Rolf Torring 124 - Die Ratten von Peking
trugen ein starres Bündel auf den Armen, einen gefesselten Menschen, den sie nicht sehr sanft auf den Boden legten und an dort vorhandene Ringe anbanden. Es war, wie ich im Schein einer Laterne feststellen konnte, — Rolf.
Die beiden Chinesen schlossen die Tür hinter sich, als sie den Raum verlassen hatten.
„Ihr Freund ist ohnmächtig," sagte Margolo. „Es tut mir leid, daß Sie meinetwegen in solche Gefahren gekommen sind."
„Ich bin nicht ohnmächtig," meinte Rolf in die Dunkelheit hinein. „Ich habe mich nur so gestellt. Ich wollte von den Männern möglichst ein paar Neuigkeiten hören, aber leider sprachen sie ausschließlich Chinesisch, so daß ich der Unterhaltung nicht folgen konnte."
„Wie bist du denn überwältigt worden, Rolf?" fragte ich. „Auch im Hotelzimmer?"
„Nein, Hans, ich wollte mit Professor Kennt Lu Mahong aufsuchen, da du so plötzlich verschwunden warst. Ich war fest davon überzeugt, daß er seine Hand dabei im Spiele haben müsse. Ich ging in das Haus des Mannes, während Kennt als Rückendeckung draußen blieb.
Ein chinesischer Diener führte mich in das Empfangszimmer. Nach ein paar Minuten erschien Mahong und fragte unterwürfig nach meinen Wünschen. Ich sagte ihm auf den Kopf zu, daß ich vermutete, daß du von ihm geraubt worden seist, und gab ihm fünf Minuten Zeit, mir die Wahrheit zu sagen. Ich hatte die Pistole bereits gezogen, um ihm zu bedeuten, daß ich nicht mit mir spaßen ließe.
Lu Mahong saß mir immer noch lächelnd gegenüber und gab unverfroren zu, daß du in seiner Gewalt wärst. Er habe schon erwartet, daß ich ihn besuchen würde, und danach seine Vorbereitungen getroffen.
Ich wollte aufspringen und auf ihn zutreten. In dem Augenblick gab der Sessel, in dem ich saß, unter mir nach und fuhr in die Tiefe, ehe ich von der Waffe Gebrauch machen konnte. Über mir hörte ich nur noch das ironische Lachen des Chinesen.
Beim Sturz verlor ich die Pistole aus der Hand, übrigens fiel ich sehr weich, aber unten im Keller, wo ich landete, hatten schon vier kräftige Chinesen auf mich gewartet, die mich in Empfang nahmen und kunstvoll fesselten. Widerstand war zwecklos.
Ich wurde in einen Nebenraum getragen. Bald erschien, nachdem die vier Chinesen sich entfernt hatten, Lu Mahong, um mir mitzuteilen, daß die ,Ratten von Peking' gefährlicher seien, als ich wohl angenommen hätte. Im Grunde habe er nichts gegen uns, aber er habe sich überzeugt, daß wir Margolo unsere Hilfe zugesagt hätten. Er könne sich übrigens denken, daß ich meinen Freund, also dich, sehen wolle. Den Gefallen könne er mir tun, er werde mich zu dir bringen lassen. Auch mit Margolo könnte ich im gleichen Räume die letzten Worte wechseln, bis zum Abend werde der ,Fall Margolo' erledigt sein, deshalb störe es ihn nicht, daß draußen auf der Straße noch ein Freund von mir, den wir uns ,Professor' zu nennen angewöhnt hätten, warte.
Wenn Mahong nun gedacht hatte, daß ich ihm den Gefallen tun würde, auf seine lange Rede etwas zu erwidern, hatte er sich getäuscht — ich schwieg, schwieg beharrlich, auch als mich der Chinese nach diesem und jenem fragte. Endlich fuhr er selber fort, zu berichten.
Unser schwarzer Begleiter werde in kurzer Zeit ebenfalls in den Keller gebracht werden, in dem du dich schon befändest.
Im Verlauf der weiteren Rede gab er selbst zu, der Führer der ,Ratten von Peking' zu sein, er rühmte sich dessen geradezu. Du kenntest ihn auch schon, Hans, denn er habe dich maskiert im Eisenbahnabteil besucht. Wenn er damals schon gewußt hätte, daß du ihn anlügen würdest, hätte er wahrscheinlich von der Waffe Gebrauch gemacht.
Jetzt sagte ich zum ersten Male etwas und teilte ihm mit, daß unsere Absprache mit Margolo erst später erfolgt sei, daß wir damals noch Gegner gewesen wären. Ich war ganz offen, weil Offenheit in allen solchen Fällen meist die beste Waffe ist, und teilte ihm mit, daß uns Margolo nur gebeten habe, den Namen des Mannes ausfindig zu machen, der Schang Ti genannt werde.
Als ich den Titel aussprach, erbleichte Mahong unter seiner gelben Haut. Sein Gesicht verzerrte sich. Da wir ihn kennten und wüssten, daß er Schang Ti sei, müßten wir sterben, denn kein Mensch wisse das sonst.
Ich sagte Mahong, daß es nicht Margolo gewesen sei, der mir den Namen und seinen Träger genannt habe, allerdings habe es Margolo auch längst gewußt
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