschuhe aus und achtete gewissenhaft darauf, daß er die Außenseite, die mit dem vermuteten Gift in Berührung gekommen war, nicht mit der Haut der Finger und der Hand berührte. Er wickelte die Handschuhe in einen großen Bogen Papier und steckte sie ebenfalls ein.
„Pongo," wandte er sich dann an unseren schwarzen Begleiter, „du paßt gut auf, daß niemand sich dem Hause nähert. Wir haben es mit sehr raffinierten und deshalb besonders gefährlichen Verbrechern zu tun. Du hast es selbst bemerkt. Setze dich nicht unnütz einer Gefahr aus! Das hätte keinen Sinn. Ich hoffe, daß wir bald zurück sind."
„Pongo gut aufpassen," versicherte der Riese. „Kein Feind an Haus herankommen. Pongo mit Maha Haus umgehen."
„Schön, Pongo! Aber sei auf der Hut!"
Der schwarze Riese nickte nur und faßte an den
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