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Rolf Torring 122 - Tibetanische Geheimnisse

Rolf Torring 122 - Tibetanische Geheimnisse

Titel: Rolf Torring 122 - Tibetanische Geheimnisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Warren
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hatte ich bemerkt, als wir durch die Gänge getragen wurden.  
      Ich wollte mich zu Rolf umwenden, aber ich brachte keine Bewegung mehr zustande, ich war völlig gelähmt. Ich mußte starr geradeaus sehen. So bemerkte ich den Bergheiligen erst, der den Raum geräuschlos betreten hatte, als er dicht vor mir stand.  
      Er blickte uns mit durchdringenden Augen an und sprach uns auf Englisch an:  
      „Ich bewundere euren Mut, Fremdlinge, daß ihr es gewagt habt, in das Kloster einzudringen. Ihr wollt die Geheimnisse des Klosters ergründen, obwohl euch sicher bekannt war, daß euer Schicksal der Tod sein würde, wenn wir euch entdeckten.  
      Die Gesetze des Klosters verlangen es, daß ihr sterbt. Zuvor aber sollt ihr, da ihr so mutig gewesen seid, einige von den Geheimnissen des Klosters erfahren. Wir sind Herren über Leben und Tod. Tote erwecken — kann niemand auf der Welt, wir aber können den Tod durch unsere Willenskraft so lange von uns fernhalten, wie es uns beliebt. Ich liefere euch den Beweis.  
      Einer unserer Brüder fühlte vor zwei Tagen, daß seine letzte Stunde nahte. Er war aber noch nicht genügend auf die Ewigkeit vorbereitet. So bat er, seinen eigenen Willen, mit dem er sich noch kurze Zeit am Leben erhalten wollte, durch unsere Willenskraft zu unterstützen und ihm zu helfen, den Eintritt ins Nirwana hinauszuschieben. Ich will euch das große Geheimnis zeigen."  
      Wir selber fühlten uns im Augenblick auch als „lebendige Tote", da wir kein Glied bewegen und nicht sprechen konnten.  
      Der Bergheilige zog die Decke von der Bahre. Der Mönch, der auf der schmalen Trage lag, machte durchaus den Eindruck eines Verstorbenen: steif und starr lag er da, die Hände waren abgemagert, die Augen eingefallen.  
      Aus einem Wandschrank holte der Bergheilige eine kleine Flasche mit einer grünen Flüssigkeit, von der er dem auf der Bahre Liegenden einige Tropfen in den halb geöffneten Mund fallen ließ. Dann nahm er einen schwarzen Kasten, der vorn eine Röhre aufwies, und hantierte einige Augenblicke daran herum. Wir sahen aus der Röhre schwache Wölkchen aufsteigen und verspürten einen beizenden Geruch. Der Bergheilige stellte den Kasten so auf, daß der auf der Bahre Liegende den Geruch spüren mußte, der von den kleinen Wolken ausging. Die Wolken wurden immer dichter, so dicht, daß der Mönch auf der Trage unseren Blicken entschwand.  
      Plötzlich murmelte der Bergheilige einige unverständliche Worte vor sich hin. Er machte beschwörende Armbewegungen — und von der Bahre, um die die Wolken wieder dünner geworden waren, richtete sich der auf ihr liegende Mönch in sitzende Stellung auf. Um den unteren Teil des Körpers lagerten noch immer die dichten Wolken, der Oberkörper ragte gespenstisch daraus hervor. Die Augen des Mönches waren weit geöffnet, sie blickten scharf und klar.  
      Der Bergheilige richtete ein paar Worte an den zum Leben Erweckten, der langsam und mit dumpfer Stimme antwortete. Was die beiden sprachen, konnten wir nicht verstehen, da wir der Sprache nicht mächtig waren, in der sie miteinander redeten.  
      Nach einer Weile machte der Bergheilige wieder die schwingenden Armbewegungen. Langsam sank der Körper des Mönches auf die Bahre zurück und wurde von den Nebelwolken eingehüllt. Der Heilige entfernte den Kasten, wehte die Wolken zur Seite — still und steif lag der Mönch wie zu Anfang.  
      Der Bergheilige kam ein paar Schritte auf uns zu und sagte:  
      „Jetzt habt ihr eins unserer großen Geheimnisse kennen gelernt. Der Bruder hat mir berichtet, wie der Anfang des langen Weges zum Nirwana aussieht. Er sagte weiter, daß er sich bald stark genug fühle, ihn zu betreten und die irdische Hülle zu verlassen. Ihr — sollt in drei Tagen den gleichen Weg antreten. Bereitet euere Seelen, euere Herzen, euren Geist darauf vor. Um euch zu stärken, werde ich euch an jedem der folgenden Tage ein neues Geheimnis des alten Klosters zeigen. Betrachtet das als eine Gnade, die euch erwiesen wird."  
      Auf einen Wink des Heiligen erschienen die sechs Mönche wieder, die uns in unsere Zelle zurücktrugen, in der jetzt eine kleine Öllampe brannte. Man hatte uns wieder so gesetzt, daß wir mit dem Rücken die Wand berührten. Ich kam ins Grübeln, allerhand Dinge schossen mir durch den Kopf.  
      Plötzlich hörte ich wie aus weiter Ferne Rolfs Stimme, obwohl mein Freund dicht neben mir saß:  
      „Die Wirkung des Mittels läßt langsam

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