Rolf Torring 119 - Doktor Tjus Karawane
auf die Veranda und blickte uns erstaunt an.
„Was gibt es da, Mong?" fragte er den dicken chinesischen Polizisten. „Was sind das für Leute, die Sie da in der Mitte haben?"
„Einbrecher wahrscheinlich, Oberst! Wir haben sie im Garten auf frischer Tat ertappt und wollen sie soeben zur Wache bringen. Ich wollte den Vorfall morgen früh erst melden, da Herr Oberst heute abend nicht gestört werden möchte."
Der „Herr Oberst" schritt langsam die Treppe von der Veranda in den Garten hinunter, blieb vor uns stehen, sah uns scharf an und fragte schließlich, aus welchem Grunde wir in den Garten seines Hauses eingedrungen seien.
„Ich bitte Sie höflichst, Herr Oberst, Sie wenige Minuten allein sprechen zu können." sagte Rolf. „Es war mehr Zufall als Absicht, daß wir durch Ihren Garten geschlichen sind."
„Haben Sie den Männern die Waffen abgenommen?" fragte der Oberst weiter,
Mong bejahte die Frage.
Da gab uns der Oberst einen Wink, ihm ein Stück in den Garten zu folgen, wo die Polizisten nicht hören konnten, was wir sagten,
„Nun, meine Herren?" wandte sich der Oberst fragend an Rolf und mich. „Machen Sie es kurz, ich habe Gäste."
„Ich heiße Rolf Torring, Herr Oberst, hier steht mein Freund Hans Warren. Vielleicht haben Sie unsere Namen schon einmal gehört."
„Torring? Sind Sie der Mann, der die vielen Abenteuer erlebt hat?" fragte der Oberst sofort, ein Chinese übrigens, der in Fu Tschou die oberste Polizeigewalt ausübte.
„Ja, der bin ich," antwortete Rolf sofort. „Ich darf also annehmen, daß Sie unsere Namen schon irgendwo in einer Zeitung oder Zeitschrift gelesen haben. Es ist viel über uns geschrieben worden in den letzten Jahren. In Ihrem Hause, Herr Oberst, erkenne ich eine ganze Menge Weiße. Es ist anzunehmen, daß meinen Freund oder mich der eine oder andere schon gesehen hat. Wir sind zufällig in Ihren Garten geraten und vermuteten einen Europäer als Hausbesitzer. Ich möchte Ihnen gern alles auseinandersetzen, aber Sie haben jetzt wenig Zeit, und hier ist auch nicht der geeignete Ort dafür."
Der Oberst begrüßte uns daraufhin zum Erstaunen seiner Beamten mit Handschlag und forderte seine Leute auf, uns die Waffen herauszugeben und zu verschwinden. Dann bat er uns höflich ins Haus, er wolle uns seinen Gästen vorstellen. Uns war das gar nicht recht, denn wir wollten möglichst schnell in unser Gasthaus zurück, wo Pongo sicher sehnlichst auf uns wartete, aber wir konnten unter den gegebenen Umständen nicht „nein" sagen.
Wir wurden den Gästen vorgestellt, von denen viele uns dem Namen nach oder durch Abbildungen kannten, auch in einer amerikanischen Wochenschau waren wir einmal zu sehen gewesen, als wir gerade unsere Jacht verließen. Immer wieder wurden wir nach unseren letzten Erlebnissen gefragt und da wir nicht unhöflich gegen den Polizeioberst sein konnten, mußten wir bleiben. Mir fiel dabei wie immer bei solchen Anlässen die Aufgabe zu als Erzähler zu fungieren. Die Damen und Herren der Gesellschaft störte es gar nicht, daß wir nicht in Gesellschaftstoilette waren, im Gegenteil, sie fanden unsere Aufmachung in ihrem Kreise, da wir so zufällig hereingeschneit waren, irgendwie reizvoll.
Endlich hatten wir Gelegenheit, den Oberst allein in seinem Arbeitszimmer zu sprechen. Rolf wollte von Doktor Tjus Karawane absichtlich nichts erwähnen und erfand ein anderes Abenteuer, in das wir gerade verwickelt seien. Der Oberst hörte aufmerksam zu, schöpfte keinen Verdacht und bot uns sogar seine Hilfe an, wenn wir derer bedürfen sollten, was Rolf jedoch dankend ablehnte.
„Die Sache hier ist ganz harmlos," lenkte Rolf ab. „Von dem Manne, der uns gefolgt ist, haben wir bestimmt nichts zu befürchten. Wir wollen übermorgen die Stadt schon verlassen."
Das Gespräch wandte sich in andere Bahnen. Als schließlich der Oberst fragte, aus welchem Grunde wir so bald schon von Fu Tschou fort wollten, sagte Rolf zu meiner Überraschung:
„Herr Doktor Tju war so liebenswürdig, uns zu erlauben, mit seiner Karawane zu reisen, sie verlässt übermorgen früh die Stadt."
„Sie haben schon mit Doktor Tju gesprochen?" fragte der Oberst schnell. „Doktor Tju wollte später auch noch zu mir kommen. Sie bleiben doch noch eine Weile meine Gäste?"
Rolf machte Ausflüchte, er erwähnte, wir fühlten uns ohne Gesellschaftsanzug etwas deplaciert, außerdem
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