Rolf Torring 103 - Der Piraten-Schatz
wir annehmen konnten, daß sie sie beherrschten oder wenigstens notdürftig verstanden.
Der eine der beiden Chinesen erwiderte in ziemlich flüssigem Englisch, daß er von einem Gefangenen nichts wisse. „Ich werde dir zeigen, wie ich Lügen bestrafe," sage Rolf mit unerbittlicher Ruhe und schoß eine Glaskugel auf den Chinesen ab, der sofort betäubt umsank.
Dem zweiten Chinesen, der nicht wissen konnte, daß sein Stammesbruder nur für etwa zwei Stunden betäubt war und, ohne nachteilige Folgen zu bemerken, wie nach einem erfrischenden Schlafe wieder aufwachen würde, konnte man das Grausen vom Gesicht ablesen. Da er keinen Knall vernommen hatte, war die Achtung vor uns oder eigentlich die Furcht vor unseren Wunderwaffen noch gestiegen.
„Willst du uns nun die Wahrheit sagen?" fragte Rolf mit ernster Stimme weiter.
„Ich weiß nicht viel, Herr, aber ich will dir alles sagen, was ich weiß. Hier im Keller liegt ein Mann, den wir bewachen sollen. Ich werde dich zu ihm führen."
"Tu es sofort! Aber führe uns nicht in einen Hinterhalt, sonst bist du in Sekunden schon bei deinen Vätern!"
Ich übe keinen Verrat, Herr," sagte der Chinese devot, „und bitte euch deshalb, mein Leben zu schonen. Ich zeige euch alles, was mir selbst bekannt ist.
Aber ich bin noch nicht lange hier und kenne selbst noch nicht viel."
„Wer hält sich außer euch noch in dem alten Kloster auf?" wollte Rolf zuerst wissen.
„Unser Führer Hu Mong und sein Vertrauter Fu Kang, Herr. Hu Mong ist immer hier und verläßt das Kloster nur selten. Mein toter Freund und ich sind erst seit vier Tagen hier. Als wir eintrafen, waren noch drei Männer hier, die von Hu Mong fortgeschickt wurden."
„Warst du dabei, als wir in der Nacht durch Gas betäubt wurden?"
„Nein, Herr!" Das klang ehrlich. „Ich soll nur den Gefangenen bewachen, der große Kräfte hat und eine schwarze Hautfarbe."
Ich atmete auf; das konnte nur Pongo sein. Unser Freund war uns sicher gefolgt und durch das gleiche Gas betäubt worden wie wir.
„Führe uns!" befahl Rolf.
Schweigend führte uns der Chinese. Ich wußte, daß er aus Furcht vor unseren Wunderpistolen die Wahrheit gesagt hatte. Trotzdem beobachteten wir jede seiner Bewegungen genau, da wir die Geheimnisse des alten Klosters nicht kannten.
Der Chinese blieb, nachdem wir durch mehrere Räume und Gemächer gelaufen waren, vor einer schweren Tür stehen, die er geräuschlos öffnete. Da geschah etwas, das wir nicht vermutet hatten: aus der geöffneten Tür langten zwei schwarze Arme hervor und zogen den Chinesen mit einem Ruck ins Innere. Wir ließen die Taschenlampen aufflammen und sahen — Pongo, der zwischen seinen mächtigen Händen unsern Chinesen hielt.
„Laß ihn los, Pongo!" rief Rolf und lachte.
Pongo gehorchte sofort, aber der Chinese war vor Schreck ohnmächtig geworden. Pongo gab uns freudestrahlend die Hand und sagte:
„Gut sein, daß Massers frei. Sonst Pongo bald kommen. Pongo betäubt, hier erwachen, schnell sich befreien, Keller untersuchen, aber Tür nicht aufbekommen. Pongo warten, bis Chinese kommen. Chinese ohnmächtig."
Wir gingen mit Pongo in den Raum zurück, in dem wir die beiden Chinesen überrascht hatten. Pongo hatte „seinen" Mann mitgebracht und begann, als er auf einem Sessel bald wieder zu sich kam, das Verhör.
„Was soll Karte?" fragte er und deutete auf das große Blatt, das noch auf dem Tische ausgebreitet lag.
Der Gefangene wollte zunächst nicht antworten, da hob Rolf langsam die Pistole.
Erschrocken streckte der Chinese die Hände vor und sagte schnell:
„Ich will alles erzählen. Unser Führer sucht einen Schatz. Und da wollten wir — wollten wir —"
„Da wolltet ihr selbst danach suchen und euch mit dem Schatze aus dem Staube machen, nicht wahr?"
„Ja, Herr," nickte der Chinese und sah wie ein ertappter Sünder zur Erde nieder.
„Wißt ihr, wo der Schatz versteckt sein soll?" fragte Rolf weiter.
„Mein Freund meinte, im dieser Gegend müßte es sein, da er zwei Landsleute beobachtet hat, die eine schwere Kiste transportierten. Wir haben in mancher Nacht das Versteck gesucht, es aber bisher nicht gefunden."
„Kannst du mir sagen, ob es hier einen Felsen gibt, der wie ein Teufel aussieht?" Erschrocken blickte der Chinese auf:
„Herr, ich kenne den Felsen, darf mich aber
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